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Visa-Prozess: Zeuge gewährte Einblicke in illegalen Visa-Handel

Im Wiener Straflandesgericht ist am Mittwoch der Prozess um die Visa-Affäre an den österreichischen Botschaften in Belgrad und Budapest fortgesetzt worden.

Dabei gewährte ein Zeuge Einblicke in den illegalen Visa-Handel, der zunächst von Serbien aus betrieben wurde und sich mit der Versetzung des Generalkonsuls an der österreichischen Botschaft nach Ungarn verlagerte. Em Ende sorgte der Zeuge für Aufregung, indem er behauptete, “die Polizei” habe ihm die Wahrung seiner Anonymität und “Straffreiheit” zugesichert.

Der Mann hatte in Belgrad eine Agentur betrieben, die sich unter anderem um die Beschaffung von Sichtvermerken für den Schengen-Raum bemühte. Es sei allgemein bekanntgewesen, dass der österreichische Generalkonsul in Belgrad korrupt war, stellte der Zeuge fest: “In Serbien hat man überall davon erzählt. Das war ein offenes Geheimnis.”

Die begehrten Visa wären allerdings nicht nur an der österreichischen Vertretungsbehörde, sondern “in allen Botschaften” zu bekommen gewesen, deponierte der Mann, der aus Angst vor möglichen Repressalien in seiner Heimat im Gerichtsakt als anonymisierter Zeuge “R” geführt wird und auch vor Richter Peter Liebetreu seine Identität nicht preisgeben wollte. Dass für das ersehnte Papier ein entsprechendes “Körberlgeld” abzuliefern war, habe niemanden aufgeregt: “Alles kostet etwas! In Serbien muss man immer bezahlen!”

Als der mittlerweile verstorbene Generalkonsul nach Belgrad versetzt wurde, reisten ihm die Vermittler mit ihren Visa-Werbern busweise hinterher. “Es gab nur dann keine Visa, wenn der Konsul im Urlaub war”, wusste der Zeuge. Offenbar hatte er den angeklagten Vize-Konsul nicht kennengelernt, der sich nun mit fünf Mitbeschuldigten wegen Amtsmissbrauchs, Schlepperei und Bandenbildung vor Gericht verantworten muss, weil er sich eingestandenermaßen “schmieren” ließ und ebenfalls inhaltlich unrichtige Visa-Anträge stapelweise bewilligte.

Nach Darstellung des Zeugen war er bereits an der serbisch-ungarischen Grenze erwartet worden, als er erstmals in Ungarn für Bekannte Sichtvermerke erwerben wollte. Ein “Zwischenhändler” lotste ihn nach Budapest, wo man im Hotel “Ben Hur” rasch die Details klärte: Sein “Geschäftspartner”, der über die entsprechenden Kontakte in die österreichische Botschaft verfügte, verlangte 1.150 Euro für ein Drei-Monats-Visum. Eines für sechs Monate kostete 1.650 Euro. Selbst wenn der Visa-Werber abgelehnt wurde, waren im Nachhinein 600 Euro als “Aufwandsentschädigung” zu entrichten.

Der serbische Agentur-Betreiber schlug dann noch 200 bis 300 Euro drauf, “weil ich ja auch Unkosten zu tragen hatte”, wie er nun im Zeugenstand darlegte. Seine “Schützlinge” hätten sich nach dem Bezahlen abseits von der Botschaft aufzustellen gehabt und “möglichst ruhig” auf die Ausstellung der Visa gewartet, um eine verdächtige Schlangenbildung tunlichst zu vermeiden, verriet der Insider.

Als sich Verteidiger Werner Tomanek bei dem Mann erkundigte, weshalb er eigentlich seine Identität nicht preisgeben wolle, obwohl er sich seinen Angaben zufolge gar nicht konkret bedroht fühle, bemerkte dieser, “die Polizei” habe ihm die Wahrung seiner Anonymität sowie “Straffreiheit” versprochen. Der Zeuge machte deutlich, dass er mit seinen Angaben nicht die serbische, sondern die österreichische Polizei meinte. Tomanek war verblüfft: “Das ist verwunderlich und mehr als aufklärungsbedürftig!”

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