Mit dem vierten Generalstreik in einem Jahr will die von Unternehmern, Gewerkschaften, Parteien, Medien und auch von Teilen der Kirche gebildete Opposition den Rücktritt von Präsident Hugo Chavez erzwingen. Die Oppositionsbewegung „Coordinadora Democratica“ fordert, dass Chavez das Ergebnis eines von der Wahlbehörde für Februar angesetzten Referendums über Neuwahlen akzeptiert.
Die Straßen der Hauptstadt Caracas und anderer Großstädte waren am Montagvormittag (Ortszeit) laut Medienberichten „fast wie leergefegt“. Die meisten Geschäfte hätten nicht geöffnet. „Die Streikbeteiligung von rund 80 Prozent hat unsere Erwartungen übertroffen und die Schwäche der Regierung gezeigt“, sagte Gewerkschaftschef Carlos Ortega. Arbeitsministerin Maria Iglesias entgegnete, dass bei den Firmen, „die für 80 Prozent der Inlandsproduktion verantwortlich sind, wie in der Erdölindustrie“, normaler Betrieb herrsche.
Chavez hatte am Sonntag gelassen auf die Streikankündigung reagiert und erklärt, es werde der Opposition nicht gelingen, das Land lahm zu legen. In den vergangenen Tagen hatte der 48-jährige Staatschef, dessen Amtszeit 2006 endet, mehrfach gesagt, er werde das Ergebnis eines Neuwahlen-Referendums auf keinen Fall akzeptieren:
„Selbst wenn 90 Prozent gegen mich sind, werde ich nicht zurücktreten.“
Das Oberste Gericht in Venezuela hatte in der vergangenen Woche einen von der Opposition für den 2. Februar geplanten Volksentscheid zum Amtsverzicht von Chavez annulliert. Laut Verfassung kann eine verbindliche Volksbefragung erst gestartet werden, wenn die Hälfte der Amtszeit des Präsidenten vorbei ist, das ist im August 2003. Das ist bei Chavez im August 2003 der Fall. Die Opposition versucht seit dem ersten landesweiten Streik am 10. Dezember 2001 mit Demonstrationen und Protestaktionen einen Machtwechsel herbeizuführen. Nach eigenen Angaben hat sie bereits die erforderlichen 1,5 Millionen Unterschriften für ihre Forderung nach einem Referendum gesammelt.
Chavez war im April nach dem zweiten von der Opposition ausgerufenen Streik und gewalttätigen Protesten mit dutzenden Toten und hunderten Verletzten von Teilen der Armee zum Amtsverzicht gezwungen worden. Weniger als 48 Stunden später kehrte der Präsident in sein Amt zurück, das zwischenzeitlich der Unternehmerchef Pedro Carmona ausgeübt hatte. Nach dem gescheiterten Umsturzversuch regte Chavez einen Dialog zur nationalen Versöhnung an. Am 21. Oktober hatte die Opposition den dritten landesweiten Streik organisiert. Obwohl Venezuela durch seine riesigen Ölreserven zu den reichsten Ländern Lateinamerikas gehört, leben nach amtlichen Angaben mittlerweile 80 Prozent seiner Bevölkerung in Armut.