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USA/Guantanamo: Anhörungen gehen weiter

Als zweiter von vier Guantanamo-Häftlingen ist der 29-jährige Australier David Hicks am Mittwoch vor die US-Militärkommission getreten. Ihm werden Verschwörung zu Kriegsverbrechen, Unterstützung des Feindes und Mordversuch vorgeworfen.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat unterdessen den Untersuchungsbericht des US-Verteidigungsministeriums zu Gefangenen-Misshandlungen durch US-Soldaten scharf kritisiert.

Der „australische Taliban“ Hicks soll in Lagern des Terrornetzwerks Al Kaida in Afghanistan ausgebildet worden sein. Er wurde Ende 2001 von der afghanischen Nordallianz gefangen genommen und den US-Streitkräften übergeben. Es wurde erwartet, dass sich Hicks während der Anhörung für nicht schuldig erklärt. Sollte er in einem Prozess verurteilt werden, droht ihm eine lebenslange Haftstrafe. Zum ersten Mal seit fünf Jahren sah Hicks am Mittwoch seinen Vater und seine Stiefmutter wieder. Die US-Streitkräfte erklärten, er habe nach der Anhörung Gelegenheit zu einem Treffen mit seinen Eltern.

Am Dienstag hatte das Militärtribunal Anklage gegen Salim Ahmed Hamdan erhoben, einen früheren Fahrer von Osama bin Laden. Der 34-Jährige aus dem Jemen verweigerte die Klageerwiderung. Sein Anwalt, Major Charlie Swift, begründete dies mit Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Verfahrens. Swift macht geltend, sein Mandant sei nur als Pilger in Afghanistan unterwegs gewesen und habe auf dem Anwesen Bin Ladens eine Gelegenheitsarbeit angenommen. Die Ankläger werfen Hamdan dagegen vor, dem Al-Kaida-Chef auch als Leibwächter gedient und Waffen transportiert zu haben.

Swift nannte es falsch, dass die Kommission die Angeklagten als „feindliche Kombattanten“ einstufe, ohne ihnen eine Chance zur Anfechtung dieses Status zu geben. Damit hätten sie weniger Rechte als Kriegsgefangene. Hamdan beschwerte sich laut Gerichtsdokumenten über die Folgen einer achtmonatigen Isolationshaft auf Guantanamo. „Ein Monat hier ist wie ein Jahr“, sagte er. Sechs für Militärverfahren ausgewählte Häftlinge werden in Guantanamo in Einzelzellen festgehalten.

Neben Hamdan und Hicks müssen sich zunächst zwei weitere Beschuldigte vor den fünf Offizieren verantworten: Der 1960 geborene Sudanese Ibrahim Ahmed Mahmud al Kosi und der 33-jährige Jemenit Ali Hamsa Ahmad Sulayman al Bahlul sollen Bin Laden als Leibwächter gedient haben. Bis es zum Prozess kommt, werden voraussichtlich mehrere Monate vergehen.

HRW-Sonderberater Reed Brody kritisierte in New York, es gebe einen „Zusammenhang zwischen der Billigung schmerzhafter und erniedrigender Verhörtechniken durch US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und den flächendeckenden Folterungen von Gefangenen im Irak, in Afghanistan und Guantànamo“. In dem vom Pentagon in Auftrag gegebenen Bericht sei aber offenbar große Mühe darauf verwandt worden, diesen Kontext zu leugnen. In dem vom früheren Pentagon-Chef James Schlesinger vorgestellten Bericht war Rumsfeld nicht genannt worden. Schlesinger sprach jedoch von einer „institutionellen und persönlichen Verantwortung der gesamten Befehlskette bis hinauf nach Washington“.

Der Pentagon-Untersuchungsbericht war zu dem Schluss gekommen, dass die Misshandlungen von Irakern im Abu-Ghraib-Gefängnis bei Bagdad kein Ausdruck einer systematischen Praxis gewesen seien. Die Soldaten seien zu den Quälereien „nicht von höheren Verantwortlichen der Regierung oder der Militärhierarchie angestiftet“ worden. Die von Schlesinger geleitete Untersuchungskommission kam allerdings auch zu dem Ergebnis, dass die Misshandlungen nicht einfach „einigen Einzelpersonen“ angelastet werden könnten. „Der Bericht spricht von Versäumnissen der Leitung, wo er von einer Politik der Misshandlungen hätte sprechen müssen“, kritisierte HRW-Sprecher Brody.

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