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Vier Jahre GC: Die neue Leadership

Nun ist eingetreten, was keiner 2002 erwartet hätte. Nicht einmal Insider würden darauf gewettet haben: Die Games Convention ist die bedeutendste Messe in Sachen E-Gaming überhaupt.

Dieses Jahr werden 150.000 Besucher erwartet. Der erste Messetag gibt Veranstaltern und Ausstellern Grund zur Hoffnung, diese magische Grenze zu knacken. Bereits am Eröffnungstag kommt man in Leiptzsch auf 32.000 Besucher. Dazu trudelten insbesondere am Pressetag noch 2.000 JournalistInnen aus 35 Ländern unserer Erde sowie 4.000 Fachbesucher ein. Auch die Ausstellerzahl ist ja bekanntermaßen von 280 auf 368 explodiert, jede namhafte Firma der Spielebranche ist praktisch in Leipzig vertreten. Doch wie sieht unter dem Strich die GC aus? Was bringt die Messe an interessantem Neuem? Leider nicht so viel wie erwartet, so mein Eindruck beim Besuch.

Viel Gewalt, weniger Innovation

Eines vorweg: In punkto Entertainment und Präsentation hat die GC die E3 in Los Angeles längst schon eingeholt. Der Aufwand, der mittlerweile für das Design mancher Stände betrieben wird, ist schlichtweg grandios und kann so manchem Vergnügungspark in punkto Dekoqualität das Wasser reichen. Auch werden so manche Softwaretitel bereits in einem recht frühen Stadium, dem sogenannten Alpha Stadium gezeigt. Ein Blick hinter die Kulissen für jedermann sozusagen.

Pixelblut als Verkaufsargument?

Was das Spiele Line-Up anbelangt, so habe ich für meinen Geschmack etwas zu viel 16er und 18er Bereiche gesehen, auch Spiele für ab 12 driften leider immer mehr in Richtung Gewalt. Fast scheint es, als ob es künftig genügt, möglichst viel Gewalt in ein Spiel zu packen und drumherum auf die Schnelle ein einfallsloses Game zu basteln, Verkaufserfolg garantiert. Manche Firmen pfeifen sogar auf Altersfreigaben oder die Tatsache, dass ihre Titel in Deutschland auf dem sogenannten Index für jugendgefährdendes Medienmaterial landen. Denn egal welchen Alters, scheinen die Bemühungen der zumeist jugendlichen Gamer umso größer zu sein, umso schwerer es ist, an ein Game zu kommen. Da sollten diese Firmen dann aber nicht jammern, wenn ihre Spiele raubkopiert und auf Schulhöfen verteilt werden – eine traurige Entwicklung.

And the Winner is: Nintendo Wii

Innovation ist im Bereich Nintendo abzusehen. Deren Gamecube-Nachfolger Wii protzt zwar nicht mit nackten Leistungsdaten aber dafür mit einem innovativen bewegungssensitiven Controller und kindertauglichen aber auch für Erwachsene witzigen Games.

Playstation 3? Fehlanzeige

Sony sollte eigentlich mehr von der PS3 zeigen, doch ähnlich wie Microsoft letztes Jahr anlässlich der Präsentation der Xbox 360 gab´s am zugegebenermaßen wieder einmal extrem lässigen und gemütlichen Sony-Stand nur einen Dummy und selbstablaufende Videos zu bestaunen. Das sorgte nicht nur bei den Fachbesuchern und JournalistInnen für lange Gesichter. Ein Armutszeugnis, wenn man bedenkt, wie bald die neue Playstation in den Läden stehen soll, noch dazu für einen Riesenhaufen Euros.

Fliegen at it´s best: Flightsimulator X

Bei Microsoft fiel mir nebst Zusatzhardware für die 360 und einigen kommenden 360er Titeln insbesondere der neue Flight Simulator X auf. Fans von Flugsimulationen kommen um diesen wohl bald erscheinenden zehnten Teil der Serie definitiv nicht herum. Hochauflösende Satellitenbilder der Landschaften sowie höchst detaillierte Modelle der Fluggeräte sorgen nebst neuerdings missionsbasiertem „Gameplay“ wohl ab Ende Herbst für ein zufriedenes Grinsen nicht nur auf Gesichtern der Fans der Serie.

