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Vorerst nur Nervenkrieg zwischen Israel und dem Iran

Die Spekulationen um einen israelischen Angriff auf Irans Atomanlagen wollen kein Ende nehmen.
Die Spekulationen um einen israelischen Angriff auf Irans Atomanlagen wollen kein Ende nehmen. ©EPA
Israel und die USA haben betont gelassen auf die neuen iranischen Atomprojekte reagiert. Fast belustigt sagte der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak am Donnerstag, die Iraner brüsteten sich mit "Erfolgen, die es noch gar nicht gibt".

Auch von US-Seite war die Rede von “hochgespielten” Vorgängen. Die beiden Verbündeten glauben, dass die “Show” des iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad eher ein Anzeichen dafür ist, dass die internationalen Sanktionen anfangen, in Teheran Wirkung zu zeigen. Gleichzeitig spekulieren internationale Medien weiter heftig darüber, ob Israel trotz der Sanktionen noch in diesem Jahr militärisch gegen den Iran vorgehen wird, um ihn an der Entwicklung einer Atombombe zu hindern.

Israel: Entscheidung über Angriff noch nicht gefallen?

Während es bis zur Jahreswende noch eine öffentliche Debatte über einen möglichen israelischen Militärschlag gegen die iranischen Atomanlagen gab, herrscht gegenwärtig in Israel nicht der Eindruck, dass ein Angriff unmittelbar bevorsteht. US-Verteidigungsminister Leon Panetta kommentierte US-Berichte, er erwarte einen israelischen Angriff schon im Mai, Juni oder Juli, wie folgt: “Wir denken nicht, dass Israel diese Entscheidung getroffen hat.”

Ein israelisches Oppositionsmitglied sagte der Zeitung “Haaretz”, Ministerpräsident Benjamin Netanyahu werde keinen Angriff im Iran anordnen, weil die Folgen ihn sein Amt kosten könnten – spätestens nächstes Jahr gibt es in Israel Neuwahlen. Er beschrieb dabei folgendes Horror-Szenario: “Die iranischen Atomanlagen werden nicht zerstört, im besten Fall nur beschädigt. Das Projekt wird höchstens um zwei bis drei Jahre verzögert. Die Iraner werden noch viel motivierter sein, es erfolgreich abzuschließen.”

Attacke hätte katastrophale Folgen

Für die Weltwirtschaft hätte ein Militärschlag ebenfalls katastrophale Folgen, sagt der Oppositionspolitiker: “Die Ölpreise werden in die Höhe schießen.” Dies werde die Europäer zur Weißglut treiben. “Sie werden sich nicht an unsere Seite stellen. Wir werden vollständig isoliert sein.”

Der israelische Zeitungskommentator Amir Oren glaubt ebenfalls nicht an einen Angriff im Iran, zumindest nicht in der nahen Zukunft. Netanyahu sehe sich zwar in der Iran-Frage in der Rolle des späteren britischen Premierministers Winston Churchill gegenüber Nazi-Deutschland im Jahre 1938. Er habe jedoch noch nicht begonnen, sein Volk auf “Blut, Schweiß und Tränen” vorzubereiten.

Die Drohgebärden gegen Teheran zielten letztlich vor allem darauf ab, ernsthafte Sanktionen der internationalen Gemeinschaft zu erzwingen, meint Oren. “Auch die begeisterten Anhänger des Säbelrasselns gegen den Iran begründen dies mit einer Stärkung der Abschreckung und nicht mit einer echten Angriffsabsicht.”

Angst vor regionalem Großkrieg

Ein israelischer Angriff auf den Iran könnte einen regionalen Großbrand auslösen. Israel müsste mit massiven Raketenangriffen auf seine Städte rechnen, und zwar nicht nur aus dem Iran, sondern auch aus dem nördlichen Nachbarland Libanon und dem Gazastreifen im Süden. Der Iran gilt als Schutzpatron der libanesischen Hisbollah und der radikalislamischen Hamas, die seit 2007 den Gazastreifen beherrscht.

“Die ganze Region wird brennen”, beschrieb der Oppositionspolitiker, der namentlich nicht genannt werden wollte, die möglichen Folgen eines Militärschlags. “Die israelische Wirtschaft wird zusammenbrechen, Tel Aviv wird zu einer Geisterstadt werden, und was kann Netanyahu als Erfolg vorweisen? Ein iranisches Atomprogramm, das noch intensiver vorangetrieben wird? Weltweite Isolation? Anschläge gegen israelische Ziele auf der ganzen Welt?”

Letztlich weiß niemand außerhalb der engsten Führungsriege, ob Israel wirklich gegen den Iran losschlagen wird. Shlomo Gazit, früherer Chef des israelischen Militärgeheimdienstes, hält einen solchen Angriff aber für “die schlechteste Lösung”. Israel habe keine guten Chancen, die nuklearen Anlagen ernsthaft zu beschädigen. Außerdem würde man dann den Sanktionen keine Chance geben, sagte Gazit. Er meinte allerdings, ohne israelische Drohungen würden die anderen Beteiligten “ihren Hintern nicht in Bewegung setzen und nichts tun”.

(APA)

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