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Van der Bellen und Erdogan wollen Beziehungen verbessern

©APA
Bundespräsident Alexander Van der Bellen und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wollen die Beziehungen zwischen der Türkei und Österreich wieder verbessern. Darin waren sie sich am Mittwoch am Rande der UNO-Vollversammlung in New York einig. Das Treffen mit Erdogan sei laut Präsidentschaftskanzlei kurzfristig zustande gekommen, nachdem es "Signale von türkischer Seite" gegeben habe.

Generell sei es dem Bundespräsidenten darum gegangen, den unterbrochenen Dialog mit der Türkei – “einem nicht immer einfachen Partner” – wieder aufzunehmen. Der Dialog zwischen Österreich und der Türkei sei wichtig, besonders auch im Hinblick “auf unsere Wirtschaftsbeziehungen”.

Bilaterales Unwohlsein

Der Bundespräsident habe auch die “Inhaftierung von österreichischen Staatsbürgern angesprochen und ersucht, dass sich Präsident Erdogan um eine Lösung bemüht, teilte ein Sprecher nach dem Treffen im New Yorker Hotel “Peninsula” mit. Zuletzt hatte die Festnahme eines österreichischen Studenten und Autors wegen Verdachts auf Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation in der Türkei für bilaterales Unwohlsein gesorgt.

Der Bundespräsident drückte demnach auch seine Sorge um die innenpolitische Situation in der Türkei betreffend Medienfreiheit und Menschenrechte aus. Er hielt aber auch fest, dass Österreich den 2016 erfolgten Putschversuch in der Türkei klar verurteilt habe.

Archäologische Grabungen

Zudem sprach sich Van der Bellen für eine Lösung bei der Blockade des NATO-Partnership for Peace Programms aus. Österreichische Soldaten dürfen derzeit wegen des türkischen Vetos nicht an dieser NATO-Ausbildung teilnehmen.

Als erfreulich bezeichnete Van der Bellen, dass die archäologische Grabungen in Ephesos unter österreichischer Leitung wieder weitergehen könne. Außerdem habe der Bundespräsident seine Anerkennung ausgesprochen, dass die Türkei über 3,5 Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen habe, wurde seitens der Präsidentschaftskanzlei betont.

Nach der Inhaftierung eines österreichischen Staatsbürgers vor zwei Wochen in der Türkei hat sich unterdessen am Mittwoch in Wien eine Solidaritätsbewegung gegründet. Der Impuls dafür ging von Mitgliedern des sich als “linksextrem” bezeichnenden Onlinemagazins “re:volt” aus, in dem der Österreicher mitunter publizierte.

#freemaxzirngast

An der Veranstaltung nahmen unter anderem die ehemalige Grüne Nationalratsabgeordnete Berivan Aslan und der Politologe Thomas Schmidinger von der Universität Wien teil. Auch Vertreter von Reporter ohne Grenzen (ROG) Österreich, türkisch-österreichischer Kooperationsvereine und ehemalige Studienkollegen waren bei der Gründung zugegen.

“Wir haben in den letzten Wochen versucht, alle Informationen zu dem Fall auf unserer Seite zusammenzutragen”, so Johanna Bröse, eine Redakteurin von “re:volt”. Ziel der Solidaritätsbewegung “#freemaxzirngast” sei es, durch die öffentliche Aufmerksamkeit auf den Fall politischen Druck auf die Türkei auszuüben und den Österreicher nicht “alleine zu lassen”. Sie betonte, dass man sich durch politischen und journalistischen Aktivismus der Gefahr einer Inhaftierung aussetzen könne. “Zusammen sind wir stärker”, sagte sie.

“Ihn zum Schweigen bringen”

Alp Kayserilioglu, ebenfalls Redakteur des Magazins, unterstrich, dass viel an den inhaftierten Kollegen gedacht werde. “Er ist 2015 in die Türkei gereist und war dort Student, politischer Aktivist und Journalist”, erklärte Kayserilioglu. Er habe für mehrere Medien in verschiedenen Sprachen geschrieben und habe “Kritik an Erdogan veröffentlicht”. “Man will ihn zum Schweigen bringen”, ist der Redakteur überzeugt.

“Der Österreicher wurde am 11. September in der Türkei von der Anti-Terror-Polizei in Gewahrsam genommen”, berichtete Kayserilioglu weiter. Der Journalist werde verdächtigt, in einer “legalen Frontorganisation einer illegalen Terrororganisation” aktiv zu sein. “Die Staatsanwaltschaft sucht nach etwas, was nach Terrorismus klingt, da sie sonst nichts gegen ihn in der Hand haben”, fuhr er fort.

“Offensichtlich absurd”

Die Vorwürfe, dass er auch die verbotene kurdische Arbeiterpartei (PKK) unterstütze, bezeichnete Kayserilioglu als “offensichtlich absurd”. Der Österreicher sei am Freitag vom Polizeigewahrsam in die Untersuchungshaft im Sincan-Gefängnis in Ankara überstellt worden, da der Richter von einer “hohen Schuldwahrscheinlichkeit” und “hoher Fluchtgefahr” ausgehe. Obwohl die Anklage bisher noch nicht erhoben wurde, drohen dem 29-Jährigen bis zu zehn Jahre Haft.

“Anfangs gab es für den Fall großes Interesse, aber das flaute schnell ab – auch seitens der Bundesregierung”, sagte Kayserilioglu. “Wir haben von Anfang an mit der Solidaritätsarbeit begonnen”, unterstrich er. Seitdem sollen sich die Haftbedingungen des Österreichers verbessert haben. Die Bewegung will nun auch die Briefe für den Österreicher ins Türkische übersetzen, da fremdsprachige Schriften in dem Gefängnis verboten seien.

“Politische Geisel”

Laut der ehemaligen Nationalratsabgeordneten Aslan bestehe die Möglichkeit, dass die Türkei den Österreicher als “politische Geisel” festhalte. “Das ist kein Zufall, denn Österreich ist einen strikteren Kurs gegen die Türkei gefahren als Deutschland”, erklärte sie. Zudem habe die Regierungspartei AKP “finanzielle Probleme” und sei auf die Hilfe der europäischen Länder angewiesen.

Politologe Schmidinger stimmte dem zu: “Ich glaube, dass sie jemanden wollen, auf den die österreichische Bevölkerung reagiert”, sagte er. Österreicher mit türkischen Wurzeln seien der Bevölkerung hingegen “recht egal”.

(APA)

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