Damit errangen die Oppositionspartei bei der Zwischenwahl am Dienstag auch die Mehrheit im US-Senat, der wichtigeren der beiden Parlamentskammern. Im Repräsentantenhaus war schon am Wahlabend eine satte demokratische Mehrheit festgestanden. US-Präsident George W. Bush streckte indes seine Hand nach den Demokraten aus, und zeigte sich in der Irak-Politik kompromissbereit.
Nach dem Sieg in Virginia haben die Demokraten 51 der 100 Sitze im US-Senat. Sie gewannen sechs Sitze auf Kosten der Republikaner, obwohl nur ein Drittel der Senatoren zur Wahl standen. Erstmals seit 1994 kontrollieren die Demokraten beide Parlamentskammern, im am Dienstag zur Gänze neu gewählten Repräsentantenhaus erreichten sie eine klare Mehrheit von mindestens 229 der 435 Sitze (plus 29). Die Republikaner kommen auf mindestens 196 Sitze (minus 28). Zehn Wahlkreise waren noch auszuzählen.
Der Senat hat insbesondere in der Außenpolitik sowie bei der Ernennung von Richtern und hohen Beamten weit reichende Befugnisse. Mit ihrer Mehrheit können die Demokraten nun auch entscheidend Anteil an der Irak-Politik nehmen, die bisher weitgehend vom republikanischen Präsidenten Bush und seinen 55 Senatoren bestimmt wurde.
Wegen des nur 7.000 Stimmen betragenden Abstandes zwischen Allen und Webb hatten Beobachter nicht ausgeschlossen, dass der Republikaner eine Neuauszählung beantragen wird. Damit wäre auf mehrere Wochen hinaus nicht klar gewesen, welche Partei den Senat kontrolliert. Allen sagte jedoch am Donnerstag, er sehe keine Chance, den Rückstand auf Webb aufzuholen. Zuvor hatte sich im Staat Montana der republikanische Senator Conrad Burns am Donnerstag seinem demokratischen Herausforderer Jon Tester geschlagen gegeben. Dort betrug der Abstand nur 2.500 Stimmen.
Bush bekundete indes seinen Willen zur Zusammenarbeit mit den Demokraten. Es ist unsere Pflicht, den Wahlkampf hinter uns zu lassen und uns den großen Problemen des Landes zuzuwenden, sagte er am Donnerstag nach einer Sitzung des Kabinetts, an dem auch Kongressführer der Republikaner teilnahmen. Im Anschluss an die Sitzung traf sich Bush mit der künftigen Präsidentin des Repräsentantenhauses und bisherigen Fraktionschefin der Demokraten, Nancy Pelosi, zum Mittagessen. Beide bewerteten ihr Treffen als konstruktiv und produktiv.
Bush sagte, er sei in der Irak-Politik offen für Ideen und Vorschläge. Der Einsatz der US-Truppen dort erfordere eine parteiübergreifende Zusammenarbeit. Wir werden uns nicht bei jedem Thema einig sein, aber wir sind beide der Meinung, dass wir Amerika gleichermaßen lieben, sagte Bush, der die demokratische Politikerin im Wahlkampf nicht einmal beim Namen nennen wollte. Pelosi sagte nach dem Treffen im Weißen Haus, beide Seiten hätten trotz unterschiedlicher Auffassungen die Hand der Freundschaft ausgestreckt.
Der Präsident ist in den beiden verbleibenden Jahren seiner Amtszeit auf das Wohlwollen der liberalen Kräfte im Kongress angewiesen, um wenigstens einen Teil seiner Gesetzesvorhaben umsetzen zu können. Einige Materien will er daher noch vor Zusammentreten des neuen Kongresses im Jänner durchbringen, etwa den Vertrag über die atomare Zusammenarbeit mit Indien oder die Bestätigung des umstrittenen US-UNO-Botschafters John Bolton.
In einer ersten Reaktion auf die neuen Verhältnisse in Washington hatte Bush am Mittwoch Verteidigungsminister Donald Rumsfeld durch den früheren CIA-Direktor Robert Gates ersetzt. Er erwarte sich frische Ideen von Gates, sagte Bush mit Blick auf die gespannte Lage im Irak. Der Fraktionschef der Demokraten im Senat, Harry Reid, begrüßte den Rücktritt Rumsfelds. Dieser äußerte sich am Donnerstag kritisch über den Irak-Einsatz. Nach dem militärischen Erfolg bei der Invasion vor drei Jahren seien Stabilisierung und Wiederaufbau nicht gut genug und nicht schnell genug vorangekommen. Ehrlich gesagt hat unser Land keine Erfahrung damit, bösartige, gewalttätige Extremisten unter Kontrolle zu bringen, sagte der Ex-Minister.