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"Vorarlberg-Kodex" beschlossen – Kritik an Kürzung von Taschengeld für Asylwerbende

Vorarlberg beschließt: Weniger Geld für Asylwerber bei Kursverweigerung
Vorarlberg beschließt: Weniger Geld für Asylwerber bei Kursverweigerung ©Steurer
Die schwarz-blaue Landesregierung in Vorarlberg hat eine Gesetzesänderung beschlossen, die Sanktionen für Asylwerbende vorsieht. Wer Integrationsmaßnahmen verweigert, dem kann künftig das Taschengeld halbiert werden. Die Opposition spricht von einem möglichen Verfassungsbruch.
Hitzige Debatte nach Beschluss des Vorarlberger Kodex

Am Donnerstagabend hat der Vorarlberger Landtag die Umsetzung des sogenannten "Vorarlberg-Kodex" mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ beschlossen – und das ohne vorherige Zuweisung an einen Ausschuss. Die Entscheidung fiel in einem Eilverfahren, was von SPÖ und NEOSals "Tabubruch" scharf kritisiert wurde.

SPÖ-Klubobmann Mario Leiter sprach von einem "tiefgreifenden und potenziell verfassungsfeindlichen Gesetz", das "im Schnellverfahren durchgepeitscht" worden sei. Fabienne Lackner von den NEOS sprach von einem "unsauberen Umgang mit dem hohen Haus".

Taschengeldkürzung als Sanktion bei Kursverweigerung

Der "Vorarlberg-Kodex" verpflichtet Asylwerber:innen dazu, eine Integrationsvereinbarung zu unterzeichnen. Wer sich weigert, etwa an Deutsch- und Wertekursen oder an gemeinnütziger Arbeit teilzunehmen, muss künftig mit Sanktionen rechnen. Das Taschengeld kann um die Hälfte gekürzt werden, also von 40 auf 20 Euro pro Woche.

Die Landesregierung argumentiert mit dem Prinzip "Fordern und Fördern". Laut Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) soll durch die Maßnahme Integration "verbindlicher" gemacht werden.

Mario Leitner ©Philipp Steurer

Verfassungsdienst sieht Zwangsarbeitsverbot verletzt

Kritik kommt nicht nur aus der Opposition, sondern auch aus dem Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts. Dieser warnt vor einem möglichen Verstoß gegen Artikel 4 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) – dem Verbot von Zwangsarbeit.

In einer Stellungnahme heißt es, es sei fraglich, "ob nach dem Verständnis von Artikel 4 Absatz 2 EMRK noch davon gesprochen werden kann, dass der hilfs- und schutzbedürftige Fremde die Tätigkeit freiwillig ausübt." Da die EMRK in Österreich Verfassungsrang hat, könnte das neue Landesgesetz verfassungswidrig sein. Ein Antrag der SPÖ auf verfassungsgerichtliche Prüfung wurde jedoch von ÖVP und FPÖ abgelehnt.

Bisher kaum Konflikte – 99 Prozent Zustimmung

Seit Inkrafttreten des Kodex am 1. Juni 2024 haben laut Landesregierung über 99 Prozent der Asylwerber:innen in Vorarlberg die Integrationsvereinbarung unterzeichnet. Mit massenhaften Sanktionen sei daher nicht zu rechnen. Die neue Regelung tritt im Herbst 2025 in Kraft.

(VOL.AT)

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