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USA lehnen schiitische Forderung ab

US-Zivilverwalter Paul Bremer hat sich damit auf eine Kraftprobe mit der höchsten religiösen Autorität der schiitischen Bevölkerungsmehrheit, dem Großayatollah Ali Sistani, eingelassen.

Bremer forderte den provisorischen „Regierungsrat” in Bagdad auf, die Bildung der Übergangsversammlung auf der Grundlage einer Vereinbarung vom 15. November vorigen Jahres voranzutreiben. Demnach sollen von der Besatzungsmacht ernannte Provinzvertreter die Mitglieder der Übergangsversammlung bestimmen.

Aufgabe der Versammlung ist es, bis Ende Juni eine Übergangsregierung einzusetzen, der die Besatzungsmacht am 1. Juli die volle Entscheidungsgewalt übertragen soll. „Das Abkommen vom 15. November (zwischen US-Verwaltung und Regierungsrat) ist der beste Weg zur Wiederherstellung der Souveränität des irakischen Volkes”, hieß es in einer am Montagabend veröffentlichten Erklärung Bremers. Sistani besteht jedoch auf Wahlen. „Wir wollen, dass es allgemeine freie Wahlen gibt und kein Ernennungsverfahren”, sagte der Großayatollah am Montag. Die von den USA vorgeschriebenen Modalitäten seien nicht Ausdruck des Willens des irakischen Volkes. Die USA und die nicht-schiitischen Gruppen im „Regierungsrat” sind gegen eine Direktwahl, da eine solche automatisch zu einer absoluten Schiiten-Mehrheit in der Übergangsversammlung führen würde.

Der turnusmäßig amtierende Vorsitzende des „Regierungsrates”, Adnan Pachachi, war am Sonntag in der Schiiten-Hochburg Najaf mit Sistani zusammengetroffen, ohne eine Haltungsänderung des religiösen Oberhauptes herbeiführen zu können. Der Sprecher des „Regierungsrates”, Hamid al Kifai, sagte, es sei nicht möglich, unter den gegenwärtig herrschenden Zuständen allgemeine Wahlen durchzuführen. Der Großayatollah hat die Einschaltung der Vereinten Nationen in den Prozess der Wiederherstellung der irakischen Souveränität verlangt.

Soldaten der US-geführten Besatzungstruppen haben am Dienstag in der südirakischen Stadt Al Kut das Feuer auf protestierende Arbeitslose eröffnet und dabei sieben Menschen verletzt. Nach gewaltsamen Protesten am Vortag hatten die ukrainischen Truppen Verstärkung angefordert. Das 175 Kilometer südöstlich von Bagdad gelegene Al Kut ist eine Hochburg der Schiiten.

In Bagdad schossen US-Soldaten auf ein mit Zivilpersonen besetztes Auto und töteten dabei den Fahrer und einen Zehnjährigen, wie Verwandte der Opfer am Dienstag erklärten. Zwei Frauen in dem Auto seien schwer verletzt worden. Unmittelbar zuvor war ein Fahrzeug des US-Konvois am Montag von einer am Straßenrand gelegten Bombe getroffen worden. Das Begleitfahrzeug habe dann wahllos das Feuer eröffnet. Am späten Montagabend erschütterten starke Explosionen den Osten von Bagdad. Dabei entstand geringer Sachschaden. Mindestens zwei Granaten detonierten in der Nähe von Hotels, in denen westliche Ausländer wohnen. Verletzt wurde niemand.

In Falluja protestierten am Dienstag hunderte Menschen gegen die vorübergehende Festnahme einer jungen Frau. Die 17-Jährige sei am Montag bei der Durchsuchung eines Hauses für fünf Stunden von US-Soldaten in Gewahrsam genommen worden, sagten Verwandte.

Ein US-Militärhubschrauber vom Typ „Apache” ist nach Informationen des arabischen TV-Senders „Al Jazeera” (Katar) am Dienstag westlich von Bagdad abgestürzt. Die beiden Insassen blieben nach Armeeangaben unverletzt und wurden von einer schnellen Eingreiftruppe in Sicherheit gebracht.

Unbekannte haben in der nordirakischen Stadt Mosul in der Nacht auf Dienstag zwei Polizisten erschossen. Ein Polizeioffizier sagte, die beiden Ordnungshüter seien von einem Taxi aus beschossen worden. Die Täter hätten unerkannt fliehen können.

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