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Wahl in Bozen: Schwierige Regierungsbildung

Nach der Bürgermeisterwahl in Bozen steht dem neuen Stadtchef Giovanni Benussi eine schwierige Regierungsbildung bevor. Die SVP zeigte sich über das Ergebnis "besorgt".

SVP-Chef Elmar Pichler Rolle schloss eine Zusammenarbeit mit italienischen Rechtsparteien aus. Das Mitte-Links-Bündnis Margherita, das den um sieben Stimmen unterlegenen bisherigen Bürgermeister Giovanni Salghetti Drioli unterstützt hatte, forderte eine Neuauszählung. Die Grünen waren für Neuwahlen.

Im Wahlgesetz sind eine Reihe von Fristen vorgesehen, bis wann sich der Gemeinderat zu konstituieren hat und der Bürgermeister mit seiner Stadtregierung sich der Vertrauensabstimmung stellen muss. Sollte Benussi scheitern, droht Bozen die kommissarische Verwaltung und die Ausschreibung von Neuwahlen.

Schwierig ist die Situation für Benussi deshalb, weil er über keine absolute Mehrheit im Gemeinderat verfügt. Von den 50 Sitzen stellen seine Namensliste und die ihn unterstützenden Fraktionen lediglich 21 Mandate. Auf die Mitte-Links-Parteien entfallen 19 Mandate. Auf die SVP, die eine Zusammenarbeit mit den Benussi-Parteien ausgeschlossen hat, kommen acht Mandate.

Nach dem Wahlgesetz muss die konstituierende Gemeinderatssitzung innerhalb von zehn Tagen stattfinden. Einen Termin gab es nach Angaben des Rathauses vom Dienstag vorerst noch nicht. Benussi hat dann 30 Tage Zeit, um eine mehrheitsfähige Stadtregierung zu präsentieren. Ist dies nicht möglich, kommt der kommissarische Verwalter zum Zug, der vom Land als vorgesetzter Wahlbehörde nominiert wird. Innerhalb von sechs Monaten sind dann Neuwahlen anzusetzen.

Bozen sei „nach rechts gedriftet”. Es habe allen Anschein, dass der Mehrheit der italienischen Wähler, die in der Stadt Bozen insgesamt 80 Prozent ausmacht, der Wert einer Politik des Ausgleichs noch nicht richtig bewusst sei. Hier gelte es, „weiter verstärkt Aufklärungsarbeit zu betreiben”, betonte der bisherige Vizebürgermeister und SVP-Obmann Elmar Pichler Rolle. Das Ergebnis zeige, dass in Bozen immer noch keine Normalität im Zusammenleben eingekehrt sei und die italienische Rechte immer wieder mit radikalen Parolen bei den italienischen Mitbürgern ankomme. „Dies wirft uns in der Entwicklung eines friedlichen Zusammenlebens weit zurück, mit Rechtsparteien wird es keine Zusammenarbeit geben”, erklärte Pichler Rolle.

Der neue Bürgermeister sei ohne Mehrheit im Gemeinderat, eine Gemeinderatsmehrheit ohne Bürgermeister, kritisierten die Grünen. Neuwahlen seien die einzige Möglichkeit, „dieses Dilemma” zu überwinden. Es liege an den Bürgern, klare Verhältnisse zu schaffen. Dies könnten sie allerdings nur dann tun, wenn auch die politischen Koalitionen von Anfang klar sind und die Parteien aus Liebe zur Stadt auf parteipolitische bzw. ethnische Profilierung verzichten, hieß es in einer Aussendung der Grünen.

Mit Unverständnis reagierten die Grünen auf die Äußerungen von Landeshauptmann Luis Durnwalder, die SVP könne sich vorstellen, eine „technische” Verbindung mit den Mitte-Rechts-Parteien einzugehen. Dieser Rechts-Schwenk der SVP wäre absolut nicht nachvollziehbar, da die SVP im Wahlkampf ja eindeutig angekündigt hatte, nie eine Koalition mit Mitte-Rechts einzugehen. Eine nicht näher präzisierte „technische ” Unterstützung der Mitte-Rechts-Parteien durch die SVP würde auf alle Fälle die Stadt Bozen ethnisch aufteilen: Die Vertretung der SVP würde sich um die Belange der deutschsprachigen Bürger kümmern, während die Belange der italienischsprachigen von den italienischen Rechtsparteien betreut werden. „Je besser wir trennen, desto besser verstehen wir uns” wäre wohl die Grundlage einer solchen Stadtregierung, meinten die Grünen.

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