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Vor 50 Jahren begann die Errichtung der Berliner Mauer

Der "antifaschistische Schutzwall" sollte die DDR-Bevölkerung am Verlassen des Landes hindern.
1989: Der Fall der Berliner Mauer
Bau der Berliner Mauer
Ministerratsbeschluss zum Mauerbau
Chronologie des Mauerbaus
Berliner Mauer in Zahlen

Es ist ein Sonntag mitten im Sommer: Am 13. August 1961 um 00.00 Uhr sperren die Sicherheitskräfte der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), die Grenze zwischen West- und Ost-Berlin und beginnen, provisorische Absperrungen zu errichten. Fassungslos sehen die Bürger, wie der westliche Stadtteil bald darauf förmlich eingemauert wird: Die “Berliner Mauer” ist errichtet, die bis 1989 maßgeblich das Stadtbild bestimmt und die heutige deutsche Hauptstadt in zwei Teile zerschneiden wird.

Die Berlin-Frage schwelte damals bereits seit Jahren zwischen der Sowjetunion und den Westmächten, die zu dieser Zeit einander gerade im Kalten Krieg gegenüberstehen. Eine Enklave der Westmächte mitten in einem Warschauer-Pakt-Staat ist Moskau schon lange ein Dorn im Auge. Die Sowjetunion bemüht sich daher darum, West-Berlin zu einer entmilitarisierten “freien Stadt” umzuwandeln, deren Versorgung ganz von der DDR abhängig ist – doch die Westmächte weigern sich abzuziehen.

Im Jahr 1961 drängt der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht den sowjetischen Staats- und Parteichef Nikita Chruschtschow allerdings wegen ganz konkreter Probleme zu baldigen Maßnahmen: Die Wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland ist auf Erfolgskurs – es ist die Zeit des “Wirtschaftswunders” -, die DDR kann da in keiner Weise mithalten. Das hat immer stärkere Auswirkungen auf die Bevölkerungsströme: Allein 1960 verlassen 200.000 Menschen Ostdeutschland Richtung Westen – zumeist junge, gut ausgebildete Arbeitskräfte; zwischen 1949 und 1961 sind es insgesamt gar 2,7 Millionen Menschen. Manche Historiker sprechen gar von einer Situation, in der der unmittelbare wirtschaftliche und gesellschaftliche “Zusammenbruch” Ostdeutschlands drohte.

So entschließt sich die ostdeutsche Führung mit Erlaubnis Moskaus zu einem Befreiungsschlag: Am 12. August beschließt der Ministerrat der DDR “zur Unterbindung der feindlichen Tätigkeit der revanchistischen und militaristischen Kräfte Westdeutschlands und Westberlins” die Einführung von Grenzsperren rund um Westberlin. Den DDR-Bürgern ist es ab sofort nur mit einer “besonderen Bescheinigung” gestattet, den Westteil Berlins zu betreten. Ironischerweise hatte Ulbricht erst zwei Monate zuvor, in einer internationalen Pressekonferenz in Ost-Berlin, auf die Frage einer westdeutschen Journalistin hin noch betont: “Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.”

Trotz des Entsetzens der Bonner Regierung wie des West-Berliner Senats über die mitten in der Stadt aufgezogene “Sperrwand eines Konzentrationslagers” (so der damalige Regierende Bürgermeister Willy Brandt) unternehmen die Westmächte keine Schritte, um dem Mauerbau Einhalt zu gebieten; wegen Berlin will man schließlich keinen Atomkrieg zwischen den USA und der Sowjetunion riskieren. Der SPD-Politiker Brandt führt seine spätere, gegenüber den kommunistischen Ländern versöhnliche “Ostpolitik” als Bundeskanzler der BRD (1969-1974) auf seine damalige Eindrücke vom Vorgehen der Westmächte zurück.

Obwohl die Mauer nach Darstellung der DDR-Propaganda als “antifaschistischer Schutzwall” dienen soll, stellt bereits ihre Konstruktion klar, dass sie in Wahrheit die eigene Bevölkerung am Verlassen des Landes hindern sollte. Hinter dem Begriff “Berliner Mauer” versteckte sich in Wahrheit eine komplexe Sicherheitsanlage, die im Laufe der Jahre zunehmend erweitert und ausgebaut wurde. An den meisten Stellen handelte es sich in der 1975 errichteten endgültigen Form um einen doppelten Mauer- oder Stacheldrahtzug, in dessen Zwischenraum sich Bewachungstürme, Alarmdrähte, Beleuchtungsanlagen, ein Graben gegen Überquerungsversuche per Pkw oder Hundelaufanlagen verbargen.

Trotz dieses fast unüberwindlichen Hindernisses versuchen es in den knapp 30 Jahren des Bestehens der Mauer rund 5.000 Menschen, auf die andere Seite zu gelangen. Etwa 100-200 (die Zahlenangaben variieren stark) starben dabei. Als erster Mensch, der an der Berliner Mauer erschossen wurde, gilt der am 24. August 1961 getötete 24-jährige Günter Litfin, als letztes Todesopfer der in der Nacht vom 5. auf 6. Februar 1989 erschossene 20-jährige Chris Gueffroy.

Das Ende der Berliner Mauer kam dann genauso schnell wie ihre Errichtung: Ende 1989 beschloss die DDR-Führung unter dem Eindruck der Massenflucht ausreisewilliger Ostdeutscher über Ungarn und die westdeutsche Botschaft in Prag in den Westen sowie der zunehmenden regierungskritischen Großdemonstrationen im Land eine Ausreisemöglichkeit für DDR-Bürger ohne besondere Formalitäten. Als das Politbüromitglied Günter Schabowski die Regelung am 9. November 1989 in einer internationalen Pressekonferenz vorstellte, sagte der über eine eigentlich geplante Sperrfrist uninformierte Funktionär, diese trete “sofort, unverzüglich” in Kraft.

In der darauffolgenden Nacht begannen DDR-Bürger massenweise die Grenzübergänge nach West-Berlin zu belagern, was schließlich zur Öffnung der Grenze durch die verunsicherten und von der geltenden Regelung noch nicht ausreichend informierten Grenztruppen führte. Die Bilder der auf der Mauer feiernden und jubelnden Menschen gingen um die Welt. Nur wenig später war die Berliner Mauer Geschichte.

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