Verletzte Zivilisten bei russischem Angriff auf Kiew

Täglich werden Nachrichten, aber auch Falschbehauptungen vom Angriffskrieg Russlands auf das Nachbarland verbreitet. Ein Video, das nach den Luftangriffen auf die Hauptstadt Kiew am 10. Oktober entstand, erhitzt die Gemüter pro-russischer Beobachter. Das Gezeigte sei inszeniert und typisch für die vermeintliche Realitätsverzerrung in der westlichen Welt, so die Behauptung.
Russische Angriffe auf Kiew
Bewertung: Bei den russischen Angriffen auf Kiew wurde auch das Bürogebäude Tower 101 beschädigt. Dessen Glasfassade splitterte teilweise ab und verwundete einige Zivilisten - darunter die im Video gezeigte Frau und den Mann neben ihr. Die Verletzungen sind echt, dafür gibt es Zeugen.
Videos von der Erstversorgung der Verletzten
Überprüfung: Von der Erstversorgung der Verletzten gibt es einige Videos. Der Ausschnitt aus den Postings wurde bei "Ost West TV" gesendet, einem der letzten russland-kritischen russischsprachigen Fernsehsender. Den Untertiteln des Berliner Senders zufolge bittet die verletzte Frau ihren Begleiter, ein Foto von ihr zu machen.
Anschließend richtet sie die Kamera selbst auf sich und erklärt: "Ich mache jetzt ein Foto von mir und schicke es meiner Schwester in Russland." Insbesondere dieser Satz soll belegen, dass die ganze Szenerie nur inszeniert sei. Dieser Vorwurf ist nicht neu. Immer wieder versuchen Sympathisanten der russischen Seite, Videos als ukrainische Propaganda darzustellen. Zuletzt wurde in diesem Zusammenhang auch ein Ausschnitt aus einem Musikvideo als Inszenierung bezeichnet.
Verletzte Zivilisten bei Kiew-Angriff
Doch die Videos aus Kiew zeigen, dass die Verletzungen echt sind. Allerdings wurden die Zivilisten nur verhältnismäßig leicht verletzt.
Der Fotograf Oleksandr Khomenko, der einen etwa einminütigen Clip bei Facebook einstellte, hatte zuvor mit der verwundeten Frau gesprochen. Sie zeigt ihm darin auch ihren blutverschmierten Pullover und ein Handtuch. Nach einem Schwenk auf weitere Verletzte endet das kurze Video mit einem Blick auf den verwüsteten Tower 101.
Samsung berichtete ebenfalls von Raketentreffer
Auch der Technologiekonzern Samsung, der in dem Bürokomplex einquartiert war, berichtete in einer Aussendung von dem Raketentreffer. Am Schauplatz, einer Straßenkreuzung (8) nahe dem Bahnhof Kiew-Passaschirski, befanden sich kurz nach dem Vorfall auch weitere Fotografen.
Fotograf Wolfgang Schwan war an Ort und Stelle
Für die türkische Agentur Anadolu an Ort und Stelle war der Fotograf Wolfgang Schwan, der schon zuvor Verwundete in der Ukraine abgelichtet hatte (9). Fotos, die er nach dem Angriff auf Instagram stellte (10), bestätigten die Echtheit der Verletzungen. Auf diesen Bildern sind neben den Verletzten aus den Videos auch Blutflecken und der zerstörte 101 Tower zu sehen.
Efrem Lukatsky, der die Verwundeten aus dem Video für die Nachrichtenagentur AP fotografiert hatte, bestätigte der französischen Zeitung Libération, dass umherfliegende Teile des Büroturms Menschen in dessen Umgebung verletzt haben. Auf Anfrage der Zeitung echauffierte sich der Ukrainer darüber, dass auch seine Bilder "von Russen und ihren Unterstützern als Fälschung präsentiert" würden: "Ihr Journalismus ist kein Journalismus, sondern Propaganda."
(APA/Red)