Wählerstromanalyse zur Nationalratswahl: Weniger Stammwähler in Salzburg

Weniger Stammwähler und eine erhöhte Mobilität der Wählerinnen und Wähler, so lässt sich die Wählerstromanalyse der Nationalratswahl für Salzburg zusammenfassen. Lesen Sie hier welche Wähler zu welcher Partei wechselten.
Die Ergebnisse der gestrigen Nationalratswahl für das Land Salzburg und ausführliche Analysen und Informationen liefert heute, Montag, 30. September, die Landesstatistik unter der Leitung von Dr. Gernot Filipp. Die Auswertungen umfassen neben dem Ergebnis für das Land Salzburg, den Ergebnissen auf Regionalwahlkreis- und Bezirksebene, die Ermittlung der Mandate, die Ergebnisse in allen 119 Salzburger Gemeinden auch eine erste Wählerstromanalyse. Anzumerken ist, dass diese Ergebnisse noch vorläufigen Charakter haben, da die per Briefwahl abgegebenen Stimmen erst im Laufe des heutigen Tages ausgezählt werden und diese etwa zehn Prozent der Wahlberechtigten umfassen.
Immer weniger Stammwähler
Die Ergebnisse der Wählerstromanalyse sind allgemein von geringer werdenden Stammwählquoten und einer höheren Mobilität der Wählerinnen und Wähler gekennzeichnet. Die ÖVP erreicht eine relativ hohe Stammwählerquote von knapp mehr als 80 Prozent, d.h. vier von fünf Wählern und Wählerinnen, die sich 2008 für die ÖVP entschieden haben, konnten auch dieses Mal für eine Wiederwahl gewonnen werden. Stimmenverluste musste sie vor allem an die FPÖ (3.000), die GRÜNE(n) und das NEOS (jeweils 2.000) hinnehmen und auch an die Gruppe der Nichtwähler/innen war der Verlust mit rund 5.000 Stimmen spürbar.
ÖVP holte fast nur von FPÖ Stimmen
Von Wählerinnen und Wählern anderer Parteien aus dem Jahr 2008 war für die ÖVP diesmal mit Ausnahme der FPÖ (ca. 3.000) nur wenig zu holen, von den Nichtwähler/innen aus dem Jahr 2008 erhielt sie ebenfalls nur rund 1.000 Stimmen. Insgesamt führt dies zu einem Verlust von ca. 11.000 Stimmen gegenüber der Wahl 2008 (vor Auszählung der Briefwählerstimmen).
SPÖ verliert an Nichtwähler
Die SPÖ hielt etwa drei Viertel ihrer Stimmen von 2008 und verlor hauptsächlich an die Gruppe der Nichtwähler/innen im Ausmaß von 12.000 Stimmen, aber auch an die FPÖ und das Team Stronach verlor sie jeweils 2.000 Stimmen; im Gegenzug konnte sie etwa 5.000 Wähler vom BZÖ von sich überzeugen und auch 3.000 neue Wähler/innen gewinnen. Insgesamt ergibt dies einen Verlust von rund 7.000 Wählerstimmen.
FPÖ gewinnt BZÖ-Wähler
Die Wiederwahlquote war bei der FPÖ mit rund 73 Prozent etwas höher als bei der diesjährigen Landtagswahl. Die FPÖ musste zwar per Saldo jeweils 2.000 Stimmen an die GRÜNE(n), das Team Stronach und die Gruppe der Nichtwähler/innen abgeben, aber sie konnte andererseits auch viele Wähler/innen von anderen Parteien für sich überzeugen. Allen voran konnte sie aus dem Topf der ehemaligen BZÖ-Wähler 13.000 Stimmen für sich verbuchen, das sind mehr als ein Drittel dieser Wählergruppe. Die Gewinne und Verluste mit der SPÖ, der ÖVP und der NEOS gleichen sich in etwa aus. Insgesamt führte dies zu einem (absoluten) Stimmengewinn von rund 7.000.
