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USA: Kerry klingt wie Bush

Seit Monaten muss Bush einen Rückschlag nach dem anderen einstecken. Doch sein Herausforderer bei der Wahl am 2. November hat davon bisher nur begrenzt profitieren können.

Zwar lag John Kerry in manchen Umfragen zuletzt vor Bush. Doch in Fragen der nationalen Sicherheit genießt der Präsident weiter das deutlich größere Vertrauen. In einer Umfrage des Senders ABC und der Zeitung „Washington Post“ sagten 52 Prozent, Bush habe das Land seit dem Terror des 11. September 2001 sicherer gemacht; nur 39 Prozent trauten Kerry zu, diesen Job besser zu machen. Mit einer Kampagnenoffensive will der Demokrat bis zum Ende der nächsten Woche dieses Defizit nun beheben.

Den Auftakt gab Kerry am Donnerstag mit einer Rede in Seattle an der US-Nordwestküste, in der er dem Präsidenten ankreidete, „Amerika weniger sicher gemacht zu haben, als wir in einer gefährlichen Welt sein sollten“. Seine Hauptkritik am Irak-Kurs lautete erneut, dass die Bush-Regierung in den Krieg gezogen sei, ohne die Mittel der Diplomatie ausgeschöpft zu haben, und dass sie die Risiken der Invasion unterschätzt habe: „Sie haben auf das Beste gehofft, als sie sich auf das Schlimmste hätten vorbereiten sollen.“ Mit solchen Attacken sucht Kerry auch, die eigene Partei zufrieden zu stellen, in der ihm viele vorwerfen, bisher zu zahm aufgetreten zu sein.

Doch bei aller Schärfe der Rhetorik offenbarte der Auftritt von Seattle auch erneut das Dilemma, in dem sich Kerry befindet: Zu einer wirklich klaren Abgrenzung von Bush in der Außen- und Sicherheitspolitik ist er nicht in der Lage. Denn er muss den Eindruck vermeiden, dass er die Probleme der USA in Irak zu seinem politischen Vorteil auszuschlachten versucht – Kerry wolle nicht „wie ein Opportunist“ aussehen, sondern wie ein „verantwortungsbewusster Kritiker“, sagt Sandy Berger, der frühere Nationale Sicherheitsberater von Präsident Bill Clinton und nun ein Berater Kerrys.

Vor allem aber hat Herausforderer keine echte Alternative zum Irak-Kurs des Präsidenten anzubieten – nicht nur, weil er im Kongress seinerzeit für die Resolution stimmte, die Bush den Freibrief für die Invasion ausstellte. Als gemäßigter Demokrat will Kerry ebenso wie Bush keinen Termin für den Abzug der US-Truppen nennen und notfalls zusätzliche Verbände nach Irak entsenden.

Und schließlich hat Kerry auch Vorwürfe des Bush-Teams abzuwehren, dass er die terroristische Gefahr nicht ernst genug nimmt. Weite Teile seiner Rede in Seattle hätten deshalb auch von Bush stammen können, besonders als es um den Kampf gegen El Kaida ging: Er wolle „alle Kräfte der Nation“ darauf ausrichten, das mutmaßliche Terrornetzwerk zu zu zerschlagen, versprach Kerry. Und er nannte es eine seiner vordringlichen Aufgaben, die Terroristen daran zu hindern, in den Besitz von Massenvernichtungswaffen zu gelangen.

In einigen Punkten klingen Kerry und Bush gleich, weil sich Bush bewegt hat. Der Demokrat fordert schon seit langem eine stärkere Internationalisierung der Aufgaben in Irak, durch Einbindung der UNO und NATO. Die Bush-Regierung aber bemüht sich unter dem Druck der Probleme in Irak schon seit einigen Monaten verstärkt um Unterstützung durch die multinationalen Organisationen – so ließ sie etwa dem UNO-Sonderbeauftragten Lakhdar Brahimi bei der Bildung der Übergangsregierung bisher weitgehend freie Hand.

Kerry forderte den Präsidenten nun auf, bei den bevorstehenden internationalen Gipfeltreffen die beschädigten Beziehungen zu reparieren. Sich selbst hält der Demokrat jedoch für eindeutig besser geeignet, das Vertrauen in die USA wiederherzustellen, da Bush bereits zuviel Porzellan zerschlagen habe: „Wenn Präsident Bush keine neue Unterstützung von unseren Verbündeten einholt, werden wir wieder einmal die Folgen einer Außenpolitik zu spüren bekommen, die die Welt geteilt hat, anstatt sie zu vereinen.“

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