Mittlerweile haben die meisten Wahllokale in den USA geöffnet: Die US-Amerikaner strömen an die Urnen, um ihren Präsidenten zu wählen. Dienstag früh (Ortszeit) bildeten sich zur Öffnung der Wahllokale in den Vereinigten Staaten teils lange Schlangen. Der Sender CNN zeigte Bilder aus Miami mit einer Menschenansammlung, die quer über eine Straße bis zum nächsten Häuserblock reichte. Auch in Hoboken im US-Staat New Jersey standen die Wähler Schlange. Diese Gegend war von Wirbelsturm “Sandy” stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Menschen, die wegen der Sturm- und Flutschäden ihr Haus verlassen mussten, dürfen auf Anweisung von Gouverneur Chris Christie per E-Mail oder Fax wählen. Im benachbarten New York City gaben die Bürger ihre Stimme teils in Zelten ab, etwa in der von “Sandy” schwer getroffenen Küstenregion Rockaway. In den meisten Stadtteilen New Yorks lief die Wahl jedoch normal ab. Es gab Strom, und die U-Bahnen und Busse fuhren bis auf wenige Strecken wieder.
Knappes Ergebnis erwartet
In der Ortschaft Dixville Notch erhielten Amtsinhaber Barack Obama und sein republikanischer Herausforderer Mitt Romney kurz nach Mitternacht (Ortszeit) je fünf Stimmen. Damit gab es bei der Stimmabgabe zur Präsidentschaftswahl im Ort erstmals in der Geschichte ein Patt. Die Wahlentscheidung im ganzen Land dürfte denkbar knapp ausfallen. In der jüngsten Umfrage der “Washington Post” und des Senders ABC erreichte Obama zwar erstmals seit Anfang Juli landesweit wieder 50 Prozent der Stimmen, während Romney nur auf 47 Prozent kam. Doch liegt das Ergebnis wie derzeit nahezu alle Umfragen im Bereich der statistischen Fehleranfälligkeit. Vor allem in den sogenannten Swing States deuten die meisten Erhebungen auf ein historisch knappes Kopf-an-Kopf-Rennen hin.
Bis zur Öffnung der ersten Wahllokale am Dienstag lieferten sich der amtierende US-Präsident und sein republikanischer Herausforderer eine erbitterte und Milliarden-Dollar-teure Wahlschlacht. Weil ein sehr knappes Rennen erwartet wurde, richteten sich die US-Amerikaner auf eine lange Wahlnacht ein. Beide Lager bereiteten sich nach Medienberichten auf einen langwierigen Streit über Abstimmungsergebnisse vor.
Wahlkampf bis zur letzten Sekunde
Die Kandidaten kämpften bis zur letzten Minute um unentschiedene Wähler. Obama wurde nicht müde, Romney als Anwalt der Reichen zu brandmarken. Romney prangerte das Versagen des Demokraten angesichts hoher Arbeitslosigkeit und mauer Konjunktur in der Wirtschaftspolitik an.
Ein heiserer Obama rief seine Anhänger bei einer Abschlusskundgebung auf, nicht nachzulassen. “Es kommt jetzt auf jeden von uns als Bürger an”, sagte er am späten Montagabend (Ortszeit) in Des Moines in Iowa. Obama wollte danach den Wahltag in seiner Heimatstadt Chicago mit seiner Familie verbringen.
Romney rief die Wähler in Manchester (New Hampshire) auf, die vierjährige Amtszeit Obamas kritisch zu prüfen. “Der Präsident hat ‘Change’ versprochen, aber der Wandel wird nicht an Reden gemessen”, sagte Romney. “Er wird an Ergebnissen gemessen.”
Rockiger Wahlkampf-Abschluss
Obama und Romney mobilisierten auch noch einmal Prominenz aus dem Showbusiness: “Der Boss” sang für den Demokraten, Kid Rock für den Republikaner. Bruce Springsteen trat an der Seite Obamas bei Kundgebungen in Wisconsin, Ohio und Iowa auf. Der 63-Jährige flog in der Präsidentenmaschine “Air Force One” mit und stand auch erstmals – samt Gitarre und Mundharmonika – mit Obama auf einer Bühne.
Für Romney griff Kid Rock in die Tasten. Der 41-jährige Musiker, der mit bürgerlichem Namen Robert James Ritchie heißt, gab bei einer Kundgebung in New Hampshire “Born Free” am Klavier zum Besten – der Kandidat der Republikaner hatte den Hit aus dem Jahr 2010 zu seiner Wahlkampfhymne gemacht.