Grüne verlieren an NEOS
Bei den GRÜNE(n) ist die Wiederwahlquote mit rund 75 Prozent aller Wähler/innen des Jahres 2008 deutlich geringer als bei der Landtagswahl im Mai dieses Jahres. Die restlichen Wähler/innen der GRÜNE(n) aus dem Jahr 2008 sind im Ausmaß von jeweils rund 3.000 Stimmen zu den NEOS gewandert bzw. sind diesmal der Wahl ferngeblieben. Im Gegensatz dazu konnten die Grünen aber auch ca. jeweils 2.000 ehemalige Wähler/innen der ÖVP, der FPÖ und des BZÖ gewinnen. Zudem konnte mit rund 3.000 Stimmen der größte Zuwachs von Wählerinnen und Wählern der 2013 nicht mehr angetretenen Parteien und ebenfalls rund 3.000 Stimmen von bisherigen Nichtwähler/innen verbuchen. In Summe ergibt dies ein Plus von 5.000 Wählerstimmen.
Das BZÖ verliert rund zwei Drittel der ehemaligen Wählerinnen und Wähler aus dem Jahr 2008 an andere Parteien. Allen voran an die FPÖ (ca. 13.000 Stimmen), an das Team Stronach (7.000 Stimmen) und die SPÖ (ca. 5.000 Stimmen).
BZÖ-Wähler stimmten für Stronach
Das Team Stronach (FRANK) hat bei der Nationalratswahl im Jahr 2008 nicht kandidiert, daher sind Wählerströme nur in eine Richtung möglich, nämlich jene der im Jahr 2008 kandidierenden Parteien an FRANK. Die Ergebnisse zeigen, dass sie bei dieser Wahl vor allem von bisherigen Wählern und Wählerinnen des BZÖ profitiert haben. Rund die Hälfte der Wählerschaft des TEAM (Stronach) stammt aus dieser Gruppe. Weiters konnten sie jeweils rund 2.000 ehemalige SPÖ- und FPÖ-Wählerinnen und Wähler sowie 1.000 bisherige Nichtwähler/innen überzeugen.
NEOS holen Grünen-Stimmen
Auch NEOS hat bei dieser Wahl das erste Mal kandidiert. Sie haben vor allem ehemalige GRÜNE(n)-Wählerinnen und Wähler (rund 3.000 Stimmen) von sich überzeugt. Aber auch von der ÖVP und dem BZÖ sowie den nicht mehr angetretenen Parteien hat NEOS jeweils 2.000 Stimmen erhalten.
ÖVP stimmenstärkste Partei in Salzburg
Die ÖVP bleibt trotz eines Verlusts von 2,7 Prozentpunkten (PP) mit 26,4 Prozent und 66.672 Stimmen (ohne Wahlkartenwähler) stärkste Partei im Land Salzburg vor der SPÖ (23,2 Prozent; 58.661 Stimmen), die mit 0,6 PP leichte Einbußen hinnehmen musste. Bundesweit verteidigte die SPÖ die Position als Nummer eins mit 27,1 Prozent und einem Verlust von 2,2 PP vor der ÖVP, die einen Verlust in exakt gleicher Höhe hinnehmen musste und nunmehr bei 23,8 Prozent liegt.