Onlinerollenspiele auf dem Vormarsch

Einige spannende Onlinerollenspiele, bei denen leider bei manchen der Schwerpunkt auf fröhliches Gemetzel unter Spielern, sogenanntes PVP (frei nach dem Motto: Geschichten die das Leben schrieb, geht es hier auch virtuell gegeneinander statt miteinander). Meine persönlichen Geheimtips: Das bald erscheinende Spellborn (www.spellborn.de) und insbesondere auch für Fans des Genres: Herr der Ringe Online. Beide Titel machen sowohl grafisch als auch spielerisch einen netten Eindruck. Eher seltsam fand ich Archlord – aber na ja, wer Herrscher des Servers werden will – da wird nämlich PVP groß geschrieben. Auch das schmucke und kostenfreie Guild Wars lockt mit einem neuen Addon – die Alternative schlechthin für Leute, die´s am spaßigsten finden, ihre Mitspieler abzuschlachten. Guild Wars war im übrigen mit einem der schönsten Stände der Messe vertreten.

Der brennende Kreuzzug

Wenn man von Onlinerollenspielen spricht, dann darf natürlich der König des Genres nicht außen vor gelassen werden: World of Warcraft präsentierte sich mit einem sehr coolen aber auch sinnvollen Stand, da eine Unzahl von Zockplätzen vielen die Möglichkeit geben wird, das auf Ende des Jahres heiß erwartete Addon „Burning Crusade“ anzuzocken. Ich fand insbesondere die leider noch nicht spielbar gewesenen Draenei-Damen cool, die Blutelfen sehen bei manchen Animationen noch, na ja, sagen wir, seltsam aus. Das Startgebiet der Blutelfen, neben den Draenei die zweite neue spielbare Rasse, ist wunderschön, die Gebäude haben eine ganz eigene, besondere orientalisch anmutende Architektur. Draenei Herren sehen leider aus wie ein Bodybuilder auf einer Extraladung Steroiden. Mich faszinierte besonders das kommende neue Handwerk namens Juwelenschleifen. Einen kurzen Blick mit fertigen Level 62er Charakteren (die bisherige Obergrenze lag bei 60, mit dem Addon geht’s rauf auf 70) in die sogenannte neue Scherbenwelt gab´s auch, schon nach kurzer Zeit stieß man jedoch an unsichtbare Mauern, bei der Landschaft und den meisten Monstern und Gegnern gab’s ein kräftiges Deja Vu. Mal schaun, was das Addon noch bringt, wenn’s denn kommt.

Häppchenweise Innovation

Wenn man sehr genau suchte, dann konnte man auch einige Perlen in punkto Innovation finden, hier hebt sich insbesondere Spore wohltuend hervor. Diese Mischung aus Tamagotchi und Sims wird, wie einige neue Titel vor allem Mädchen und Frauen als Käuferschicht ansprechen. Mal sehen, ob diese Strategie, die ein wenig unter den ganzen Gewaltorgien für männliche Spieler fast untergeht, bestehen kann. Auch jede Menge Racegames gab es zu bestaunen, Sportspiele und natürlich Echtzeitstrategie. Hier ist besonders Anno 1701 zu erwähnen, das demnächst erscheint und einen wirklich tollen Eindruck machte, sowohl optisch als auch spielerisch.

Rollenspielhit aus deutschen Landen

Im Rollenspielbereich wäre noch Gothic 3 zu erwähnen, eine Edelproduktion aus deutschen Landen, auf die tausende Fans weltweit schon sehnsüchtig warten. Das Game sah fantastisch aus und spielt sich wohl sehr gut. Ansonsten Fortsetzungen, Neuinterpretationen und der übliche Mix an Bekanntem. Innovationen musste man mit der Lupe suchen. Aber damit man das leichter übersieht, gibt’s ja die jedes Jahr allgegenwärtigen knapp bekleideten Messebunnies. Glücklicherweise nicht in der GC Family-Halle, in der sinnvolle und altersangepasste spielerische Lern-Software für die Kids gezeigt wurde. In der hielten sich aber auch kaum Journalisten auf, um vielleicht auch über derartige Konzepte ein paar Zeilen zu verlieren, – die zockten lieber in der 18er Zone, wo das Pixelblut hektoliterweise floss. Schämt Euch, liebe Kollegen unserer Zunft!

Stars und solche, die es gerne wären

Dass Zocken jedoch mehr und mehr salonfähig ist, bewiesen auf der GC dieses Jahr Erkan & Stefan, Verona Poth, Jörg Pilawa und Möchtegern-Stars wie Schnulzenking Nevio, die sich zu Werbezwecken an den Ständen einfanden.

Fazit
Die GC ist einen Trip wert (geht noch bis einschließlich Samstag, den 26. August 2006), für die Anreise nach Leipzig muss man etwa 6 bis 8 Stunden Anfahrt rechnen. Für die 2007er Ausgabe würde ich mir mehr Substanz wünschen, mehr Innovation, weniger Brimborium und weniger gequält lächelnde Messebabes. Denn genau diese Umstände haben der E3 als Großveranstaltung den Todesstoß versetzt, liebe Leipziger! Ansonsten – super Veranstaltung – der Treff schlechthin für GamerInnen aus aller Welt.

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