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Vietnam: Todesopfer durch Geflügelpest

Vietnam hat am Freitag das siebente Todesopfer durch Geflügelpest innerhalb von drei Wochen gemeldet. Ein 47-jähriger Mann sei bereits am 10. Jänner in einem Hanoier Krankenhaus and der Krankheit gestorben.

Dies teilten die Behörden mit. Der jüngere Bruder des Mannes sei ebenfalls an der Geflügelpest erkrankt und befinde sich derzeit in stabilem Zustand.

Wegen des neuerlichen Ausbruchs der Krankheit sind in Vietnam bereits mehr als 360.000 Vögel geschlachtet worden. Im vergangenen Jahr starben 24 Menschen in Vietnam und zwölf in Thailand an der Vogelgrippe.

WHO warnt vor Vogelgrippe-Virus bei Vietnams Nachbarn

Die Situation in Sachen Vogelgrippe-Virus in Südostasien wird immer unangenehmer. Der zurzeit in Vietnam grassierende und auch für Menschen gefährliche Vogelgrippe-Virus (H5N1) könnte sich nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits auf die Nachbarländer ausgebreitet haben. Allein seit Dezember starben in Vietnam sieben Menschen an dem Virus des Typs H5N1.

Das Riesenproblem: Länder wie Vietnam, Laos Kambodscha und Burma haben weder die Geldmittel noch die Infrastruktur, für eine Überwachung der virologischen Situation – speziell von Zuchtbetrieben für Tiere. Westliche Experten aber tauchen nur in Krisenfällen – und dann bestenfalls kurzzeitig auf.

„Wenn es ein Problem gibt, fliegt jeder zu uns herein, verursacht ein gewisses Maß an Chaos, lässt sich wieder ausfliegen und hinterlässt nichts, um die Situation längerfristig zu verbessern“, sagte Dr. Jeremy Farrar, Chef der von der Oxford University am Spital für Tropenmedizin in Ho Chi Minh-Stadt betriebenen Forschungsabteilung, vor kurzem gegenüber der britischen Wissenschaftszeitschrift „Nature“.

„Länder wie Kambodscha, Laos und Birma haben nicht die Infrastruktur oder Kapazität, um die nötige Überwachung zu leisten“, warnte am Freitag Peter Cordingley, WHO-Sprecher für die Region Westlicher Pazifik am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. „Es könnte Fälle menschlicher Ansteckungen gegeben haben, die nicht erkannt und gemeldet wurden.“

Staatliche vietnamesische Medien berichteten am Freitag, ein weiterer Landsmann, ein 47-jähriger Mann, sei an einer Infektion mit dem H5N1-Virus verstorben. Auch ein jüngerer Bruder des 42-Jährigen sei mit dem Virus infiziert. Dies vergrößerte die Sorgen, der Virus könne sich bald so weit entwickelt haben, dass er von Mensch zu Mensch übertragen werden kann.

Dabei wäre es unerhört wichtig, gerade in den bevölkerungsreichen Staaten Südostasiens ein funktionierendes Überwachungssystem für neu auftauchende Influenza-Virus-Stämme einzurichten. Dort – über einen Austausch von Influenza-Viren zwischen Geflügel (Hühner, Enten), Schweinen und dem Menschen – ist nämlich die Brutstätte, aus der eine Influenza-Pandemie ähnlich der „Spanischen Grippe“ kommen könnte. Nur durch die Überwachung von Farmen und Zuchtbetrieben sowie von bei Menschen auftretenden Infektionen könnte im Fall des Falles rechtzeitig Alarm geschlagen werden.

Doch die Realität – auch so Anfang des Jahres 2004, als die Vogelgrippe in Vietnam grassierte – sieht anders aus. Die Menschen sind auf Geflügel und deren Zucht angewiesen. Enten werden zum Beispiel durch Vogelgrippe-Viren nicht krank, können aber mit ihrem Kot massenhaft Erreger ausscheiden und als „Wirtsorganismen“ die Krankheitserreger im Umlauf halten.

Erreger passen sich an Säuger

Das Enge Zusammenleben zwischen Geflügel, Schweinen und Menschen in Südostasien gilt als die ideale Brutstätte für neue und für den Menschen gefährliche Influenza-Viren. „Das Hinterland von Vietnam ist aus rein praktischen Gründen eine riesige Freiluft-Farm“, sagte Atnon Rychener, Chef des FAO-Büros in Hanoi.

Die Gefahr für eine neue Pandemie könnte bereits größer als allgemein bekannt sein. Wissenschaftliche Untersuchungen mit Vogelgrippe-Erregern von Typ H5N1 – er könnte gefährlich werden, wenn er sich von Mensch zu Mensch weiter zu verbreiten beginnt – haben nämlich ergeben, dass gewisse Varianten für Säugetiere und den Menschen offenbar immer gefährlicher werden.

US-Experte Robert Webster von der Universitätsklinik in Memphis hat erstmals Belege dafür gesammelt, dass Vogelgrippe-Viren vom Typ H5N1 Schweine infizieren können. Sie sind aber auch durch Influenza-Erreger des Menschen ansteckbar und bilden einen idealen Wirtsorganismus für Pandemie-Erreger. Das Spektrum der durch H5N1-Influenza-Erreger infizierbaren Tierarten dürfte sich aber noch vergrößeren. Viren von einem vietnamesischen Patienten konnten auf Hauskatzen übertragen werden.

Katzen sind aber normalerweise für Influenza A-Viren, zu diesen gehört H5N1. Der evolutionäre Anpassungsdruck treibt somit die Vogelgrippe-Erreger immer mehr an die Menschheit heran. Webster konnte übrigens durch mehrfache Infektion von Mäusen seit 1999 zeigen, dass H5N1 (diese Viren stammten aus dem Ausbruch in Südchina) mit der Zeit immer schwerere Krankheitserscheinungen hervorriefen.

Doch die Notwendigkeit einer ständigen und großräumigen virologischen Überwachung der bei Haustieren in Südostasien vorkommenden Krankheitserreger ist derzeit noch ein Wunschtraum. Vorerst sind die Experten aus der westlichen Welt offenbar vor allem auf wissenschaftlichen Ruhm, Ehre und vor allem Virusproben von Infizieren aus.

„Jeder ist willkommen. Aber man kann nicht einfach nur herkommen und Proben einkassieren“, sagte Kenjiro Inui, Virologe am Nationalen vietnamesischen Institut für Veterinärmedizin. Sein Kollege Nguyen Tien Dung fügte gegenüber „Nature“ hinzu: “… und dann davon laufen.“

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