Vorarlberger Bauwirtschaft: 2011 mit schwarzer Null

2011 lief für die heimische Bauwirtschaft besser als erwartet: Wurde vor einem Jahr mit einem Minus von rund zehn Prozent gerechnet, wird Ende 2011 voraussichtlich eine schwarze Null unterm Strich herauskommen. „Ausschlaggebend waren die gute Auftragslage im Wohnbau sowie zahlreiche Investitionen im Bereich Gewerbe und Industrie. Einzig im öffentlichen Bereich zeichnet sich ein Rückgang von über 13 Prozent ab“, erklärt Innungsmeister Franz Drexel bei der Pressekonferenz anlässlich der Präsentation der jährlichen Blitzumfrage unter Vorarlbergs Bauunternehmern.
Branche konsolidiert sich auf niedrigem Niveau
Leicht getrübt wird die positive Stimmung allerdings von den skeptischen Einschätzungen für das erste Halbjahr 2012, wird doch ein Minus von knapp neun Prozent erwartet. Trotzdem: „Wir blicken mit Zuversicht in die Zukunft, obwohl sich ein paar Schauerwolken am Himmel zeigen. Die heimische Baubranche konsolidiert sich – wenn auch auf anhaltend niedrigem Niveau“, so Drexel.
Nachdem der heimische Wohnbau in den letzten Jahren um ein Drittel zurückgegangen ist, scheint es jetzt eine leichte Aufwärtsbewegung zu geben. Vor allem der gemeinnützige Bereich entwickelt sich relativ positiv, insgesamt rechnet die Bauinnung im privaten und gemeinnützigen Wohnbau mit einem leichten Plus von zwei bis drei Prozent für das erste Halbjahr 2012.
Als Schritt in die richtige Richtung werden auch die Deregulierungsmaßnahmen seitens des Landes gesehen: „Durch die Verwaltungsvereinfachung wird leistbarer Wohnbau wieder ermöglicht. Es freut uns sehr, dass die Politik unserem jahrelangen Wunsch entsprochen hat“, betont Karl Grabher, Wohnbausprecher der Bauinnung. Seit heuer müssen Bauherren für die Förderstufe 1 nur mehr Baugenehmigung und Energieausweis vorweisen, der Gebäudeausweis wird nicht mehr benötigt.
Durch eine Ausweitung auf die Förderstufe 2, die 2012 kommt, wird der Zugang zur Wohnbauförderung einmal mehr erleichtert. Grabher betont, dass trotz dieser Maßnahmen, Wohnraum schaffen insgesamt teurer, gleichzeitig die Finanzierung immer schwieriger wird. „Ein Drittel des Kreditfinanzierungsvolumens, das Häuslebauer aufbringen müssen, wird durch die Wohnbauförderung abgedeckt“, unterstreicht Grabher die Bedeutung der Wohnbauförderung. Überdies werde der Bedarf an Wohnraum aufgrund des Bevölkerungswachstums deutlich steigen: „Diese Nachfrage zu bedienen, wird eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahre.“
Zurückhaltung bei Gewerbe und Industrie sowie im öffentlichen Bau
Mit einem Minus von fast fünf Prozent wird im Bereich „Gewerbe und Industrie“ gerechnet. Aufgrund der negativen Berichterstattung – Worte wie „Eurokrise“, „Konjunktureinbruch“ oder „Staatsverschuldung“ sind in aller Munde – üben sich Gewerbe, Industrie und Handel in Zurückhaltung. „Allzu dramatisch wird es aber hoffentlich nicht werden. Immerhin sind größere Bauprojekte, wie der Campus-Zubau in Dornbirn oder der Bau des Möbelhauses Leiner in Rankweil, in naher Zukunft zu erwarten. Auch Projekte, wie zum Beispiel die innere und äußere Seestadt in Bregenz sollen mittelfristig wichtige Impulse für die heimische Bauwirtschaft bringen“, beruhigt Alexander Stroppa, Verantwortlicher für Gewerbe- und Industriebau.
Im öffentlichen Bereich liegen die Einschätzung für die kommenden sechs Monate hingegen im zweistelligen Minusbereich: Minus zwölf Prozent im Hochbau und sogar minus 21 Prozent im Tiefbau. Laut Stroppa, der auch für den öffentlichen Hoch- und Tiefbau zuständig ist, sind hier nur wenige Bauvorhaben in Sicht. Eines der größten Projekte ist das neue Montforthaus mit Baustart im Juni 2012. Weiters entstehen in Kooperation mit der Gemeinde Hard auf dem ehemaligen Wolff-Areal Eigentums- und gemeinnützige Mietwohnungen, Büro- und Betriebsflächen, ein neuer Gemeindesaal und ein „Haus der Generationen“ der SeneCura. Der Spatenstich wurde für Anfang 2012 angekündigt. Beim öffentlichen Tiefbau stehen in erster Linie Sanierungsarbeiten an. So wird die Sanierung auf der Autobahn im Bereich Dornbirn-Wolfurt fortgesetzt, außerdem sollen im kommenden Jahr beim Vollausbau der Autobahnanschlussstelle in Klaus die Bauarbeiten beginnen.
Kontinuität und Qualität bei den Mitarbeitern
Weiterhin vorsichtig agiert die Branche in Bezug auf Mitarbeiterplanung: Auftragsspitzen und Personalknappheit werden mit Leasingarbeitern kompensiert oder durch eine Steigerung der Produktivität im Betrieb selbst bewältigt. Nichtsdestotrotz sei man stetig auf der Suche nach guten Mitarbeitern, betont Innungsmeister Drexel: „Bauunternehmen sind heute mehr denn je gefordert, möglichst rationell und dennoch qualitativ hochwertig zu bauen. Um dies zu bewerkstelligen, brauchen wir eingespielte Teams bestehend aus qualifizierten Fachkräften.“ Großen Wert legt die Vorarlberger Baubranche daher auf Aus- und Weiterbildung, denn man müsse sich bewusst sein, dass Facharbeiter auf dem freien Markt nur mehr schwer zu finden seien, so Drexel: „Je besser die Lehrlinge ausgebildet werden, desto eher bleiben sie schließlich im Unternehmen. Das ist Herausforderung und Chance zugleich.“
Factbox Blitzumfrage 2011:
11. Blitzumfrage unter Vorarlbergs Bauunternehmen, durchgeführt von der Vorarlberger Bauinnung (Rücklaufquote: 65 %) – Einschätzungen der Vorarlberger Baubranche:
- Aktuelle Auftragssituation im Vergleich zum November 2010: – 0,5 %
- Auftragssituation erstes Halbjahr 2012 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2011:
- Allgemein: – 9 %
- Wohnbau: + 3 %
- Gewerbe und Industrie: – 5 %
- Öffentlicher Hochbau: – 12 %
- Öffentlicher Tiefbau: – 21 %
- Sanierungen: +8 %
Factbox Vorarlberger Bauwirtschaft:
Umsatz/Bauproduktionswert 2010: 469 Mio. Euro
Umsatz/Bauproduktionswert bis Ende August 2011: 264 Mio. Euro
Umsatz/Bauproduktionswert 2011 (prognostiziert): 470 Mio. Euro
Mitarbeiter (Stand Ende Juli 2011): ca. 4.300 davon ca. 230 Lehrlinge
Beschäftigte inkl. nachgelagerte Sparten: ca. 12.000 Mitarbeiter
(Bauinnung Vorarlberg)
Erklärung zur aktuellen Situation in Vorarlbergs Baubranche: