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USA: Iran an der Spitze der Krisenherd-Liste

Die US-Führung hat den Iran an die Spitze der Liste der Krisenherde in der Welt gesetzt. Teheran habe ein handfestes Atomprogramm entwickelt und unterstütze bekanntermaßen den Terrorismus.

Das sagte US-Vizepräsident Richard Cheney in einem am Donnerstag (Ortszeit) ausgestrahlten Interview des Fernsehsenders MSNBC.

Cheney äußerte auch die Sorge, dass Israel einen Erstschlag gegen den Iran führen könnte, falls dessen Ziel die Zerstörung des jüdischen Staates sein sollte. „Man sieht sich in der Welt nach potenziellen Krisenherden um, und der Iran steht dann gleich an der Spitze dieser Liste“, sagte Cheney. Der Vizepräsident gilt als eine der treibenden Kräfte hinter dem Irak-Feldzug von 2003.

Die Vereinigten Staaten wollen sich nach den Worten von Cheney weiterhin um eine diplomatische Lösung bemühen, um den Iran von der Entwicklung von Atomwaffen abzuhalten. „Wir wollen keinen Krieg im Nahen Osten, wenn wir ihn vermeiden können“, sagte der Vizepräsident. Sollte der Iran sein Atomprogramm nicht vollständig offen legen, wollten die USA das Land vor den UNO-Sicherheitsrat bringen. US-Präsident George W. Bush hatte einen Militärschlag nicht ausgeschlossen, die künftige Außenministerin Condoleezza Rice hatte bei ihrer Senatsanhörung den Iran zu den „Vorposten der Tyrannei“ gezählt.

Mit einem Ruf zur Einigkeit haben religiöse Führer im Iran auf die jüngsten US-Vorwürfe reagiert. Amerikanische Drohungen und Druck richteten sich vor allem gegen islamische Staaten, sagte der ultrakonservative Ayatollah Emami Kashani beim Freitagsgebet. Er rief die Iraner auf, sich mit ihrem Glauben und ihrer Einigkeit den militärischen Drohungen zu widersetzen. Außenminister Kamal Kharrazi hatte sich am Donnerstag unbeeindruckt von den Drohungen der USA gegen sein Land gezeigt. „Wir werden auf jede amerikanische Drohung antworten“, sagte er.

In Peking erklärte der britische Außenminister Jack Straw, er höre aus den Vereinigten Staaten, von der US-Regierung und von Präsident Bush selbst stets „Unterstützung für den diplomatischen Ansatz“, den die drei europäischen Länder Großbritannien, Deutschland und Frankreich im Atomkonflikt mit dem Iran verfolgten. Er freue sich auf „den Erfolg“ dieser diplomatischen Herangehensweise der Europäer, betonte Straw.

Drei Tage vor dem offiziellen Besuch des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad in Moskau hat die russische Regierung die amerikanischen Attacken gegen Damaskus zurückgewiesen. In Anspielung auf die kritischen Aussagen von Rice über Syrien sagte der russische Außenamtssprecher Alexander Jakowenko nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax, das „willkürliche Aufkleben von Etiketten“ habe noch nie „die Sicherheit von wem auch immer erhöht“. Syrien spiele eine Schlüsselrolle in der Nahostregion, bemerkte der Ministeriumssprecher.

Rice hatte erklärt, Syrien müsse mit zusätzlichen Sanktionen rechnen, wenn es an seinen Verbindungen zu terroristisch ausgerichteten Gruppen festhalte. Die USA hatten mit dem „Syrian Accountability Act“ Strafmaßnahmen auf wirtschaftlicher und diplomatischer Ebene gegen Syrien verhängt, um das Land zu zwingen, die Unterstützung von Terrorgruppen einzustellen, keine Massenvernichtungswaffen zu entwickeln und die militärische Präsenz im Libanon vollständig zu beenden. Washington beschuldigt Damaskus nach wie vor, ausländische Kämpfer über seine Grenzen in den Irak zu lassen und Exponenten des gestürzten irakischen Regimes zu schützen.

Jakowenko wies neuerlich israelische Presseberichte zurück, nach denen es bei Assads Besuch um die Lieferung russischer Raketen an Syrien gehen solle. Der syrische Außenminister Faruk Sharaa hatte Israel vorgeworfen, hinter einer „betrügerischen Kampagne“ gegen sein Land zu stehen, mit der die Weltöffentlichkeit hinters Licht geführt werde. Israels Außenminister Silvan Shalom hatte Syrien als „den Terrorismus unterstützendes Land“ bezeichnet und die russische Regierung eindringlich aufgefordert, vereinbarte Waffenlieferungen zu annullieren.

Israel sieht in Cheneys Iran-Äußerungen Ermahnung in Richtung Europa

Israel betrachtet die Warnung der USA vor einem möglichen israelischen Angriff auf den Iran als Aufforderung an die Europäer, im Atomstreit mit der Regierung in Teheran eine schärfere Position zu beziehen. US-Vizepräsident Dick Cheney hatte am Donnerstag in einem Interview von Befürchtungen gesprochen, wonach Israel den Iran wegen dessen potenzieller atomarer Bedrohung angreifen könnte. „Die Absicht war, den Europäern zu sagen: ’Wenn ihr nicht entschlossener in Richtung Sanktionen voranschreitet und generell entschiedener handelt, um das iranische Atomprogramm zu stoppen, dann sind wir nicht für das verantwortlich, was Israel tut’“, sagte ein israelischer Regierungsvertreter am Freitag.

Israel erkenne den Führungsanspruch der USA in Bezug auf den Iran voll an und befürworte internationale Sanktionen, damit die Regierung in Teheran ihr Atomprogramm einstelle, fügte der Regierungsvertreter hinzu. Cheney hatte gesagt, das erklärte Ziel des Iran sei es, den israelischen Staat zu zerstören. Mehrere hochrangigen Repräsentanten Israels stellten daraufhin fest, die Worte des Vizepräsidenten seien vor allem an die Adresse der Europäer gerichtet, die im Atomstreit mit dem Iran bisher auf eine Verhandlungslösung setzten. US-Präsident George W. Bush hatte zuletzt einen Militärschlag gegen den Religionsstaat nicht ausgeschlossen.

Die Vereinigten Staaten werfen dem Iran vor, nach Atomwaffen zu streben. Das Land weist dies jedoch zurück und argumentiert, ihr Atomprogramm diene allein der Energiegewinnung. Die EU-Staaten Deutschland, Großbritannien und Frankreich führen derzeit Verhandlungen, um die iranischen Führung dazu zu bringen, auf das Atomprogramm zu verzichten. Im Gegenzug wird wirtschaftliche Zusammenarbeit geboten; internationale Sanktionen sollen abgewendet werden. Auch Cheney hatte in dem Interview ergänzt, am Besten im Atomstreit mit Teheran sei eine diplomatische Lösung. Der iranische Präsident Mohammad Khatami hatte nach Bushs Aussage über einen Militärschlag gewarnt, sein Land werde nicht zögern, Raketen auf Israel zu feuern, sollte Israel seine nuklearen Anlagen angreifen. Die Gefahr eines US-Angriffs schätzte Khatami als gering ein.

Paris beharrt auf diplomatische Lösung im Atomstreit mit Iran

Nach den Drohungen aus Washington mit einem möglichen Militäreinsatz gegen den Iran bezüglich des Atomstreits mit Teheran hat am Freitag neben dem britischen Außenminister Jack Straw auch dessen Amtskollege aus Frankreich, Michel Barnier, den europäischen Ansatz einer diplomatische Lösung des Konflikts unterstrichen. Es gebe „keine Alternative“ zu Verhandlungen, sagte Barnier in Moskau.

Die Zusammenarbeit der drei großen EU-Staaten Deutschland, Großbritannien und Frankreich mit Teheran sei „heikel, und wir halten die Augen weit offen“, sagte Barnier bei einem Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow. Die USA seien skeptisch und würden ständig über den Fortgang der Verhandlungen informiert. Der Iran müsse „auf Atomwaffen verzichten“, forderte Barnier.

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