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"Vom Verlust erschlagen, von Vermögen fasziniert"

Der BAWAG-Vorstand hat im Oktober 1998, nach dem ersten großen Totalverlust von Wolfgang Flöttl, die dem Spekulanten übertragenen Gelder und die von diesem übernommenen Vermögenswerte nicht gegeneinander aufgerechnet.

Dies gestand Ex-BAWAG-Chef Johann Zwettler am Montag bei einer gesonderten Einvernahme vor Gericht ein. “Wir waren von den 650 Mio. Dollar Verlust erschlagen und fasziniert von einer Milliarde Dollar Vermögen”, schilderte Zwettler die Stimmung in der Vorstandssitzung vom 26. Oktober 1998.

Eine genaue Liste, in der man die durch Flöttl erlittenen Verluste und die ihm neu übertragenen Gelder einerseits und das von Flöttl an die BAWAG übertragene Vermögen gegenüberstellte, habe man damals nicht erstellt, sondern nur “überschlagsmäßig” aufgerechnet, musste Zwettler am Montag einräumen.

Staatsanwalt Georg Krakow hingegen hat diese Liste penibel aufgestellt: Die BAWAG habe im Oktober 1998 folgende Zahlungen an Flöttl geleistet bzw. an ihn geleistete Gelder bereits verloren: 651 Mio. Dollar Verlust (inklusive 12 Mio. Zinsen), 154 Mio. Dollar für das Auktionshaus Sotheby’s zur Abdeckung der Kredite für Flöttls Bilder, 18 Mio. Dollar an die Meinl Bank zur Abdeckung eines Flöttl-Kredits, 250 Mio. Dollar für das neue Investment Hapenny und 80 Mio. Dollar für den Kredit Ophelia. Insgesamt machte dies 1,153 Mrd. Dollar für Flöttl aus, rechnete Krakow vor. Demgegenüber standen Flöttls Bilder und Liegenschaften, die vom Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner in Anwesenheit von Flöttl mit “800 bis 1 Mrd. Dollar” Wert beziffert wurden, sagte Zwettler aus.

Schon nach dieser Rechnung bleibt eine Lücke von mindestens 153 Mio. Dollar zu Lasten der BAWAG. Tatsächlich war aber Flöttls der BAWAG übertragenes Vermögen weit weniger wert. “Flöttl wurde immer als ‘irrsinnig reich’ dargestellt, wir waren überzeugt es geht sich aus”, meinte Zwettler. Elsner habe Flöttls Liegenschaften und Bilder gekannt. Er, Zwettler, habe Flöttl nie besucht.

Warum wurden von den Vorstandsmitgliedern keine Zweifel angesichts der immer neuen Investments für Flöttl geäußert, sondern die neuen Gelder auch nach dem ersten großen Totalverlust immer wieder genehmigt, wollte Staatsanwalt Krakow von Zwettler wissen. Das sei an der “Bestimmtheit” Elsners gelegen, versuchte Zwettler darzustellen. “Haben sich die Vorstandsmitglieder nicht getraut, zu fragen warum braucht Flöttl schon wieder Geld?” hakte Krakow nach. “Wahrscheinlich”, meinte Zwettler.

Mit Fragen zum “Narrow”-Investment vom September 1998 versuchte dann Richterin Claudia Bandion-Ortner herauszubekommen, warum zwischen dem Genehmigungsbeschluss und der tatsächlichen Auszahlung rund 14 Tage lagen. Dass “Narrow” das englische Wort für “eng” ist, war offenbar niemandem aufgefallen, zumindest hatte sich laut den heutigen Aussagen niemand der Vorstände etwas dabei gedacht. Laut Flöttl wurde die Auszahlung des Geldes an ihn verzögert, weil die BAWAG die Entwicklung des Yen-Dollar-Kurses beobachten wollte, erst als dieser wieder ein eine für Flöttls Investment günstigere Richtung deutete, sei das neue Geld an ihn geschickt worden. Dies wurde von allen dazu befragten früheren BAWAG-Vorständen bestritten. Man habe sich damals nicht für den Yen-Dollar-Kurs interessiert, erst als Flöttl im Oktober den Totalverlust damit begründete, sagte Elsner. Mit den Details der Überweisung sei er nicht befasst gewesen.

Die Finanztransaktionen der BAWAG im Jänner 2001, als die Stiftungen in Liechtenstein im Weg von Überweisungen an US-Firmen und Flöttl-Firmen mit Kapital ausgestattet wurden, wurden dann ebenfalls hinterfragt. “Wieso vertraut man Flöttl nach seinem Geständnis, dass er vereinbarungswidrig gehandelt habe, einen 88-Millionen-Dollar-Kredit an?”, wollte die Richterin von Zwettler wissen. Flöttl sei zwar ein “exorbitanter Spieler”, aber dass er das Geld für sich veruntreut hätte und geflüchtet wäre, hätte er ihm nicht zugetraut, meinte Zwettler. Flöttl selber betonte, die BAWAG habe ihm damals offenbar vertraut, denn er hätte über die Gelder auf den Konten seiner Firmen Oakcliff und International Asset Management (IAM) verfügen können. “Wenn ich ein Gauner bin, wie hier dargestellt, hätte ich mir die 88 Mio. genommen”. Tatsächlich hatte Flöttl das Geld – entsprechend der Vereinbarung mit der BAWAG – nach vier Tagen an die Stiftungen in Liechtenstein weitergeleitet.

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