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Viennale 10 - US-Promi-Porträts

©Robert Newald
Die spannendsten Porträt-Dokus bei der Viennale: Scorsese ist gelassen, Phil Spector einsam, Ron Galella verrückt und Candy Darling im falschen Körper.
Ein Porträt stellt uns oftmals nicht nur einen Menschen vor, sondern bringt uns auch jene Zeit nahe, die ihn berühmt gemacht hat. In den Porträt-Dokus im diesjährigen Viennale-Programm ist das vor allem das Amerika der 60er und 70er Jahre: Der 2009 wegen Mordes verurteilte Musikproduzent Phil Spector schwelgt in Erinnerungen an die Blütezeit des Rock’n’Roll, der Paparazzo Ron Galella wird zur Galionsfigur für eine längst vergangene Hollywood-Ära, während Candy Darling die Schattenseiten der New Yorker In-Szene sichtbar macht. Einen, der damals erst anfing, besuchte US-Avantgarde-Filmemacher Jonas Mekas am Film-Set: Martin Scorsese.

“Das ist auch Ihr Zuhause, Sie sind bei allem dabei” wird Jonas Mekas am Set von “The Departed” gesagt. Der gebürtige Litauer, eine Größe im amerikanischen Avantgardekino, ist hier, um für seine Doku “Notes on an American Film Director at Work” dem Starregisseur Martin Scorsese über die Schulter zu schauen. Mit wackeliger Kameraführung sieht er sich um, der Zuseher wird zum stillen Schaulustigen, der von weitem näher zoomt, wenn Scorsese seinen Schauspielern Anweisungen gibt. Mekas zeigt Scorsese gelassen auf seinem Regie-Stuhl, stark gestikulierend, zähneknirschend oder zustimmend nickend. Eine desorganisierte Beobachtung, die das Set eines spektakulären Films so zeigt, wie es ist: eigentlich ziemlich uninteressant. (22.10., 11.00, Künstlerhaus Kino / 28.10., 13.30, Urania)

Nicht zum Schaulustigen, sondern zum Geschworenen wird der Zuseher in “The Agony and the Ecstasy of Phil Spector”, Porträt-Doku und Musikfilm in einem. Vikram Jayanti interviewte Phil Spector kurz vor jener Gerichtsverhandlung, bei der sich der legendäre Musikproduzent von Größen wie John Lennon und Tina Turner wegen Mordes an der Schauspielerin Lana Clarkson verantworten musste. Die Anklage selbst thematisiert Spector nicht, stattdessen spricht er über Erfolg, Einsamkeit, Schmerz. Die Doku verarbeitet seine Erzählungen durch das, für das er in Erinnerung bleiben will – die Musik – und ergründet sein Wesen durch Songtexte seiner Hits. Dabei sehen wir ihn im Gerichtssaal, hören Plädoyers und Zeugenaussagen. Die zu Diskussionen anregende Doku erzählt allein aus Spectors Blickwinkel und erinnert an jene Zeit, in der er noch genialer Musikproduzent war – bevor er schließlich zu 19 Jahren Haft verurteilt wurde. (23.10., 23.00, Gartenbaukino / 24.10., 13.30, Urania)

Jene Stars, die Phil Spector produzierte, hatte Ron Galella vor der Kameralinse. Der Paparazzo sorgte spätestens in den 70ern durch den Gerichtsprozess mit Jacqueline “Jackie O” Kennedy, die ihn wegen Stalkings angeklagt hatte, für Aufsehen. Als Oscarpreisträger Leon Gast (“When we were kings”) über ihn die Doku “Smash his Camera” dreht, ist Galella 77 Jahre alt und noch immer neugierig. Entstanden ist ein unterhaltsamer Film, nicht nur über einen leidenschaftlichen, kauzigen Mann, sondern auch über eine lang vergangene Ära, gespickt mit Anekdoten, Fotos und Interviews mit Wegbegleitern, die Galella entweder bewundern oder verachten. Zeitgleich zieht die Doku einen Bogen zum Geschäft der Paparazzi damals und heute, stellt Fragen rund um Privatsphäre und Recht auf das eigene Bild, die bis heute ungeklärt sind. (24.10., 23.30., Künstlerhaus Kino / 25.10., 13.00, Gartenbaukino)

Candy Darling, transsexuelle Muse Andy Warhols, hat sich zu Lebzeiten die Aufmerksamkeit von Paparazzi und Medien gewünscht. James Rasin zeichnet mit “Beautiful Darling: The Life and Times of Candy Darling, Andy Warhol Superstar” das Porträt einer undurchschaubaren Person und gleichzeitig die bewegende Geschichte eines Menschen im falschen Körper, der nie zu seiner Identität fand. Alte Filmaufnahmen zeigen Candy mit Tennesse Williams und Andy Warhol; ein Mix aus Interviewpartnern erstellt ein Bild der verführerischen New Yorker In-Szene der 60er Jahre. “Ich muss New York erobern. Oder ich werde erobert”, schrieb Darling in ihr Tagebuch, das aus dem Off gelesen wird. Als Protagonist und Bereicherung gilt Candys langjähriger Freund Jeremiah Newton. (27.10., 11.00, Urania / 29.10., 23.30, Künstlerhaus Kino)

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