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Vor SPÖ-Parteitag: Blick auf Doskozils Vergangenheit

Wird Doskozil neuer SPÖ-Chef?
Wird Doskozil neuer SPÖ-Chef? ©APA/ROLAND SCHLAGER (Symbolbild)
Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil wird noch bis Samstag warten müssen, ob er von den Delegierten auf den Thron des SPÖ-Vorsitzenden gehoben wird.

Für den Landeshauptmann ist es ein riskantes Manöver. Doskozil wird zwar auch bei einer Niederlage das Burgenland weiter regieren können, der Sieger-Nimbus wäre aber weg.

Dass sich der Landeshauptmann hervorwagt, war seit langem von den einen erhofft, von den anderen gefürchtet worden. Mehr oder weniger seit Amtsantritt Pamela Rendi-Wagners war er als deren schärfster Kritiker aufgetreten, hatte die direkte Konfrontation etwa beim vergangenen Parteitag aber gescheut. Nunmehr dürfte der 52-Jährige gespürt haben, dass sich eine möglicherweise letzte Chance auf den Vorsitz bietet.

Doskozil: Ruf des Querschützen hat sich in SPÖ eingebrannt

Allenfalls hat Doskozil sogar zu lange gewartet. Der Ruf des Querschützen hat sich in der Partei eingebrannt. Dass er im Streit die Bundesgremien verlassen hat, kam weder bei Basis noch beim Establishment rasend gut an. Mit seinem in der Zuwanderungspolitik ÖVP und FPÖ nicht unähnlichen Kurs hat er die Partei-Linke nicht nur vergrämt sondern zur fast schon fanatischen Gegnerin gemacht. Mit ihr Versöhnung finden könnte der als ein wenig dünnhäutig geltende Doskozil wohl am ehesten mit klugen personellen Schachzügen und seiner prononciert linken Sozialpolitik.

Der Landeshauptmann hat das Burgenland, das er seit seinem Landtagswahl-Triumph 2020 absolut regiert, quasi zum Testlabor für den Bund gemacht und eine sehr eigenständige Politik gefahren. Die Anstellung pflegender Angehöriger durch das Land sowie eine Offensive zum Kauf von Wohn-Eigentum sind dabei ebenso wenig rotes Allgemeingut wie der Vorstoß, einen Mindestlohn auch gesetzlich - sprich an den Sozialpartnern vorbei - durchzusetzen. Dass er die Arbeitszeitverkürzung mit Blick auf den Arbeitskräftemangel ablehnt, ist überhaupt ganz offen gegen die Parteilinie.

Doskozil etablierte sich als Macher

Dennoch trifft Doskozil vor allem in ländlichen Regionen auch den Nerv der eigenen Funktionäre. Der gelernte Polizist und studierte Jurist hat sich als Macher etabliert und als einer, der die einfachen Menschen versteht - abgesetzt von der Politik der Wiener Roten, die mittlerweile fast überall außerhalb der Bundeshauptstadt in der Partei unten durch sind. Organisiert wird Doskozils Politik von einem kleinen Kreis Vertrauter, doch sind auch Berater mit Glamour-Faktor gerne gesehen, seien es wirtschaftlich Altkanzler Christian Kern, mit dem er dereinst noch seine Sträuße ausgefochten hatte, oder kulturell Alfons Haider als Zampano des burgenländischen Bühnenlebens.

In seine heute starke Position gekommen ist Doskozil, der in zweiter Ehe mit der Deutschen Julia verheiratet ist und aus einer früheren Verbindung zwei Kinder hat, nicht durch eine Ochsentour durch die Partei sondern über Umwege. Im Süden des Burgenlands aufgewachsen trat er nach der Matura der Polizei bei und arbeitete sich dort bis zum Landespolizeidirektor seines Heimatbundeslandes hoch, wobei hierfür eine zwischenzeitliche Tätigkeit als Büroleiter des damaligen Landeshauptmanns Hans Niessls durchaus hilfreich gewesen sein dürfte.

Doskozil managte Flüchtlingsstrom

Neben seinem Dienst bei der Exekutive absolvierte er berufsbegleitend ein Jus-Studium, kommunalpolitisch war er im Gemeinderat seiner Heimatgemeinde Grafenschachen aktiv. Doskozils erste große politische Stunde war mit einer Tragödie verbunden, dem Tod dutzender Flüchtlinge in einem Lastwagen auf der A4. Der Landespolizeidirektor agierte betroffen wie umsichtig und schaffte sich über die eigenen Bundesland-Grenzen hinweg Anerkennung. Dies galt umso mehr, als er unmittelbar danach den Flüchtlingsstrom 2015 in Nickelsdorf souverän managte.

Werner Faymann war auf Doskozil in der Flüchtlingskrise aufmerksam geworden und holte ihn als Verteidigungsminister in seine Bundesregierung. Der Neo-Ressortchef fremdelte mit seiner neuen Rolle keine Sekunde und schaffte sich im Ministerium schnell Freunde, umso mehr als er für das Heer mehr Geld herausholte und auch für dessen Image so einiges tat.

SPÖ-Abschied aus Regierung - Doskozil in die Heimat

Als sich die SPÖ aus der Regierung verabschieden musste, ging es zurück in die Heimat. Niessl kürte Doskozil zu seinem Kronprinzen. Den Umweg als Landesrat über das Finanzressort hatte er noch zu überstehen, ehe ihn die Landespartei 2018 zuerst an ihre Spitze und im Frühling darauf in den Landeshauptmann-Sessel hob. Dieser schon paktierte Wechsel holte ihn damals auch aus dem Rennen um Christian Kerns Nachfolge als SPÖ-Vorsitzender. Das damals verpasste könnte Doskozil in wenigen Tagen nachholen. Seine Stimmprobleme, die er nach mehreren Kehlkopf-Operationen hat, dürften dabei weniger Hindernis sein als der Anti-Establishment-Trend, der Kontrahent Andreas Babler schon in die Stichwahl getragen hat.

(APA/Red)

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