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Vermeintliche Kritik an Sweeney-Reklame: Es gab nie einen "woken" Shitstrom

©APA/AFP/TIMOTHY A. CLARY
Analyse: Wie rechte Akteure einen angeblichen Aufschrei zur Jeans-Kampagne mit Sydney Sweeney konstruierten.

Ein angeblicher "woker Shitstorm" gegen eine Werbekampagne mit der Schauspielerin Sydney Sweeney entpuppte sich als medialer Mythos. Eine Analyse der New York Times belegt: Die Empörung wurde gezielt von rechten Social-Media-Akteuren inszeniert.

Die Kampagne des Modelabels American Eagle mit Sydney Sweeney erschien im Juli auf digitalen Werbetafeln – unter anderem am Times Square in New York. Im Mittelpunkt: ein Wortspiel mit "Jeans" und "Genes", verbunden mit dem Bild der blondhaarigen Schauspielerin. In konservativen Medien wurde daraus rasch eine vermeintliche Kontroverse: "Die Woken" seien empört, hieß es. Rassismus- und Eugenik-Vorwürfe wurden suggeriert.

Datenanalyse widerlegt Empörungswelle

Laut New York Times war davon jedoch kaum etwas zu erkennen. Mithilfe von Daten des Analyseunternehmens Tweet Binder zeigte sich: Die Kampagne löste zunächst kaum Kritik aus. Weniger als zehn Prozent der Beiträge, die Sydney Sweeney erwähnten, äußerten negative Kommentare. Stattdessen überwog positive Resonanz.

Das Narrativ eines linken Aufschreis gewann erst an Fahrt, nachdem rechte Influencer und Politiker das Thema öffentlich machten. Medienberichte folgten erst im Anschluss. "Jetzt stellt sich die verrückte Linke auch noch gegen schöne Frauen", postete etwa der republikanische Senator Ted Cruz.

Reposts generieren Reichweite

Einzelne kritische Postings – etwa Vergleiche mit Nazi-Rhetorik – erreichten teils Millionen Reichweite. Doch sie blieben die Ausnahme. Fast drei Viertel aller kritischen Beiträge erzielten weniger als 500 Aufrufe.

Rechte Akteure trugen wesentlich zur Verbreitung der vereinzelten Kritik bei. Die Aktivistin Chaya Raichik etwa teilte ein TikTok-Video mit linker Kritik, wodurch dieses über vier Millionen Aufrufe auf X (vormals Twitter) generierte – deutlich mehr als das Originalposting.

Politische Instrumentalisierung

Auch prominente Stimmen wie J. D. Vance oder Trump-nahen Podcaster nutzten das Thema. Fox News widmete der Kampagne breite Berichterstattung. Ex-Präsident Donald Trump selbst reihte sich ein und erklärte die Anzeige zur "heißesten auf dem Markt", in Abgrenzung zur "woken Sängerin" Taylor Swift.

Die New York Times resümiert: Eine breite Empörung war nicht feststellbar. Vielmehr verdeutlicht der Fall, wie selektive Reposts und politische Agenda eine Debatte erst erzeugen können – ohne dass sie je im Ursprung bestand.

(VOL.AT)

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