Indirekt drohten die USA mit einem Rückzug aus Friedensmissionen der Vereinten Nationen, sollte sich die UNO diesem Wunsch entgegenstellen. Der stellvertretende US-Botschafter Richard Williamson erklärte am Mittwoch in New York, Washington werde US-Bürger während UNO-Friedensmissionen nicht dem Zugriff des Strafgerichtshofs aussetzen.
An dieser Haltung werde sich nichts ändern. „Die Quintessenz ist, dass die Vereinigten Staaten US-Bürger keiner Gefahr aussetzen werden.“ Der Schutz vor Festnahme und Verfolgung durch das Gericht soll sich nach dem Willen der USA auf alle Teilnehmer – auch Nicht-Amerikaner – an Missionen erstrecken, die vom UNO-Sicherheitsrat gebilligt wurden. Dies würde auch für die Teilnahme an Einsätzen wie in Bosnien und im Kosovo oder die Schutztruppe in Afghanistan gelten.
Der Sicherheitsrat reagierte zurückhaltend auf den Vorstoß der USA. Der norwegische UNO-Botschafter Ole Peter Kolby erklärte, der Rat werde sich bemühen, auf die US-Bedenken einzugehen. „Ich weiß aber nicht, ob das möglich ist“, fügte er hinzu. Der kolumbianische Botschafter Alfonso Valdivieso sagte, der Antrag der USA untergrabe den Geist und die Formulierungen des Vertrags zur Schaffung des Gerichtshofs. Der Direktor des Programms für Internationale Justiz der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Richard Dicker, erklärte, die USA versuchten nun, durch die Hintertür zu bekommen, was sie bei den Verhandlungen über die Schaffung des Gerichtshofs nicht erreicht hätten: eine Ausnahme für US-Bürger. „Diese Art von Immunität widerspricht dem einfachsten Rechtsprinzip, nämlich dass das Gesetz für jedermann gleichermaßen gilt.“
Der 1998 in Rom ausgehandelte Vertrag wurde inzwischen von genügend UNO-Mitgliedsländern ratifiziert, um am 1. Juli in Kraft zu treten. Der frühere US-Präsident Bill Clinton hatte sich seinerzeit der Idee eines Internationalen Strafgerichts für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeschlossen. Das entsprechende Abkommen wurde während seiner Regierungszeit aber nicht mehr dem Senat zur Billigung vorgelegt. Clintons Nachfolger George W. Bush hatte sich von Anfang an gegen das neue Rechtsgebilde ausgesprochen. Die USA haben stets befürchtet, amerikanische Soldaten könnten dort aus politischen Motiven heraus willkürlich angeklagt werden. Die Befürworter des Strafgerichtshofs weisen jedoch darauf hin, dass der Vertrag dem Gericht nur dann die Rechtsprechung über Bürger eines anderen Staates einräumt, wenn dieser sich weigert, einem Verdacht nachzugehen.