VfGH-Entscheidung nach Beschwerde von Presseclub Concordia

Bereits 2022 reichte der Presseclub Concordia eine Beschwerde ein. Diese richtet sich gegen die Zusammensetzung der ORF-Gremien - Stiftungsrat und Publikumsrat - die überwiegend von den Regierungsparteien kontrolliert werden.
Presseclub Concordia ging gegen ORF-Publikumsratsbestellungen durch Medienministerin Raab vor
Der Presseclub Concordia sah rechtswidrige Bestellungen bei zwölf von insgesamt 17 von Medienministerin Raab im Jahr 2022 bestellten Publikumsratsmitgliedern gegeben - etwa, weil ihre Bestellung nicht auf Basis von gesetzlich vorgesehenen Dreiervorschlägen erfolgte oder auch auf Basis von Vorschlägen von Einrichtungen, die für ihren Bereich nicht repräsentativ seien. In weiterer Folge haben diese Publikumsratsmitglieder über sechs Personen für den Stiftungsrat mitgestimmt. Diese nahmen wiederum an der Wahl des Stiftungsratsvorsitzenden teil. Beide Vorgänge seien damit mit "dem Makel der Rechtswidrigkeit behaftet", hieß es.
ORF-Publikumsratsbestellungen: Medienbehörde KommAustria und BVwG sahen keine Zuständigkeit
Die KommAustria wacht zwar über die Einhaltung des ORF-Gesetzes, sieht sich aber nicht für die Frage zuständig, ob sich die Medienministerin bei der Bestellung von Publikumsräten an die Gesetzesvorgaben gehalten hat. Denn die KommAustria dürfe nicht das Handeln von Ministerinnen und Ministern als oberste Organe der Verwaltung überprüfen. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte die Unzuständigkeit der KommAustria und wies die Beschwerde im März 2024 in allen Punkten ab. Der Presseclub Concordia ist dagegen der Ansicht, dass die KommAustria jede Verletzung des ORF-Gesetzes wahrzunehmen habe und wandte sich an den VfGH. "Wenn Bestimmungen, die zentral für die Gewährleistung der Unabhängigkeit des ORF sind, nicht überprüfbar sind, dann sind die Bestimmungen, die diese Überprüfbarkeit verhindern, mit dem BVG-Rundfunk nicht vereinbar", meinte die Interessensvertretung.
Presseclub Concordia will nach VfGH-Entscheidung vor den VwGH
Der VfGH stellte nun in einer Aussendung fest, "dass es - und dies war der ausschließliche Prüfungsmaßstab - keine verfassungsrechtliche Bestimmung gibt, die den Gesetzgeber dazu verpflichtet, die vom Presseclub geforderte Überprüfung durch die KommAustria aufgrund einer Popularbeschwerde vorzusehen". Die Beschwerde wurde daher abgelehnt.
Der Presseclub Concordia hielt auf APA-Anfrage fest, dass man sich nun an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) wenden werde. Das Bundesverwaltungsgericht habe nämlich die Revision an den VwGH für zulässig erklärt. Unbestritten sei, dass das BVG-Rundfunk verlange, dass der Gesetzgeber die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewährleiste. Der Sicherung der Unabhängigkeit dienen etwa Unvereinbarkeitsregeln. "Ob die Einhaltung dieser Regeln bei der Bestellung von Publikumsräten durch die Bundesministerin überprüft werden kann, bleibt ungeklärt", so der Presseclub Concordia. Der Allgemeinheit bleibe der Weg durch eine Popularbeschwerde nach dem VfGH-Beschluss verschlossen. "Dies kommt vor dem Hintergrund, dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk der Allgemeinheit dient und von dieser finanziert und kontrolliert wird, überraschend", hält die Interessensvertretung fest.
Der VfGH hat sich allerdings schon einmal mit den ORF-Gremien Stiftungs- und Publikumsrat befasst und im Vorjahr festgestellt, dass die Zusammensetzung teilweise verfassungswidrig ist. Die Bundesregierung hat ein Übergewicht gegenüber anderen bestellenden Einrichtungen, was gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Unabhängigkeit und Pluralität verstößt. Die künftige Regierung hat bis März 2025 Zeit, eine Gremienreform durchzuführen.
(APA/Red)