Sowohl auf Bundesebene als auch im Land Salzburg zählen FPÖ, Team Stronach (Liste FRANK) und NEOS zu den Gewinnern der Nationalratswahl 2013. Die FPÖ ist wieder eindeutig drittstärkste Kraft mit 56.364 Stimmen beziehungsweise 22,3 Prozent im Land Salzburg. Die GRÜNE(n) gewannen sowohl auf Landesebene als auch auf Bundesebene Stimmenanteile dazu: In Salzburg erreichten sie mit 34.777 Stimmen einen Stimmanteil von 13,8 Prozent und damit um 2,0 PP mehr als im Jahr 2008. Das Team Stronach (FRANK), das erstmals bei einer Nationalratswahl antrat, erreichte 13.270 Stimmen und damit einen Stimmanteil von 5,3 Prozent. Der zweite Neueinsteiger, NEOS, erzielte mit 11.214 Stimmen einen Stimmanteil von 4,4 Prozent. Das BZÖ verfehlte den Einzug in den Nationalrat und blieb auch in Salzburg unter der Vier-Prozent-Marke. Es erreichte in Salzburg mit 8.344 Stimmen bzw. 3,3 Prozent Stimmanteil weniger als ein Viertel des Ergebnisses der Nationalratswahl 2008. Weder die KPÖ noch die PIRAT(en) schafften den Sprung in den Nationalrat und blieben – mit ähnlichen Ergebnissen im Bund wie im Land Salzburg – jeweils unter einem Prozent der Stimmen.
ÖVP und SPÖ rutschten damit in Salzburg in Summe mit 49,6 Prozent erstmalig seit 1945 unter die 50-Prozent-Marke. Innerhalb von elf Jahren, seit der Nationalratswahl im Jahr 2002, bei der sie gemeinsam noch 77,4 Prozent erzielten, haben sie zusammen 27,8 Prozentpunkte verloren. Die ÖVP hat in diesem Zeitraum 20,4 Prozentpunkte, die SPÖ 7,6 Prozentpunkte eingebüßt.
Tief bei der Wahlbeteiligung
Selbst unter Berücksichtigung aller 39.910 ausgestellter und noch nicht ausgezählter Wahlkarten (3.980 mehr als 2008) würde die Wahlbeteiligung mit 75,8 Prozent einen historischen Tiefststand im Land Salzburg erreichen. Auch auf Bundesebene können die knapp 670.000 Wahlkarten die Wahlbeteiligung nur noch auf bis zu 76,4 Prozent steigern, womit dies noch immer mindestens 2,1 Prozentpunkte unter dem Rekordtief von 2006 liegt.
ÖVP und BZÖ verlieren je ein Mandat
Die ÖVP büßt eines ihrer bisher drei Mandate im Land Salzburg ein und wird zukünftig mit zwei Salzburger Volksvertreter/innen im Nationalrat vertreten sein. Die SPÖ konnte ihren Mandatsstand halten und wird weiterhin mit zwei Mandatar/innen im Bundesparlament sitzen. Die FPÖ profitiert von den Verlusten von ÖVP und BZÖ und gewinnt zu ihrem bisherigen einem Mandat ein weiteres dazu. Das BZÖ verliert sein Salzburger Mandat, die GRÜNE(n) können ihr einziges Mandat in Salzburg halten. Weder das Team Stronach (FRANK) noch die Liste NEOS können in Salzburg ein Mandat erzielen. Diese Ergebnisse sind vorbehaltlich allfälliger Änderungen durch die Auszählung der Briefwahlkarten und Wahlkarten fremder Wahlkreise.
Wie bereits bei der Nationalratswahl 2008 konnte im Regionalwahlkreis Salzburg Stadt keines der drei möglichen Mandate zugewiesen werden. Im Regionalwahlkreis Flachgau/Tennengau kam ein Mandat von vier möglichen zur Verteilung, das wie bereits im Jahr 2008 an die ÖVP ging. Im Regionalwahlkreis Lungau/Pinzgau/Pongau konnten dieses Mal drei der vier Mandate verteilt werden und damit um eines mehr als im Jahr 2008. Je ein Mandat ging dabei an die ÖVP, die SPÖ und die FPÖ, wobei das Mandat der FPÖ derzeit nur mit rund 60 Stimmen abgesichert ist und nach Auszählung aller Stimmen noch verlorengehen könnte. Weitere drei Mandate kamen im zweiten Ermittlungsverfahren auf Landesebene zur Verteilung. Davon ging je eines an die SPÖ, die FPÖ und die GRÜNE(n).