Auch müsse man sich vorstellen, dass die Kinder, die ja kein anderes Leben kannten, ihn gewissermaßen als Vater und damit als Autorität gesehen haben dürften. Ob ein Stockholm-Syndrom vorliege, müssten Psychiater beantworten.
Offenbar habe sich der 73-Jährige auf diese eine Tochter seiner insgesamt sieben Kinder beschränkt, so Polzer: Es gebe keine Hinweise auf Missbrauch ihrer (ebenfalls erwachsenen) Geschwister. Ob er Reue über seine Tat empfinde, sei nicht Gegenstand der Vernehmung gewesen. Er sei auch von den befragenden Kriminalisten nicht angehalten worden, sein Vorgehen zu rechtfertigen – dafür werde der 73-Jährige Gelegenheit bei der Justiz haben.
Als die Tochter 1984 in den Keller gezerrt worden war, hatte sie laut Polzer zunächst einen Raum (mit Sanitäreinrichtung) zur Verfügung, der laut Polzer bereits im Grundriss des in den 1960er Jahren errichteten Hauses enthalten gewesen sein dürfte. Im Lauf der Zeit dürften Durchbrüche und Anbauten – teilweise unter dem Garten gelegen – erfolgt sein. Bezirkshauptmann Hans-Heinz Lenze verwies auf eine Aussage von Bürgermeister Herbert Katzengruber, wonach die Baugenehmigung überprüft würde. Untersucht wurden laut Polzer auch weitere Liegenschaften des Verdächtigen, wo es jedoch nichts Auffälliges gab.
Zur Rolle der Behörden im Zusammenhang mit den von den Großeltern betreuten Kindern führte Lenze aus, dass die Liste der persönlichen Kontakte der Sozialarbeiterinnen erklecklich sei. Die Begegnungen mit der Großmutter, die sich rührend kümmerte, seien dokumentiert. Die Kinder würden einen guten Bildungsstand aufweisen, seien in ihren Schulen integriert, würden Musikinstrumente lernen und seien u.a. auch bei der Feuerwehr aktiv. Auch am Adoptionsakt sei nichts zu kritisieren, betonte der Bezirkshauptmann.
Den Fünfjährigen, der im Keller aufgewachsen war, hatte Lenze heute bei einem Besuch in der Landesnervenklinik Mauer “heiter” erlebt. Er habe sich über die erste Autofahrt seines Lebens gefreut.