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Verliert Merkel Frankreich 2012 als engsten Partner?

Wie lange hält der "Merkozy-Pakt" noch?
Wie lange hält der "Merkozy-Pakt" noch? ©EPA
Seit Wochen arbeitet das deutsch-französische Duo in der Schuldenkrise so eng zusammen, dass die Medien bereits das Wort "Merkozy" geprägt haben. Tatsächlich drückten die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy der Union in enger Zusammenarbeit ihren Stempel auf. Merkel bedankte sich mehr als einmal dafür bei Sarkozy. Doch mittlerweile häufen sich die Sorgen in Berlin, dass ausgerechnet Merkels engster Partner im nächsten Jahr zu einem der größten Probleme in der Euro-Zone und für sie selbst werden könnte. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen.

Seit Tagen kursieren Gerüchte, dass die Ratingagenturen in Kürze die AAA-Bonität Frankreichs herabstufen könnten. Außenminister Alain Juppe betonte zwar vergangene Woche, dies wäre keine Katastrophe. Aber Sarkozy fürchtet den Imageverlust. Eine Umfrage ergab zudem, dass zwei Drittel der Franzosen ernsthafte Konsequenzen für die Wirtschaft erwarten. Auch die Euro-Partner haben Angst: Denn der Rettungsschirm EFSF baut auf dem AAA-Rating von sechs Euro-Staaten auf, um günstige Kredite aufnehmen zu können. Behält Deutschland seine Bestnote, würde der gemeinsame Blick auf die Schuldenkrise und die gemeinsamen Interessen des Duos gefährdet.

Große Unsicherheit

“Verliert Frankreich als zweitgrößte EU-Volkswirtschaft die Bestnote, wäre dies ein ganz schwerer Rückschlag für die Erholung in der Euro-Zone”, warnt deshalb Christian Melzer, Frankreich-Experte der Deka-Bank. Die Unsicherheit ist groß, denn die französische Statistikbehörde Insee teilte am Donnerstag mit, dass die Wirtschaftsleistung des Landes im vierten Quartal um 0,2 Prozent schrumpfe. In den ersten drei Monaten 2012 werde das BIP um 0,1 Prozent zurückgehen.

Sorge um Triple-A schafft Reformklima

Die Frage ist, wie Sarkozy auf die Drohungen der Ratingagenturen reagieren wird. Budgetministerin Valerie Pecresse forderte jedenfalls bereits ein drittes Reformpaket, damit Vertrauen in das Land zurückkehren könne. Ministerpräsident Francois Fillon drängt ebenfalls. “Eigentlich muss Sarkozy Reformen sehr schnell ankündigen, um die Herunterstufung zu verhindern”, meint Claire Demesmay, Frankreich-Expertin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Denn nur die Sorge um das AAA schaffe ein Reformklima im Land. “Ist die Bestnote erst einmal verloren, dürfte dagegen die Bereitschaft zu harten Reformen in der Bevölkerung verpuffen.”

Hollande will mit derzeitiger Sparpolitik brechen

Erschwerend kommt hinzu, dass im Frühjahr in Frankreich Präsidentschaftswahlen stattfinden. DGAP-Expertin Demesmay ist aber optimistisch: “Frühere Wahlen haben Reformen verhindert, aber diesmal muss Sarkozy gerade beweisen, dass er den Mut zu solchen Schritten hat – schon weil sein sozialistischer Herausforderer Francois Hollande sie ablehnt.” Aber ob der konservative Politiker angesichts der Versprechungen seiner Kontrahenten auf eine Austeritätspolitik setzt wird, ist offen, ebenso wie die Frage, ob Sarkozy eine zweite Amtszeit bekommt. In Umfragen liegt er hinter Hollande. Und sowohl der Sozialist als auch die Kandidatin der französischen “Front National”, Marine Le Pen, haben angekündigt, die eingeschlagene Sparpolitik und die enge Absprache mit Deutschland wieder in Frage stellen zu wollen. Zudem lehnen die Sozialisten derzeit die Einführung einer Schuldenbremse in die französische Verfassung ab. “Sarkozy steckt in dem Dilemma, dass er einerseits Reformen durchsetzen muss, andererseits aber nicht als “Merkels Pudel” erscheinen darf”, warnt Henrik Uterwedde, Vize-Direktor des deutsch-französischen Instituts in Ludwigsburg. Das macht Profilierungsversuche Sarkozys vor der Wahl wahrscheinlich.

Verunsicherung über Frankreichs Kurs

Dass ein sozialistischer Präsident die Sparpolitik wirklich beenden könnte, glauben wenige. Dafür sei auch in Paris der Druck der Ratingagenturen und die Angst vor immer teureren Krediten mittlerweile zu groß. “Soviel Zeit wie Francois Mitterrand, der 1981 ein Jahr im Amt brauchte, um seine Wahlkampfversprechen zu korrigieren, wird Hollande gar nicht haben”, meint Uterwedde. Dennoch drohen Monate der Verunsicherung über den künftigen Kurs Frankreichs: Denn Hollande stecke in einem Zielkonflikt, meint DGAP-Expertin Demesmay. “Weil er die linken Stimmen braucht um in den zweiten Wahlgang zu kommen, kann Hollande seine Meinung öffentlich frühestens nach der ersten Runde ändern”, meint sie.

Defizitverfahren droht

Verschärft werden könnte die Debatte dadurch, dass die EU-Kommission noch vor der Wahl ein verschärftes Defizitverfahren gegen Frankreich einleiten könnte. Denn angesichts der Rezession scheint es unwahrscheinlich, dass das ohnehin nicht sehr ambitionierte Ziel eines Defizits von 4,5 Prozent des BIP 2012 und von unter drei Prozent 2013 erreicht werden kann.

Glaubwürdigkeit der Sparpolitik steht auf dem Spiel

Für das Duo Sarkozy/Merkel wäre ein solches Verfahren heikel. Sarkozy würde es im Wahlkampf schaden, glaubt Demesmay. Und das Verfahren wäre auch die Nagelprobe dafür, wie ernst Deutschland und Frankreich ihren Kurs der automatischeren Sanktionen gegen Defizitsünder eigentlich nehmen. Sarkozy könnte den gesamten Ansatz diskreditieren, wenn er sich mit nationalem Getöse gegen die EU-Kommission stellen würde. Und Merkel stünde dann vor der unangenehmen Wahl, sich zwischen Glaubwürdigkeit und einer engen Zusammenarbeit mit Paris entscheiden zu müssen.

(APA)

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