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Viele Geheimnisse umranken Tutanchamun

Tutanchamun: Kurze Regentschaft, dauerhafter Archäologie-Star. Der berühmteste Pharao beschäftigt die Wissenschaft schon lange, so manche Frage ist dennoch bis heute offen.

“Können Sie etwas sehen?” fragte der Geldgeber Lord Carnarvon, als der Brite Howard Carter als erster in das dunkle Grab des Tutanchamun (oder Tut Ench Amun) hineinsah. “Ja, wundervolle Dinge”, war die berühmt gewordene Antwort. Die Entdeckung des Grabes des mittlerweile weltberühmten Pharaos vor 85 Jahren brachte nicht nur “wunderbare Dinge”, sondern neue wissenschaftliche Erkenntnisse und einen 3.500 Jahre alten Kriminalfall. So manche Frage ist bis heute offen.

Auch wenn Tutanchamun seit der Grabentdeckung im wissenschaftlichen Interesse steht – viel weiß man nicht von ihm. Der ursprünglich Tutankhaten (oder Tut Ench Aton)genannte Sohn des Pharaos wurde um 1343 vor Christus geboren und bestieg noch als Kind um 1333 vor Christus den Thron. Lange hat er nicht geherrscht: Neun Jahre hatte er den Thron als einer der letzten Könige der 18. Dynastie des alten Ägypten inne, noch bevor er 20 Jahre alt war, starb er im Jahr 1323. Die Todesursache ist ungeklärt. Davor hat er ein Hauptwerk seines Vaters ungeschehen gemacht: Tutanchamun führte die alten Gottheiten wieder ein, die Akheneaten (oder Echnaton) durch eine monotheistische Religion ersetzen wollte, auch machte er Theben wieder zum religiösen und Memphis zum administrativen Zentrum Ägyptens. Seinen Namen änderte er zu Ehren des Gottes Amun.

Allein aus diesen Lebensdaten heraus wäre wohl das Interesse an Tutanchamun nicht überragend. Doch 1922 wurde das unversehrte Grab durch Howard Carter im Tal der Könige entdeckt – und ab da faszinierte der Pharao Wissenschafter, Publikum und Horrorroman-Autoren gleichermaßen. Denn mit dem Auswickeln der Mumie und den ersten Untersuchungen ab dem 11. November 1925 hat Carter nicht nur irgendeinen Pharao gefunden, sondern einen Star der Archäologie geschaffen. Mehr als 5.000 zum Teil hervorragend erhaltene Grabbeigaben wurden gefunden, darunter die berühmte Totenmaske des Pharaos, die wegen ihres fragilen Zustands Ägypten nicht mehr verlassen darf.

Im Oktober 1926 hüllte Carter die sterblichen Überreste von Tutanchamun wieder ein, und ihm wurde eine (vergleichsweise kurze) Totenruhe gewährt: 1968 wurde Tutanchamun wieder Studienobjekt und mit Röntgenaufnahmen untersucht. Und diese lieferten neue Indizien im Kriminalfall Tutanchamun: Spuren eines Schlages auf den Kopf wurden als Hinweis auf die Ermordung durch seinen Nachfolger Eje gedeutet. Computertomographie-Aufnahmen aus dem Jahr 2005 haben dies jedoch widerlegt, internationale Forscher weisen nun stattdessen auf eine Verletzung am Bein hin, die von einem Schwerthieb stammen könnte. Todesursache könnte eine Infektion in Folge dieser Verletzung gewesen sein. Die neue Theorie beruhe auf dem Fund von Einbalsamierungsflüssigkeit und Teilen der Kleidung in der Kniescheibe der Mumie. Dies beweise, dass die Wunde noch offen war, als die Leiche einbalsamiert wurde, sagten die Forscher 2006.

Seit 2007 können Besucher den zu Lebzeiten rund 1,70 Meter großen Tutanchamun in einem Plexiglas-Spezialsarg im Tal der Könige betrachten, und nicht nur für den Tourismus, auch für die Wissenschaft bleibt das Grab eine Goldgrube: So wurden u.a. gut erhaltene Früchte, Rotweinspuren und Föten (wahrscheinlich von Töchtern Tutanchamuns) gefunden.

Angst vor dem “Fluch des Pharao” brauchen Museumsbesucher übrigens keine zu haben: Eine 2002 im “British Medical Journal” veröffentlichte australische Studie hat gezeigt, dass diejenigen Personen, die bei der Graböffnung 1923 dabei waren, statistisch gesehen nicht wesentlich früher gestorben sind. Doch der Mythos bleibt – der Finanzier der Graböffnung, Lord Carnarvon, ist nur zwei Wochen später gestorben, sechs der Anwesenden innerhalb der auf die Graböffnung folgenden zehn Jahre. Einige Wissenschafter glauben, dass ein Schimmelpilz in dem Grab damals zum frühen Ableben einiger Beteiligter der Expedition führte.

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