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VfGH mit Entscheidungen zu Sterbehilfe und Kopftuchverbot

Transparente der "Österreichischen Gesellschaft für ein humanes Lebensende" (ÖGHL) vor Beginn einer öffentlichen Verhandlung des Verfassungsgerichtshofes.
Transparente der "Österreichischen Gesellschaft für ein humanes Lebensende" (ÖGHL) vor Beginn einer öffentlichen Verhandlung des Verfassungsgerichtshofes. ©APA
Der Verfassungsgerichtshof wird am Freitagnachmittag zwei mit Spannung erwartete Urteile bekannt geben: Zuerst entscheidet der VfGH über das Kopftuchverbot an Volksschulen, danach über den Antrag auf Aktive Sterbehilfe in Österreich.
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VfGH kippt Kopftuchverbot

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) wird heute, Freitag, um 16.00 Uhr, seine Entscheidung über den Antrag zum Verhüllungsverbot in Volksschulen (Kopftuchverbot) mündlich verkünden. Anschließend findet um 17.00 Uhr eine mündliche Verkündung über den Antrag zur Aktiven Sterbehilfe (Tötung auf Verlangen) und Mitwirkung am Suizid statt.

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Aktive Sterbehilfe

Mit Spannung wird heute das Urteil des VfGH zur Entkriminalisierung der Sterbehilfe erwartet. Vier Antragsteller, darunter zwei Schwerkranke und ein Arzt, wollen die Strafbarkeit der "Tötung auf Verlangen" und der "Mitwirkung am Selbstmord" kippen. Die Beratungen darüber haben bereits im Juli begonnen, im September hat der VfGH eine mehrstündige öffentliche Verhandlung dazu abgehalten.

Strafbare Handlungen

Anders als in Deutschland ist in Österreich nicht nur die "Tötung auf Verlangen" strafbar. Auch wer andere beim Selbstmord unterstützt, muss mit sechs Monaten bis fünf Jahren Haft rechnen. In ihren Fragen konzentrieren sich die Richter vor allem auf zweitere Bestimmung - also auf das Verbot der "Mitwirkung am Selbstmord". Entscheiden müssen die Richter auch darüber, ob sich auch Personen strafbar machen, die für einen Sterbewilligen eine Reise zu einer ausländischen Sterbehilfe-Organisation organisieren.

Wie soll Hilfeleistung beim Suizid beurteilt werden?

Hinterfragt wird vom Verfassungsgerichtshof auch, ob Hilfeleistung beim Suizid anders zu beurteilen wäre als die ebenfalls mit dem selben Strafrahmen bedrohte "Verleitung" zum Selbstmord. Außerdem steht die Frage im Raum, wie sich Missbrauch anders als durch ein strafrechtliches Verbot vermeiden ließe. Die Regierung hatte in ihrer Stellungnahme das "Missbrauchspotenzial" einer liberalisierten Sterbehilferegelung ins Treffen geführt.

Regierung: Schutzpflicht des Staates

Das Verbot der aktiven Sterbehilfe entspringe der Schutzpflicht des Staates gegenüber vulnerablen Personen, argumentiert die Regierung. Strafrechts-Sektionschef Christian Pilnacek sah in der öffentlichen Verhandlung Ende September einen "gerechten Ausgleich" zwischen dem Schutz des Lebens und der Autonomie der Betroffenen. Diese hätten die Möglichkeit, via Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht bestimmte Eingriffe abzulehnen.

Antragssteller sehen Grundrechtsbestimmungen verletzt

Die Antragsteller wiederum sehen mit dem Verbot der Sterbehilfe dagegen diverse Grundrechtsbestimmungen verletzt - darunter das Recht auf Familienleben, die Religionsfreiheit und die Achtung der Menschenwürde. Zwei der vier Beschwerdeführer begründen ihren Antrag mit schweren, unheilbaren Krankheiten. Ein weiterer Antragsteller ist Arzt und argumentiert, er sehe sich häufig mit dem Wunsch von Patienten nach Suizidhilfe konfrontiert, könne dem aber nicht nachkommen, ohne sich straf- und disziplinarrechtlichen Konsequenzen auszusetzen.

Antrag gegen das Verhüllungsverbot an Volksschulen

Und noch ein weiteres Verbot beschäftigt die Verfassungsrichter - nämlich das unter Türkis-Blau im Mai 2019 beschlossene Verbot von Kopftüchern in Volksschulen. Unterstützt von der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) haben sich zwei im Sinne der sunnitischen bzw. schiitischen Rechtsschule des Islam erzogene Kinder bzw. deren Eltern an VfGH gewandt. Beklagt wird ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Religionsfreiheit bzw. religiöse Kindererziehung. Zudem wird unter Hinweis auf die weiterhin erlaubte jüdische Kippa oder Patka der Sikhs eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes angeprangert. Von dieser Entscheidung wird es wohl abhängen, ob die türkis-grüne Regierung ihr Vorhaben, das Kopftuchverbot auf 10- bis 14-jährige Schüler auszuweiten, umsetzt.

(APA)

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