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Vater "entführte" sechsjährigen Buben nach Spanien

Nachdem die Gerichte in letzter Instanz das Sorgerecht endgültig der Mutter zugesprochen hatten, griff ein 46 Jahre alter Spanier zur Selbsthilfe. Nun begann der Prozess.

Er “entführte” das Kind nach Teneriffa, indem er den Kleinen am 28. Juni 2010 vom Kindergarten in Wien-Landstraße abholte, in sein Auto setzte und auf direktem Weg in seine Heimat chauffierte. Am Freitag hatte sich der Mann wegen Kindesentziehung im Straflandesgericht zu verantworten.

“Alex ist bei mir in Spanien. Ihm geht es sehr gut. Du hörst von mir”, mailte der Vater nach seiner Ankunft der Frau, von der er sich 2005 getrennt hatte. Seither tobte ein Rechtsstreit um das Recht auf Obsorge für den gemeinsamen Sohn.

Die geschockte Mutter, eine 44-jährige gebürtige Vorarlbergerin, setzte alle Hebel in Bewegung, um den Buben ausfindig zu machen. Gegen den untergetauchten Vater wurde ein europäischer Haftbefehl erlassen. Ende Juli konnte er aufgespürt und unweit seines Geburtsortes verhaftet werden. Anfang September wurde der Mann an Österreich ausgeliefert und in Wien in U-Haft genommen. Die Mutter konnte am 27. September ihren Sohn in die Arme schließen, der zuvor wochenlang bei einer Schwester seines Vaters gelebt hatte.

Vor Richter Roland Weber behauptete nun der Angeklagte, die Mutter habe den Buben misshandelt. Diese sei außerdem drogensüchtig und verbringe manche Nächte mit mehreren Männern gleichzeitig im Bett. Auch das füge seinem Kind Schaden zu. “Ich hatte die Wahl, etwas Illegales zu machen oder meinen Vaterpflichten nachzukommen”, gab der 46-Jährige zu Protokoll. Ihm sei es darum gegangen, Alex in Spanien psychologisch untersuchen lassen, “weil ich einfach wissen wollte, wie es um ihn steht”. In Österreich habe man ihn nicht ernst genommen, die Polizei und das Jugendamt hätten ihn “abgewimmelt”.

Die Mutter hinterließ ihm Zeugenstand keinesfalls den Eindruck, den der Angeklagte von ihr zu vermitteln versucht hatte. “Wie die klassische Giftlerin schaut sie nicht aus”, bemerkte der Staatsanwalt über die Frau, nachdem diese dargelegt hatte, ihr Ex-Freund sei “einfach nicht bereit zu akzeptieren, dass er nicht mehr das Sagen hat”. Seine über sie in die Welt gesetzten Behauptungen bezeichnete die 44-Jährige als “Frechheit, weil er halt weiß, dass er auf normalem Weg nicht mehr an die Obsorge kommen kann”.

Der Vater wurde im Sinn der Anklage schuldig erkannt und zu einer einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, die ihm der Richter bedingt nachsah. Das Urteil ist rechtskräftig. Der 46-Jährige wurde noch am Freitag enthaftet, muss aber bis kommenden Mittwoch in Österreich bleiben: Da findet gegen ihn ein weiterer Prozess statt, weil er seit Jahren für seinen Sohn keinen Unterhalt bezahlt hat.

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