VfGH-Urteil zu ORF: So reagieren die Parteien

Man werde "unverzüglich die Arbeit an einer Gremienreform im ORF" aufnehmen, heißt es von der Grünen Mediensprecherin Eva Blimlinger nach dem vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) veröffentlichten Erkenntnisses, in dem Teile der Bestimmungen zu den ORF-Gremien als verfassungswidrig angesehen werden.
Grüne sehen in VfGH-Urteil Auftrag an Regierung
Man nehme "das heute veröffentlichte Erkenntnis des VfGH sehr ernst" und verstehe es "als Auftrag an die aktuelle Bundesregierung", um nach "eingehender Prüfung" der VfGH-Ausführungen tätig zu werden, so Blimlinger. Der VfGH hat der Politik eine Frist bis zum 31. März 2025 zur Reparatur des ORF-Gesetzes eingeräumt. Diese Frist bedeute, dass die amtierende Regierung das Vorhaben "umsetzen muss, damit es zeitgerecht dem Parlament zugeleitet werden kann".
"Das Erkenntnis des VfGH wurde uns übermittelt und wird derzeit von den Fachexpertinnen und Fachexperten des Verfassungsdienstes geprüft. Überraschend ist jedenfalls, dass die Gremienstruktur seit Jahrzehnten im Wesentlichen unverändert ist, und dies jetzt mit einem Mal verfassungswidrig ist", heißt es in einer Stellungnahme des von Susanne Raab (ÖVP) geführten Medienministerium gegenüber der APA.
Seitens der Grünen fordere man "seit Jahren eine Gremienreform, in der Vergangenheit gab es jedoch in keiner Regierung eine Mehrheit für dieses Vorhaben. Wir sehen die Entscheidung des Gerichtshofs deshalb positiv", so Blimlinger. Angesichts der Neuaufstellung der ORF-Finanzierung durch eine Haushaltabgabe ab kommendem Jahr müsse die "öffentliche Akzeptanz und das Vertrauen an die Unabhängigkeit des ORF" gestärkt werden.
NEOS-Vorsitzende Meinl-Reisinger fordert "Zurück an den Start" bei ORF-Gesetz
Diese Bekundungen brachten die NEOS-Vertreter bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz am Dienstagvormittag zum Lachen. So hätten die Regierungsparteien bei der Reform des ORF-Gesetztes alle Möglichkeiten zur notwendigen "Entpolitisierung" gehabt. Nun müsse erneut der VfGH mit einem "nicht überraschendem" Erkenntnis der Regierung die Rute ins Fenster stellen, damit diese tätig wird. Es sei nun laut Meinl-Reisinger "völlig ausgeschlossen, dass ÖVP und Grüne jetzt hinter geschlossenen Türen herummauscheln". Es brauche in den kommenden Wochen Verhandlungen mit allen Parteien: "Die Zeit, an kleinen Schräubchen zu drehen, ist wirklich vorbei."
Man stehe dafür bereit, den ORF "vom parteipolitischen Gängelband zu befreien" und für eine "verlässliche Information und Absicherung von Medien zu sorgen". Die Versuche, die öffentliche Meinung "durch Inserate zu kaufen", müssten ein Ende haben so Meinl-Reisinger. Man fordere nicht umsonst seit zehn Jahren ein Ende des "Selbstbedienungsladens" im ORF. Diese Kritik sieht NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter nun durch VfGH bestätigt. Daher brauche es einen "gemeinsamen Prozess", um das "zusammengeschusterte" ORF-Gesetz "zu öffnen".
SPÖ sieht nach VfGH-Urteil "historischen Chance für die Medienlandschaft in Österreich"
Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), der den Prüfantrag initiiert hat, sprach in einer ersten Reaktion von einem "demokratiepolitischen Erfolg" und einer "historischen Chance für die Medienlandschaft in Österreich". Die Entscheidung des Höchstgerichts sei ein "klarer Auftrag zu einer Entpolitisierung des ORF". Das Gesetz müsse nun transparent und unter Einbindung aller wesentlicher Akteure des gesellschaftlichen Lebens reformiert werden, forderte Doskozil. Eingebracht hatte die burgenländische Landesregierung die Beschwerde nach dem Bekanntwerden der "Sideletter" der früheren und gegenwärtigen Koalitionspartner ÖVP und FPÖ bzw. ÖVP und Grüne zu ORF-Personalbesetzungen.
FPÖ reagiert auf VfGH-Urteil mit Kritik an ORF
FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl und der freiheitliche Mediensprecher Christian Hafenecker erneuerten unterdessen ihre hasche Kritik am ORF: "Dass die Österreicher aber ab 1. Jänner 2024 für einen jetzt auch noch in Teilen verfassungswidrigen, durchpolitisierten ORF mit einer 'Zwangssteuer' bezahlen müssen, ist ein einziger Skandal." Anstatt einer Reparatur des ORF-Gesetzes brauche es "gleich eine Totalreform des ORF in Richtung eines verschlankten 'Grundfunks'", heißt es in einer Aussendung, in der auch die inhaltlichen Kritikpunkte der FPÖ über die "einseitige, linkslastige Berichterstattung und Regierungspropaganda", die Corona-Berichterstattung inklusive laut freiheitlicher Meinung "regelrechtem Impflobbyismus" und "Klimahysterie und der illegalen Masseneinwanderung" angeführt werden.
Nach VfGH-Urteil zu ORF: Lockl begrüßt Klarheit
Mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshof (VfGH), in dem Teile der Bestimmungen zu den ORF-Gremien als verfassungswidrig angesehen werden, herrsche "nun Klarheit, welche gesetzlichen Bestimmungen verfassungskonform sind und welche nicht", reagierte ORF-Stiftungsratvorsitzender Lother Lockl. Positiv sei das eindeutige Bekenntnis des VfGH zur Unabhängigkeit und Pluralität des ORF: "Diese Unabhängigkeit ist das Fundament des öffentlich-rechtlichen Rundfunks."
Für die Tätigkeit in den kommenden Monaten ist wichtig, "dass die Stabilität und Handlungsfähigkeit des Unternehmens sichergestellt ist", betonte Lockl. Die Arbeit im Stiftungsrat funktioniere, alle Beschlüsse des Stiftungsrates würden uneingeschränkt aufrecht bleiben. "Es ist nun Aufgabe des Gesetzgebers, für neue gesetzliche Bestimmungen zu sorgen", so Lockl.
Ex-ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz postete auf X (vormals Twitter): "Durch das Erkenntnis des #VfGH wird der #ORF im Jahr 2024 existentiellem parteipolitischem Druck ausgesetzt. Hoffentlich beweisen die Parlamentsparteien, dass Sie mit breiter Mehrheit die geforderten Änderungen umsetzen, ohne das Unternehmen im Wahljahr zu lähmen oder zu gefährden."
Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) sieht im Erkenntnis "eine eindeutige Bestätigung" seines Fünf-Punkte-Programms zum ORF. "Eine Gremienreform sowie die Entpolitisierung und Verkleinerung des Stiftungsrates" sei eine der Kernforderungen, sagte VÖZ-Präsident Markus Mair. "Dass eine umfassende ORF-Reform mehr als überfällig ist, wird nun auch durch den VfGH bestätigt", betonte er.
(APA/Red)