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Vier Jahre plus Widerruf für früheren Wiener FPÖ-Bezirksrat

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Der frühere, 1994 aus der Partei ausgeschlossene freiheitliche Wiener Bezirksrat Wolfgang F. ist am Montagabend im Wiener Straflandesgericht zum dritten Mal wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung nach dem Paragrafen 3h Verbotsgesetz schuldig gesprochen worden.

Ein Schwurgericht verhängte über den 56-Jährigen vier Jahre unbedingte Haft, außerdem wurden zwei “offene” bedingte Freiheitsstrafen aus den vorangegangenen Strafverfahren widerrufen, so dass der Mann bei Rechtskraft des Urteils insgesamt sechs Jahre und fünf Monate zu verbüßen hätte.

Nach der Urteilsverkündung spielten sich im Verhandlungssaal dramatische Szenen ab. Während Richterin Martina Spreitzer-Kropiunik dem Ex-Politiker die Rechtsbelehrung erteilen wollte, sackte dieser zusammen. “Ein Kreislaufzusammenbruch”, murmelte der sichtlich gezeichnete Mann, ehe er zu Boden sank. Es dauerte Minuten, ehe aus der angrenzenden Justizanstalt Wien-Josefstadt die von der Richterin angeforderte ärztliche Hilfe zur Stelle war. Währenddessen kümmerten sich zwei Wachebeamte, eine Rechtspraktikantin und die Ehefrau des Ex-Politikers um diesen, der ständig bei Bewusstsein und auch ansprechbar war.

Bei Eintreffen des Ärzteteams hatte sich der 56-Jährige wieder so weit erholt, dass er aufstehen und wenn auch unsicher, so doch auf eigenen Beinen den Saal verlassen konnte. Während die Richterin die Verhandlung zu Ende brachte, wurde Wolfgang F. in die Krankenabteilung des Landesgerichtlichen Gefangenenhauses geführt, wo ihm weitere medizinische Betreuung zu Teil wurde. Dem Vernehmen nach soll es sich um keine massiven oder gar lebensbedrohlichen gesundheitlichen Probleme handeln.

Bei einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren wertete das Gericht vor allem die einschlägigen Vorstrafen sowie den raschen Rückfall des 56-Jährigen als besonders erschwerend. Knapp ein halbes Jahr, nachdem er vorzeitig bedingt entlassen worden war, hatte er neuerlich E-Mails versandt, in denen er die Gaskammern im Dritten Reich anzweifelte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verteidiger Harald Schuster meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, Staatsanwalt Michael Klackl gab vorerst keine Erklärung ab.

Wolfgang F. hatte im Vorjahr mit einem “Appell an alle anständigen Österreicher” ein Volksbegehren zur Abschaffung des Verbotsgesetzes (VerbotsgG) in die Wege leiten wollen. In dem an mehrere hundert Personen – darunter etliche Nationalratsabgeordnete und Landeshauptleute – gerichteten Schreiben forderte er zur Unterzeichnung einer entsprechenden Unterschriftenliste auf.

In einem Brief an die Bischofskonferenz, der in Kopie auch an Papst Benedikt XIV ging, wetterte der Mann gegen die “satanische Lüge vom Massenmord”. Den Holocaust bezeichnete er als “vorgetäuschte, surreale Gräuel”. “Die Juden” hätten die angebliche Existenz von Gaskammern in die Welt gesetzt, um dafür nach Kriegsende “ungerechtfertigte Zahlungen kassieren zu können”.

In der nunmehrigen Verhandlung hatte sich der frühere Kommunalpolitiker “absolut nicht schuldig” bekannt. Das Schreiben an die Bischofskonferenz sei “vertraulich” und nicht zur Verbreitung gedacht gewesen. Zu weiteren inkriminierten Briefen – etwa an Außenministerin Ursula Plassnik – meinte er, der Staatsanwalt habe “Datenmüll” herangezogen, “um eine Anklage zu konstruieren”.

Das Volksbegehren habe er deswegen in die Wege leiten wollen, weil ihn “hochrangige Beamten aus einem Ministerium” um ein Treffen gebeten hatten und er sich ihrer Unterstützung versichert hätte. Aufgrund des Verbotsgesetzes gelte Österreich im arabischen Raum und in islamistischen Staaten als “Hochburg der verlogenen Propaganda”. Es sei “nur mehr eine Frage der Zeit, bis es erste Bombenanschläge gibt”, versicherte der 56-Jährige. Er habe dies verhindern wollen und die Aufforderung, die entsprechende Unterschriftenliste zu unterschreiben, daher auch “an alle arabischen Botschaften geschickt, damit das nach oben durchdringt”.

In Bezug auf den Holocaust behauptete der 56-Jährige in seiner Einvernahme, diesen habe “eine kleine Minderheit bezeugt”. Weiters gab er zu Protokoll: “Mit Zyklon B oder Diesel-Abgasen kann man keine Gaskammern betreiben! Das ist physikalisch nicht möglich.”

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