USA in Alarmbereitschaft: Droht eine russische Atombombe aus dem All?

Darum geht's:
- Die USA haben den Kongress und europäische Verbündete über mögliche russische atomare Kapazitäten informiert.
- Russland weist die Warnung als "bösartige Fälschung" zurück.
- Die Erkenntnisse stehen im Zusammenhang mit der russischen Entwicklung einer weltraumgestützten Waffe.
Dies sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person am Mittwoch und bestätigte damit einen Bericht der "New York Times". Russland wies die Warnung als "bösartige Fälschung" und Trick zurück.
Russisches "Star Wars"?
Dies sei eindeutig ein Versuch der US-Regierung, den Kongress zur Genehmigung von mehr Geld für die Ukraine und zur Bekämpfung Russlands zu bewegen, sagte der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow am Donnerstag. Er wolle sich nicht weiter zu den Berichten darüber äußern, bis die US-Regierung Einzelheiten bekanntgegeben habe. "Wir werden sehen, welche Tricks das Weiße Haus anwenden wird", fügte Peskow hinzu. Vize-Außenminister Sergej Rjabkow, zuständig für Fragen der - weitgehend ausgesetzten - Rüstungskontrolle, warf den USA laut der russischen Nachrichtenagentur TASS eine "bösartige Fälschung" vor.
Die neuen Fähigkeiten stellten keine akute Bedrohung für die Vereinigten Staaten dar, sagte die Person, die anonym bleiben wollte. Die Erkenntnisse stünden im Zusammenhang mit russischen Versuchen, eine weltraumgestützte Waffe zu entwickeln.
Forderung nach Freigabe der Informationen
Am Mittwoch hatte die Warnung des Vorsitzenden des Geheimdienstausschusses des US-Repräsentantenhauses, Mike Turner, vor einer "ernsthaften Bedrohung der nationalen Sicherheit" in den USA Rätselraten ausgelöst. Turner rief Präsident Joe Biden auf, "alle Informationen bezüglich dieser Bedrohung" öffentlich zugänglich zu machen. Zwei mit der Sache vertraute Personen sagten, Turners Erklärung stehe im Zusammenhang mit Russland und einem Einsatz im Weltraum. Sie lehnten weitere Angaben unter Hinweis auf die hohe Geheimhaltungsstufe ab.
Deutschland weiß von nichts
Dem deutschen Verteidigungsminister Boris Pistorius liegen bisher keine Erkenntnisse darüber vor, dass Russland möglicherweise atomare Anti-Satelliten-Waffen im Weltraum stationieren will. "Diese Meldungen sind meines Wissens sehr, sehr neu, jedenfalls für mich", sagte der SPD-Politiker am Donnerstag am Rande eines NATO-Verteidigungsministertreffens in Brüssel. Man werde sich darüber mit den Partnern unterhalten.
Pistorius warnte davor, übereilte Antworten zu geben oder zu glauben, welche zu haben. "Das müssen wir abwägen. Wir müssen die technischen Fragen klären und dann sehen, was daraus folgert", sagte der Minister.
Haben die Russen Satelliten im Visier?
Laut US-Medien liegen zusammengetragene Geheimdienstinformationen über neue nukleare Ambitionen Russlands vor, die es Moskau in Zukunft ermöglichen sollen, Atomwaffen gegen Satelliten im All einzusetzen. Die "New York Times" schrieb, diese Fähigkeiten seien noch in Entwicklung und bisher nicht zum Einsatz gekommen. Eine akute Gefahr bestehe daher nicht. Fox News berichtete, mit einem Einsatz nuklearer Systeme gegen Satelliten ließe sich möglicherweise militärische Kommunikation und Aufklärung der USA ausschalten. Es gab zunächst keinerlei offizielle Bestätigung für die Berichte.
Briten äußern sich nur sehr zurückhaltend
Der britische Verteidigungsminister Grant Shapps sagte in Brüssel, er wolle nicht direkt auf mögliche neue Erkenntnisse in dem Bereich eingehen. Er sagte lediglich allgemein, man wisse, dass Gegner immer nach neuen Wegen der Kriegsführung suchen würden. Man müsse bereit für Herausforderungen im Weltraum und im Cyberbereich sein. Der kanadische Verteidigungsminister Bill Blair nannte die Berichte besorgniserregend.
Weltraum-Angriff wäre ein Fall für die NATO
Um gegen Angriffe auf Satelliten besser reagieren zu können, hatte die NATO bereits 2021 beschlossen, dass Angriffe aus oder im Weltraum künftig nach Artikel 5 zur kollektiven Verteidigung als Bündnisfall behandelt werden können - also so wie zuvor Angriffe am Boden oder im Luft-, See- oder Cyberraum.
Begründet wurde der Schritt unter anderem damit, dass Angriffe auf Satelliten im Fall eines Krieges genutzt werden könnten, um Teile des öffentlichen Lebens lahmzulegen. So könnten zum Beispiel die Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, Handynetze oder Navigationssysteme für den Straßen-, See- und Luftverkehr schwer beeinträchtigt werden.
(APA/Reuters/dpa)