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Vom eigentlichen Geschenk

©VN/Matt
Heiligabend in völliger Stille? Schwester Barbara schätzt es heute sehr.

Dicke Flocken tanzen vom Himmel. Der Schnee hat sich begütigend auf Straßen und Felder gelegt. Fast lautlos ziehen Autos durchs Leiblachtal. Die kleine Anhöhe des Klosters Gwiggen liegt gänzlich still. „Wunderbar“ findet das Schwester Barbara, die vor Jahrzehnten noch Elisabeth Krobath hieß und in der Steiermark zur Welt gekommen ist. Älteste von vier Töchtern. Erwartungsvoll von den Eltern aufs Gymnasium geschickt. Später dann zum Medizinstudium an die Uni. Was wären die Eltern stolz gewesen!

Der Einfachheit erlegen

Aber dann reist Elisabeth mit einer Freundin nach Taizé. „Ich wollt ja gar nicht hin.“ Umso mehr hat es sie dann „total erwischt“ auf diesem Hügel, zehn Kilometer nördlich von Cluny. Was hat sie erwischt? Schwester Barbara entfacht die Kerzen am Adventkranz. „Diese Einfachheit“, sucht sie nach Worten, „diese Verbindung mit Gott.“ Und nach einer kurzen Pause: „Das Für-ihn-leben-Dürfen.“ Ab diesem Zeitpunkt möchte sie ins Kloster. Die Eltern sind dagegen. Fünf Jahre arbeitet Elisabeth Krobath noch in der Buchhaltung eines steirischen Lebensmittelriesen. Aber der Gedanke lässt sie nicht los. Und weil das Kloster Marienfeld in Niederösterreich – „meine erste Liebe“ – erst im Aufbau steht, tritt Elisabeth Krobath Ende der 1980er-Jahre als Sr. Barbara in Vorarlberg ins Kloster Mariastern-Gwiggen ein. „In eine neue Welt.“ Einfachheit und Stille erwarten sie. Besinnung inmitten einer besinnungslosen Zeit. Sr. Barbara legt die Hände ineinander. Wie jemand, der angekommen ist. Heute bewerkstelligt die ehemalige Medizinstudentin die Buchhaltung der Abtei. Sie verziert Kerzen, die im neuen großen Klosterladen ganz vorn am Eingang stehen. Und sie führt „Brunnengespräche“. Einmal im Monat kommen „so an die zwölf Leute“ und tanken spirituell unter ihrer Anleitung auf. Das ist ihr Leben. Und der Advent streut Kindheitserinnerungen ein. Wieder blickt sie hinaus in die weiße Landschaft. Die Gedanken wandern zurück. In die Zeit kindlicher Erwartung. Kerzenschein, Weihrauch . . . Und wie verläuft ihr Weihnachtsfest heuer?

Besondere Bescherung

„Der Heiligabend ist ganz still.“ Daran hat sie sich erst gewöhnen müssen. „Wir gehen nach dem Abendessen zu Bett.“ Es herrscht dann das große Stillschweigen im Konvent. „Um 22 Uhr singen wir die Vigil in der Kirche.“ Vigil bedeutet Nachtwache, ein Psalmengebet. Wenn um Mitternacht alle drei Glocken der Klosterkirche die Weihnacht verkünden, feiern die Schwestern zusammen mit Gästen von überall her Gottesdienst. „Danach gibt’s einen Kerzenimbiss im Refektorium.“ Auch den nehmen sie schweigend zu sich.

Kleine Geschenke

Wenn sie später, nach zwei Uhr früh, wieder zu Bett gehen, liegen vor den Türen ihrer Zimmer mitunter kleine Geschenke. Ganz Persönliches. „Handgemachte Kärtchen, Kerzen, ein Kalender fürs Jahr.“ Am 25. Dezember nachmittags gibt’s dann Bescherung mit den Dingen, die Freunde und Gönner ins Kloster trugen. Gebäck, Handcreme, solche Dinge halt. Die großen Geschenke sucht man vergebens. Und doch erzählen die Augen von Schwester Barbara von einem ganz einmaligen Weihnachtsfest, und ihre Lippen sagen: „Glauben Sie mir, in so einer handgemachten Karte steckt viel mehr Liebe drin als in der neuen Waschmaschine.“ Überhaupt hat sie erst in den mehr als 20 Jahren im Kloster „erfahren, was Weihnachten wirklich ist“. Das Geschenk „ist Gott selber“. Deshalb feiern die Nonnen auch, während draußen längst Abverkauf und Umtauschgeschäft blühen, ihr Weihnachtsfest acht Tage lang weiter in der sogenannten „Weihnachtsoktav“. Betend und still. Und sehr festlich.

Zur Person

Sr. Barbara Krobath erlebte den Sinn von Weihnachten erst im Kloster. Geboren: 1960 im Bezirk Murau Ausbildung: HAK, ein Jahr Medizinstudium Laufbahn: Buchhaltung im Lebensmittelgroßhandel, mit 26 Jahren Eintritt ins Kloster Mariastern-Gwiggen

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