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USA: Teuerster Wahlkampf der US-Geschichte

Der jetzige US-Präsidentschaftswahlkampf hat schon einen Platz in der Geschichte. Noch nie wurde in einem Rennen um das Weiße Haus so viel Geld gesammelt und ausgegeben wie diesmal, und dazu für eine Schlammschlacht, die ebenfalls alle Rekorde bricht.

Sage und schreibe rund eineinhalb Milliarden Dollar an Spenden sind bisher an die beiden Spitzenbewerber George W. Bush und John Kerry, deren Parteien – Republikaner und Demokraten – sowie an diverse andere Kandidaten und politischen Gruppen geflossen. Das ist etwa doppelt so viel wie zum selben Zeitpunkt im Wahlkampf 2000.

Die Ironie dabei: Es gibt in den USA ein neues Gesetz zur Wahlkampffinanzierung, das den Einfluss des Geldes auf die Wahlen verringern soll. Dies, so zeigen Statistiken und auch der Wahlkampfverlauf, ist ein Flop. Die neuen Begrenzungen für Riesenspenden von Unternehmern und Gewerkschaften an die Parteien haben nämlich dazu geführt, dass Schlupflöcher im Reformgesetz gesucht und gefunden wurden – mit noch schlimmeren Auswirkungen.

Die großen Spenden – zum Teil über zehn Millionen Dollar auf einen Schlag – fließen nunmehr an politische „Schattengruppen“, die die Arbeit für die Kandidaten und die Parteien erledigen und dabei praktisch keinen Einschränkungen unterliegen. Das gilt nicht nur für das Geld, sondern auch für den Stil: Wo die Spitzenbewerber sich selbst noch Zurückhaltung auferlegen müssen, schlagen die Gruppen in ihrer Wahlkampfwerbung rücksichtslos zu, auch wenn es unter der Gürtellinie ist. Diese Organisationen sind es beispielsweise, die hauptsächlich die Kontroverse um das Engagement der beiden Kandidaten während des Vietnamkriegs bestritten haben – mit dem Drückebergervorwurf gegen Bush auf der einen Seite und auf der anderen mit der Behauptung, Kerrys heroischer Kameraden-Rettungsakt an der Front sei erstunken und erlogen.

Experten sind sich einig: Hauptgrund für den so reichen Spendenfluss und seine Auswüchse sind die ungewöhnlich starken persönlichen Emotionen in diesem Wahlkampf. So groß im demokratischen und liberalen Lager die Antipathien gegen Bush sind, so ausgeprägt ist auf der republikanischen Seite die leidenschaftliche Überzeugung, dass mit Kerry die USA ins Verderben stürzen würden. „Es gibt zwei sehr aufgeregte, zornige und involvierte Gruppen, die überzeugt sind, dass bei dieser Wahl alles auf dem Spiel steht“, zitiert die „Washington Post“ den Wahlkampfexperten Gary Jacobsen von der Universität von Kalifornien in San Diego. „Das ist ein Szenario, in dem die Menschen in die Taschen greifen.“

Und in der Tat, das haben sie. Insgesamt nahezu eine halbe Milliarde Dollar konnten Bush und Kerry – fast zu gleichen Teilen – bis August an privaten Spenden bei so genannten Fundraisern (grob beschrieben Gala-Veranstaltungen mit immens hohen Eintrittspreisen) sammeln. Die Wahlgesetze schreiben vor, dass sie das nun – nach ihrer jeweiligen offiziellen Nominierung – nicht mehr dürfen. Aber im Gegenzug erhielten sie – wiederum den Regeln entsprechend – je 74,6 Million Dollar aus der Bundeskasse. Gelder aus öffentlichen Mitteln hätten sie schon im Vorwahlkampf beziehen können, aber dafür dann bereits zu diesen Zeitpunkt gesetzliche Beschränkungen beim Spendensammeln und -ausgeben hinnehmen müssen. So verzichteten beide dankend und kassierten lieber privat, was dazu beigetragen hat, diesen Wahlkampf zum teuersten aller Zeiten zu machen.

Nach Statistiken hatte Bush bis Mitte August ungefähr 208 Millionen Dollar ausgegeben, Kerry gute 182 Millionen, wie etwa die Organisation „Center for Responsive Politics“ berichtet. Hinzu kommen die Investitionen der Parteien, die trotz des neuen Verbots von Riesenunternehmerspenden mit 245 Millionen Dollar (Republikaner) und 145 Millionen (Demokraten) im Zeitraum von Jänner 2003 bis Ende Juli 2004 bei weitem mehr Gelder einnahmen als im vorangegangen Wahlkampf. Der Grund: Die Zahl „kleinerer“ Spender stieg drastisch. Und Geld stinkt auch in den Augen der „Schattengruppen“ mit der liberalen Organisation MoveOn.org an der Spitze nicht. Sie haben „Newsweek“ zufolge inzwischen mehr als 300 Millionen Dollar für Wahlwerbung und Wählermobilisierung erhalten. Und noch ist der 2. November nicht da.

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