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voestalpine: Nur 54,6 Prozent an Böhler-Uddeholm

Österreich - Mit der Übernahme von 54,6 Prozent der Anteile an Böhler-Uddeholm hat der Stahlkonzern voestalpine diese Woche die größte Akquisition der heimischen Industriegeschichte über die Bühne gebracht.

Im Zuge eines Milliarden-Deals kann die Voest damit den heimischen Edelstahlhersteller mehrheitlich übernehmen, allerdings wurden der Voest deutlich weniger Aktien angedient als erwartet. Die Frist für das Übernahmeoffert an die Aktionäre der Böhler-Uddeholm ist am Montag Abend ausgelaufen. Schon im Vorfeld des Angebots hatte Voest-Chef Wolfgang Eder den ebenfalls an Böhler interessiert gewesenen Beteiligungsfonds CVC Mitte April ausgestochen.

Für ihren Rückzug erhalten die Böhler-Aktionäre 73 Euro je Aktie zuzüglich Dividende. In Summe wird Böhler damit mit 3,7 Mrd. Euro bewertet. Das ursprüngliche Offert von 69 Euro war Mitte Mai aufgestockt worden. Für das knapp 55-prozentige Mehrheitspaket, das fast 28 Millionen Aktien umfasst, zahlt die voestalpine 2 Mrd. Euro. Analysten hatten im Vorfeld mit einer Annahmequote von 60 bis 70 Prozent gerechnet.

Den Einstieg bei Böhler-Uddeholm bewältigt der Stahlkonzern laut Eder ohne Kapitalerhöhung. Der Deal ist Unternehmensangaben zufolge in zwei bis drei Jahren verdaut. In dieser Zeit seien nur kleinere Akquisitionen in der Größenordnung von 50 bis 250 Mio. Euro zu erwarten. Wäre noch ein Konkurrent aufgetaucht, der bereit gewesen wäre, beim Kaufpreis „die Grenzen der Rationalität zu überschreiten“, hätte die Voest nicht mitbieten können.

Den Kaufpreis von 73 Euro je Aktie hält die voestalpine angesichts der Gewinnträchtigkeit der beiden Konzerne für „angemessen“. Böhler-Uddeholm stehe zwar sehr gut da, liege aber beim Betriebserfolg (EBIT) mit einer Marge von 12,2 Prozent (2006) immer noch „unter dem Level“ der voestalpine. Für die ersten drei Quartale 2006 weist die Voest eine EBIT-Marge von 13,5 Prozent aus. Die Zahlen für das Gesamtjahr 2006/07 gibt die Voest am (morgigen ) Mittwoch auf der Bilanzpressekonferenz bekannt.

voestalpine und Böhler waren jahrzehntelang unter dem gemeinsamen Dach der verstaatlichten Industrie tätig gewesen. Nach deren Zerschlagung Anfang der Neunzigerjahre trennten sich ihre Wege. Beide Unternehmen haben sich vom einstigen Staatsbetrieb zum hochprofitablen Konzern entwickelt. Böhler-Uddeholm notiert seit 1995 an der Wiener Börse und hat seither die Ergebnisse laut Unternehmenschef Claus Raidl verzwölffacht. Man habe zu Zeiten der Verstaatlichten „um jeden Preis produziert, um die Beschäftigung zu halten“. Was der Edelstahlkonzern einst in einem Jahr verdiente, erwirtschaftet er mittlerweile in einem Monat – zur Freude der Aktionäre.

Voest-Chef Eder und Böhler-Chef Raidl machten eigenen Angaben zufolge „industrielle Überlegungen“ für die Stahlallianz geltend: Die voestalpine und Böhler-Uddeholm wollten gemeinsam „Premiumanbieter“ für „Stahlprodukte aus dem obersten Qualitätssegment“ und die Weltmarktführer in wichtigen Nischen werden. Auch CVC habe ein gutes Angebot legen wollen, „wir haben uns aber die Frage gestellt, mit welchem Partner steht das Unternehmen in zehn Jahren am besten da – und da ist unsere Entscheidung für die voestalpine gefallen“, begründete Raidl die Absage an CVC. Hinter der Allianz stehe keine „Industrieromantik“, sondern der Umstand, dass die beiden Unternehmen gut zueinander passten, sagte Eder.

Den Anstoß zur Übernahme hatte die frühere Kernaktionärsgruppe BU Industrieholding rund um den Rechtsanwalt Rudolf Fries heuer im Frühling gegeben. Sie wollte ihr Aktienpaket von 20,95 Prozent abstoßen und hat sich seit Jahresbeginn angesichts zahlreicher Interessenten die Frage gestellt, wie übernahmeresistent Böhler-Uddeholm ist und was das Unternehmen tun kann, um eine feindliche Übernahme abzuwenden. Fries, der zusammen mit seinen Co-Investoren vor fünf Jahren das Aktienpaket um rund 130 Mio. Euro gekauft hatte, wird nun über das Voest-Angebot etwa 780 Mio. Euro erlösen.

Den ursprünglichen Plänen zufolge soll Böhler-Uddeholm „in seiner Gesamtheit“ als fünfte Division in den voestalpine-Konzern integriert werden – ohne Änderungen im Management. „Daraus dürfte vorerst nicht werden“, schätzt Kleinaktionärsvertreter Wilhelm Rasinger. Beide Unternehmen werden eigenständig bestehen bleiben. Das Synergiepotenzial hat Eder vor der Übernahme mit rund 65 Mio. Euro jährlich beziffert. Einsparungen erhofft man sich beim Einkauf, im Treasury und in der IT.

Böhler-Uddeholm operiert mit weltweit mehr als 14.000 Mitarbeitern, davon über 4.100 in Österreich, und setzte 2006 knapp 3,1 Mrd. Euro um. voestalpine erzielte 2005/06 (per Ende März 2006) einen Umsatz von 6,50 Mrd. Euro und beschäftigte rund 23.700 Arbeitnehmer. Ende 2006 hatte der voestalpine-Konzern (ohne Lehrlinge) 24.611 Mitarbeiter.

Die Böhler-Aktien legten bis Dienstag Nachmittag gegenüber dem Vortagsschluss um 1,52 Prozent auf 72,15 Euro zu. Parallel dazu gaben die voestalpine-Aktien um 1,67 Prozent auf 55,40 Euro nach.

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