Dadurch seien die Sicherheit und die Einsatzbereitschaft der Atomwaffen infrage gestellt. Bei den Soldaten habe sich ein allgegenwärtiges Gefühl eingestellt, dass der Dienst bei den Nuklearstreitkräften kaum Karrierechancen biete, so der Minister weiter mit Blick auf eine Serie von Zwischenfällen. Es gebe “systematische Probleme”, sagte Hagel.
Nukleare Abschreckung sei aber nach wie vor unerlässlich für die USA – auch nach Ende des Kalten Krieges. Er bezifferte die zusätzlichen Ausgaben für die nächsten fünf Jahre auf etwa ein Zehntel der Gesamtkosten für das Atomarsenal. Diese lägen zwischen 15 und 16 Milliarden Dollar (12,2 und 12,8 Milliarden Euro). Zwar gebe es “keine Gefahr für die Amerikaner und die nukleare Schlagkraft der USA ist nicht beeinträchtigt”, sagte er vor Journalisten. “Es gibt nichts, was nicht wieder in Ordnung gebracht werden kann.” Doch viele Probleme seien lange Zeit schlicht vernachlässigt und übersehen worden – Grund seien wohl auch die beiden Kriege im Irak und in Afghanistan gewesen.
In den Untersuchungen wird empfohlen, die Führungsstrukturen zu reformieren, Verwaltungsaufgaben zu verringern, das Training zu verbessern und mehr Geld in die Ausrüstung zu investieren. Die Moral der Truppe müsse gehoben und Inspektionen müssten effektiver werden. Die Nuklearstreitkräfte der USA sind nach den externen und internen Untersuchungen personell unterbesetzt, mangelhaft ausgestattet und abhängig von einer alternden und fragilen Infrastruktur. Insgesamt werden in den beiden Berichten über 100 Empfehlungen abgegeben.
Hagel hatte die Untersuchungen nach einer Reihe ernster Zwischenfälle veranlasst. Im März trat nach gefälschten Tests der Leiter der Nuklearstreitkräfte auf dem Luftwaffenstützpunkt Malmstrom im US-Staat Montana zurück. Neun Offiziere wurden versetzt. Insgesamt waren in den Skandal 91 für das Abfeuern von Nuklearraketen verantwortliche Offiziere verwickelt. In Montana lagert rund ein Drittel der knapp 450 amerikanischen ballistischen Interkontinentalraketen.
Am Luftwaffenstützpunkt Minot wurden 19 Mitglieder einer Nuklearraketenmannschaft nach einer armseligen Vorstellung bei einer Übung ihrer Posten enthoben. Vergangenes Jahr wurde der für Interkontinentalraketen verantwortliche General wegen Fehlverhaltens entlassen. Einige Tage zuvor musste der stellvertretende Kommandant des für die Atomstreitkräfte zuständigen Strategischen Kommandos seinen Posten räumen.
Die US-Nuklearstreitkräfte waren während des Kalten Krieges ein zentrales Element der Abschreckung. Die Möglichkeit der totalen gegenseitigen Vernichtung des Ostblocks um die Sowjetunion und der westlichen Verbündeten durch die Atomwaffenarsenale sollten einen Kriegsausbruch verhindern. Seit dem Auseinanderbrechen der Sowjetunion und ihrer Satellitenstaaten ist die militärische Bedeutung der Nuklearstreitkräfte deutlich gesunken.