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Von NS-Wiederbetätigung freigesprochen

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Der Autor Herbert Pitlik wurde einstimmt von der Anklage, mit seinen beiden Büchern gegen das Verbotsgesetz verstoßen zu haben, freigesprochen. Seinen Verleger Karl Steinhauser sprachen die Geschworenen mit 6:2 Stimmen frei.

Nachdem es erst in der Vorwoche Aufregung um einen Wahrspruch von Wiener Geschworenen gegeben hatte – der Vater der an den Folgen erlittener Misshandlungen gestorbenen Iris-Maria war lediglich wegen fahrlässiger Tötung schuldig erkannt worden, worauf die drei Berufsrichter das Urteil wegen Rechtsirrtums aussetzten -, erging am Freitagabend im Straflandesgericht neuerlich eine umstrittene Entscheidung. Der in Revisionistenkreisen angesehene Buchautor Herbert Pitlik wurde einstimmig vom Vorwurf freigesprochen, mit seinen Büchern gegen das Verbotsgesetz verstoßen zu haben.

Sein Verleger Karl Steinhauser, der selbst in seinem Schlusswort nicht mit antisemitischen Sprüchen gegeizt hatte, wurde mit 6:2 Stimmen freigesprochen. Die drei Berufsrichter schienen damit nicht unbedingt glücklich, setzten das Urteil aber nicht aus. Rechtskräftig sind die Freisprüche allerdings nicht, Staatsanwalt Karl Schober meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.

Die Anklage hatte Pitlik zur Last gelegt, mit den Büchern „Die Protokolle der Weisen von Zion nach 100 Jahren“ und „Eine Spur zur Wahrheit? Der Nürnberger Prozess“ nationalsozialistische Wiederbetätigung betrieben zu haben. Der 78-jährige Autor bekannte sich nicht schuldig und reagierte auf die Vorwürfe der Anklagebehörde mit einer stundenlangen Gegenrede.

Pitlik habe das 1905 vermutlich vom zaristischen Geheimdienst fabrizierte antisemitische Machwerk „Die Protokolle der Weisen von Zion“ heran gezogen, um dort getroffene diffamierenden Aussagen, die auch im Dritten Reich einen festen Platz in der antijüdischen Propaganda hatten, einer pseudoartigen Überprüfung zu unterziehen, führte Staatsanwalt Karl Schober aus. „Er unterstellt, dass dieses Buch Wahres darstellt. Er bezeichnet es als prophetische Meisterleistung“, so der Anklagevertreter.

Im zweiten inkriminierten Werk hatte Pitlik die Protokolle der Nürnberger Prozesse kommentiert. „Hier wird versucht, den Nationalsozialismus zu relativieren und zu verharmlosen“, meinte der Staatsanwalt, der neben Pitlik auch dessen Verleger auf die Anklagebank gebracht hatte. Die beiden hätten „im Teamwork den Tatbestand erfüllt“.

Nachdem Verteidiger Herbert Schaller seinen Mandanten gelobt („Eine fantastische Arbeit!“) und die Anklage heftig zurück gewiesen hatte („Jedes einzelne Zitat ist belegbar und von keinem Wissenschaftler widerlegbar! Jede einzelne Behauptung ist wahr!“), holte Pitlik tief Luft und begann sich zu verteidigen: Auf einer Ägypten-Rundreise hätte er die Cheopspyramiden besichtigt, erzählte der 78-Jährige. Dabei wäre ihm aufgefallen, dass die Ausführungen des Fremdenführers „weder dem entsprachen, was dort heute zu sehen ist, noch dem, was technisch ausführbar ist“, verwies der pensionierte Ingenieur auf sein Wissen „als Bauleiter mit jahrzehntelanger baustellentechnischer Erfahrung“.

Also habe er sich in einer 76 Seiten starken Studie mit den Cheopspyramiden beschäftigt und diese „Interessierten in Form einer Broschüre zur Verfügung gestellt“. Genau so sei er mit den „Protokollen der Weisen von Zion“ verfahren: „Ich habe versucht, interessierten Lesern die Gelegenheit zu geben, sich durch die Gegenüberstellung von Aussagen und eingetretenen Realitäten eine eigene Meinung zu bilden.“

Als die Sprache auf sein zweites Buch kam, wollte Pitlik den Geschworenen alle möglichen Unterlagen nahe bringen, „damit Sie nicht vier Jahre die Akten durcharbeiten oder ein Studium beginnen müssen und es dann doch nicht verstehen“. Schließlich kam Pitlik aufs Dritte Reich zu sprechen. Er habe Mauthausen besichtigt. Als Folge davon habe er die Art und Weise der in Konzentrationslagern betriebenen Vernichtung in Zweifel gezogen. In Bezug auf das Lager Mauthausen habe er „die technische Unmöglichkeit aufgezeigt“, sagte Pitklik.

Noch in ihren Schlussworten warteten die beiden Beschuldigten mit teilweise unverhohlen antisemitischen Äußerungen auf. Pitlik erging sich wortreich in Äußerungen über das Beweismittelverbot, das der Oberste Gerichtshof für das Leugnen der Holocaust-Verbrechen ausgesprochen hat. Für den 78-jährigen Autor ein „Verbrechen“, da er so keine Gelegenheit habe, nachzuweisen, dass die im KZ Mauthausen überlieferten Verbrechen nicht wie behauptet abgelaufen wären.

Steinhauser brachte mit seinen Beschimpfungen einige Geschworene gegen sich auf, die ihm ins Wort fielen. Umso überraschender erschien einigen Prozessbeobachtern der Ausgang des Verfahrens. Eine Staatsanwältin meinte nach Schluss des Verfahrens gegenüber der APA, die Laienrichter hätten womöglich die Belehrung durch den Vorsitzenden „nicht verstanden“.

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