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Viele träumen von der Treue

Mit 37 Jahren ist Matthias noch auf der Suche. Der Hamburger liebt zwar seine fünf Jahre jüngere Freundin, will auch Kind und Familie.

„Aber dann soll auch alles passen“, sagt er. Und trotz aller Lust, mit seiner Liebsten zusammen zu sein, beschleichen ihn nach zwei Jahren Beziehung doch schon leise, aber bohrende Zweifel – „vielleicht trenne ich mich auch von ihr“, meint Matthias. So wie bei ihm hält das Liebesglück heute bei vielen immer kürzer. Treue aber ist eher wieder wichtiger geworden.

„Die Ansprüche an die Partnerschaft sind enorm gestiegen, die Zahl der Trennungen auch“, sagt Gunter Runkel, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung (DGSS). Treue, toller Sex, romantische Liebe – für Trendforscher Andreas Steinle ist „die glückliche Paarbeziehung die letzte Großutopie“. Der Geschäftsführer des Hamburger Trendbüros sieht den Stellenwert der Liebesträume angesichts anderer Unwägbarkeiten gewachsen, wegen unsicherer oder unbefriedigender Jobs etwa.

Wie sich das Sexleben durch die gesellschaftlichen Umbrüche verändert hat, steht auch im Focus beim DGSS-Kongress „Sexualität und Sozialer Wandel“ im Juni. „Beispielsweise haben die Menschen heute viel höhere Orgasmuserwartungen“, sagt DGSS-Präsident Runkel. Mit wöchentlich zwei bis drei Mal steht Sex nach der jüngsten Umfrage des Kondomherstellers Durex mit im Zentrum vor allem bei jüngeren Paaren. Experimentierfreude, Spontaneität, verschiedene Techniken – in sexueller Hinsicht sind die Sehnsüchte riesig.

Auch auf innere Werte wird stärkster Wert gelegt. „Die allermeisten sind treu“, sagt etwa der Leipziger Sexualwissenschaftler Kurt Starke. „Die Seitensprungrate ist niedrig.“ Zwar hätten ein bis zwei Fünftel der Menschen schon einmal ihre Partner betrogen. Doch für die wenigsten seien Seitensprünge oder schnell wechselnde Sex-Beziehungen besonders wichtig im Leben.

Entsprechend ernst und notfalls reuig wird das Thema Treue und Treueverrat auch in den entsprechenden Zeitschriften abgehandelt. „Ab welchem Punkt fange ich an, meinen Partner zu betrügen?“, fragt eine Frau bang im Online-Forum der Zeitschrift „Brigitte“. Selbst die Männerzeitschrift „Men’s Health“, die Männern mit besonderen sexuellen Wünschen Tipps gibt, rät zur Treue – und zu Sexabenteuern mit der eigenen Frau („So wird Ihre Süße verrucht“).

Doch gerade weil alles stimmen soll, ist die Liebe in Gefahr. „Viele sind dann nicht bereit, Probleme langfristig zu bearbeiten, sondern trennen sich lieber“, sagt Runkel. „Die 30-Jährigen hatten im Durchschnitt heute schon mehr feste Beziehungen in ihrem Leben als heute 60-Jährige“, hat Beziehungsforscher Starke ermittelt. Monogamie ja – aber seriell, wie es die Soziologen nennen. Auf rund 400 000 Eheschließungen jährlich kommen in Deutschland derzeit nach Angaben des Statistischen Bundesamts rund 200 000 Scheidungen.

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