Die gut 450 Delegierten bestimmten den 56-jährigen Vertreter des linken Parteiflügels am Samstag in Washington per Akklamation zum neuen Vorsitzenden. In seiner ersten Rede als Parteichef kündigte Dean einen Kampf für die Werte der Demokraten an: Konservativ in der Haushaltspolitik und fortschrittlich in sozialen Fragen
Dean war der einzige Kandidat, nachdem alle Mitbewerber ihre Kandidatur zurückgezogen hatten. Bei der parteiinternen Kür eines Präsidentschafskandidaten war er im vergangenen Jahr klar gescheitert.
Der neue Parteichef kündigte an, auf jene gesellschaftlichen Gruppen zuzugehen, die zuletzt mit großer Mehrheit für die Republikaner von Präsident George W. Bush gestimmt hatten. So sollten die Demokraten etwa den evangelikalen Christen und den Katholiken die Hand reichen. Den Schwerpunkt seiner Arbeit will Dean auf die Neuorganisation der Partei legen, die die Präsidentschafts- und Kongresswahlen vom November klar verloren hatte. Die Demokraten müssten Schritt für Schritt Boden bei Lokalwahlen und Abstimmungen in den Bundesstaaten gutmachen, bevor sie wieder auf nationaler Ebene gewinnen könnten.
Eine Richtlinienkompetenz in politischen Fragen beanspruchte Dean nicht. Der Großteil der politischen Richtungsentscheidungen wird von den Verantwortlichen im Kongress getroffen werden, nicht von mir. Damit hielt er sich an die eingebürgerte Aufgabenverteilung. In den USA sind Parteivorsitzende – abweichend von der europäischen Tradition – vor allem dafür zuständig, die Parteiarbeit landesweit zu koordinieren, Spenden einzutreiben und Kandidaten zu rekrutieren. Auf die Programmatik haben sie in der Regel weniger Einfluss als die Parteiführer im Kongress.
Dean war vor einem Jahr in den parteiinternen Vorwahlen zur Präsidentschaftskandidatur dem Mitbewerber John Kerry unterlegen, obwohl er als klarer Favorit ins Rennen gegangen war. Allerdings hatte er in den vergangenen Wochen erfolgreich im Parteiapparat für sich geworben. Als Pluspunkte konnte er anbringen, dass die Graswurzelbewegung, die er in seiner Vorwahlkampagne entfacht hatte, nun zur Belebung der gesamten Partei genutzt werden soll.
Der Ex-Gouverneur des Neuenglandstaates Vermont hat weiterhin eine enthusiastische Anhängerschaft im ganzen Land, die aus überwiegend jungen Leuten besteht. Im Vorwahlkampf sorgte er auch mit seinen innovativen Methoden des Spendensammelns per Internet für Furore – dieses Netzwerk von Spendern will Dean für die Partei reaktivieren. Er hatte allerdings auch angekündigt, dass er bei Übernahme des Parteivorsitzes keinen neuen Anlauf auf das Weiße Haus 2008 unternehmen werde.
Viele Demokraten halten Dean vor, zu links für die zunehmend konservativ werdenden USA zu sein. Indes wurde der frühere Gouverneur von Vermont erst durch sein hartes Nein zum Irak-Krieg während des Vorwahlkampfs um die Präsidentschaftskandidatur zu einer Leitfigur der Linken. Während seiner elf Jahre als Gouverneur unterzeichnete er zwar ein Gesetz für homosexuelle Lebensgemeinschaften und führte die allgemeine Krankenversicherung für Kinder ein. Doch befürwortete er auch die Todesstrafe und lehnte Sozialprogramme ab, solange die Finanzierung unsicher war.
Dean war zunächst keineswegs der Favorit für die Nachfolge Terry McAuliffes. Mehrere führende Parteimitglieder bewarben sich um die Berufung zum Chairman und gaben sich erst geschlagen, als der Rückhalt für Dean immer stärker wurde. Auch die Fraktionschefin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, gehörte nicht zu seinen Unterstützern. Kurz vor der Wahl beteuerte sie schließlich: Wir werden einen großen Demokraten zum Vorsitzenden der Partei wählen. Dean habe die Überzeugungskraft, um neue Mitglieder zu gewinnen.