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Victoria - Trailer und Kritik zum Film

Selten zuvor hat sich Kino so unmittelbar angefühlt: In die letzten 140 Minuten einer Berliner Nacht packt Regisseur Sebastian Schipper ein Generationenporträt, eine Liebesgeschichte und einen Banküberfall - und das in einer langen Einstellung ohne einen einzigen Schnitt.

Das Ergebnis, “Victoria”, ist ein elektrisierendes Filmereignis, dem man sich unmöglich entziehen kann. Ab Freitag im Kino.

Victoria – Die Geschichte

Wir treffen Victoria (Laia Costa) auf der Tanzfläche eines Berliner Techno-Clubs: Es ist 4.30 Uhr, sie will nach Hause, sich noch kurz hinlegen, bevor sie um 7 Uhr das Cafe, in dem sie jobbt, aufsperrt. Auf dem Weg in die Nacht hinaus trifft die junge Spanierin auf Sonne (Frederick Lau) und seine Kumpels Boxer (Franz Rogowski), Blinker (Burak Yigit) und Fuß (Max Mauff). Sonnes Charme treibt sie mit auf ein Hausdach hinauf, die Fünf trinken soeben geklautes Bier, plaudern, rauchen Gras, ehe Sonne Victoria ins Cafe begleitet.

Die Zweisamkeit wird bald gestört: Boxer stürmt herein, er schuldet einem Typen aus seiner Zeit im Gefängnis noch einen Gefallen. Vier Personen soll er für einen spontanen Banküberfall stellen – doch der geplante Vierte, Fuß, übergibt sich gerade sturzbetrunken auf den Fußboden. Also springt Victoria ein, macht sich mit den Dreien auf den Weg. Doch was anfangs tatsächlich hinhaut, hat für alle Beteiligten teils fatale Folgen…

Es ist bis zuletzt erstaunlich, was der deutsche Regisseur Sebastian Schipper und sein Team da auf die Beine gestellt haben: Wo Filme wie zuletzt “Birdman” mit Tricks arbeiteten, um Szenen wie aus einem Guss erscheinen zu lassen, ist “Victoria” gnadenlos in seiner Machart. Beginnend in einem eigens gebauten Club, durchliefen die herausragenden Schauspieler und das Filmteam in den Morgenstunden des 27. April 2014 in Echtzeit 22 Motive, vorbei an 150 Komparsen, bis über den Sonnenaufgang hinaus. Bei der diesjährigen Berlinale sorgte das im Wettbewerb zurecht für Furore, ließ Kritiker Vergleiche zu Tom Tykwers Kultfilm “Lola rennt” (1998) ziehen, in dem Schipper sogar einen Auftritt hat. “This film rocked my world” konstatierte Jurypräsident Darren Aronofsky – und verlieh am Ende dem norwegischen Kameramann Sturla Brandth Grovlen den Silbernen Bären für seine schweißtreibende Meisterleistung.

Victoria – Die Kritik

Lässt man sich anfangs noch von der Frage der Machbarkeit ablenken und wundert sich, wie der Kameramann jetzt unbemerkt mit im Auto gelandet ist, ist man schnell mittendrin, erfasst von der unbändigen Energie, die diesen Film ausmacht. Denn “Victoria” funktioniert auch über die logistische Meisterleistung hinaus: Innerhalb von 140 Minuten wandelt sich der Streifen fließend von der dialoglastigen, sich anbahnenden Romanze zum rasanten, den Puls höher werden lassenden Thriller, der den Zuseher vor Spannung regelrecht in den Kinosessel drückt und zum das Geschehen mitunter überblendenden Elektro-Soundtrack von Nils Frahm mitgehen lässt.

Getreu Sonnes Ausspruchs “Das wahre Berlin ist auf der Straße” bleibt das Geschehen auch ebendort. Ganz nebenbei gelingt damit das Porträt einer umtriebigen Jugend, die scheinbar nichts besitzt und dementsprechend wenig zu verlieren hat – nicht umsonst amüsieren die Burschen Victoria erstmal mit Schummeleien, was “unser Auto”, “unser Laden” oder “unser Dach” betrifft. Zeitgleich ist “Victoria” ein puristisches Bild einer Stadt als Sammelbecken für hoffnungsvolle Auswanderer wie Victoria. Warum die sich auf das krumme Ding ihrer neuen Bekannten einlässt, wird zuvor plausibel eingeführt. So richtig konstruiert wirkt die unglaubliche Geschichte also nie – auch wenn das Auftreten des stereotypen Gangsters Andi (Andre M. Hennicke) den davor stimmigen Fluss kurz zu unterbrechen droht.

In geradezu jeder Einstellung sind die unweigerlichen Stars des Films im Bild. Der spanischen Nachwuchsschauspielerin Laia Costa als authentische, risikofreudige Frohnatur steht der seit Kindesbeinen schauspielernde Frederick Lau (“Neue Vahr Süd”) gegenüber: Ein gewiefter Berliner Typ mit rauem Charme, “Street Credibility” und einem unzerstörbares Selbstbewusstsein, das der “Hollywood Reporter” gar mit einem jungen Marlon Brando vergleicht. Dass die beiden sich durchgehend auf – in Sonnes Fall holprigem – Englisch unterhalten, lässt darauf hoffen, dass der Film auch über den deutschsprachigen Raum hinaus die Aufmerksamkeit erhält, die er verdient.

(APA)

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