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USA - Bush: "Freiheit in der ganzen Welt"

Unter dem Motto "Freiheit in der ganzen Welt" hat der 43. US-Präsident George W. Bush am Donnerstag seine zweite Amtszeit angetreten. Den Irak oder Afghanistan erwähnte Bush in seiner Rede mit keinem Wort, der Begriff Freiheit kam 27 Mal vor. 

Zur Vereidigung Bushs und seines Stellvertreters Dick Cheney auf den Stufen des Kapitols in Washington waren aus Angst vor einem Terroranschlag die schärfsten Sicherheitsvorkehrungen in der Geschichte der USA angeordnet worden.

In Anspielung auf die Anschläge vom 11. September 2001 erklärte Bush in seiner gut 15-minütigen Antrittsrede: „Wir sind durch die Ereignisse und gesunden Menschenverstand zu einem Schluss gelangt: Der Fortbestand der Freiheit in unserem Land hängt in zunehmendem Maße vom Erfolg der Freiheit in anderen Ländern ab.“ Und weiter sagte er: „Die größte Hoffnung auf Frieden in unserer Welt ist die Ausbreitung der Freiheit in der ganzen Welt.“ Bush gab das Ziel vor, die Tyrannei in der Welt endgültig zu besiegen.

Die vor allem wegen des Irak-Kriegs gespaltene amerikanische Nation rief der Präsident auf, zur Geschlossenheit wie nach dem 11. September zurückzufinden. Bush wandte sich auch an die Verbündeten der USA, von denen sich einige – darunter Deutschland – wegen des Irak-Kriegs von Washington entfremdet haben. „Wir würdigen Ihre Freundschaft, wir verlassen uns auf Ihren Rat und Ihre Hilfe.“ Den Irak oder Afghanistan erwähnte Bush in seiner Rede mit keinem Wort, der Begriff Freiheit kam 27 Mal vor.

Wie es die Verfassung vorschreibt, wurde Bush zur Mittagsstunde vom Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofs, William Rehnquist, vereidigt. Dabei legte der Präsident wie vor vier Jahren eine Hand auf die Familienbibel. Kurz zuvor hatte Vizepräsident Cheney seinen Amtseid abgelegt. Der Eid wurde ihm vom Präsidenten des Repräsentantenhauses, Dennis Hastert, abgenommen. An der feierlichen Amtseinführung nahmen unter anderen die früheren Präsidenten Jimmy Carter, Bill Clinton und George Bush senior, der Vater des jetzigen Staatsoberhaupts, mit ihren Frauen teil.

Zur Vereidigung und der anschließenden Parade auf der Pennsylvania Avenue vom Kapitol, dem Sitz der beiden Parlamentskammern, zum Weißen Haus wurden rund eine halbe Million Zuschauer erwartet. Außerdem versammelten sich etwa 500 Demonstranten in einem Park einige Kilometer vom Kapitol entfernt, um gegen den Irak-Krieg zu demonstrieren. Auch in San Francisco, Los Angeles und anderen Städten waren Anti-Bush-Demonstrationen geplant.

Aus Sicherheitsgründen wurden in weitem Umkreis der Veranstaltungsorte in der Hauptstadt Straßensperren errichtet. Auf Dächern waren Scharfschützen postiert. Außerdem waren Flugabwehrbatterien in Stellung gebracht worden.

Bereits am Vorabend der Vereidigung war Partyzeit in Washington; die Bushs und die Familie von Vizepräsident Cheney waren allein bei drei „Candlelight Dinners“ für die größten Unterstützer ihrer Wahlkampagne. Zuvor wurde ein prächtiges Feuerwerk gezündet und ein Konzert unter dem Motto „A Celebration of Freedom“ gegeben, bei dem unter anderen der italienische Startenor Andrea Bocelli auftrat.

Zuvor hatte Bush mit seiner Frau Laura das Nationalarchiv besucht und ließ sich die Unabhängigkeitserklärung, das Original der US-Verfassung und der Menschenrechtserklärung zeigen. Am Vorabend seiner zweiten Amtseinführung spüre er das Gewicht der Geschichte, sagte der alte und neue Präsident.

Pressestimmen zu US-Präsident Bush und US-Außenministerin Rice

Die internationale Presse kommentiert am Donnerstag die anstehende Vereidigung von US-Präsident George W. Bush:

„Washington Post“:

„Es ist verführerisch, den Tag der Amtseinführung als einen frischen Start selbst für einen Präsidenten mit einer zweiten Amtszeit zu sehen: als eine Zeit, einen Neuanfang zu machen, alte Erfolge einzuheimsen, alte Fehler zu verzeihen und voranzuschreiten. Präsident Bush machte sich – aus einer Perspektive – eine solche Vision zu Eigen, als er vergangene Woche sagte, dass er keinen Grund sehe, hochrangige Mitarbeiter verantwortlich zu machen für das, was Kritiker als Fehleinschätzungen der ersten Amtszeit zum Irak betrachten. ’Wir hatten eine Gelegenheit zur Rechenschaft, und das wurde Wahl 2004 genannt’, sagte Bush (…)

Vielleicht ist die einzige sichere Vorhersage, dass Bushs zweite Amtszeit wie die erste von unerwarteten Ereignissen geprägt sein wird. Das eine, das wir nun alle zu fürchten gelernt haben, ist ein anderer Anschlag, vielleicht noch schlimmer als der vom 11. September; Mr. Bush hat Recht, die Vorbeugung und die Abwehr einer solchen Attacke zu seiner ersten Priorität zu machen. (…) Es ist schließlich der Tag der Amtseinführung, und wenn dies für Mr. Bush keine Gelegenheit für einen Neuanfang ist, dann kann es eine Gelegenheit für alle Amerikaner (…) sein, ihm und dem Land in den kommenden vier Jahren Erfolg zu wünschen.“

„The Guardian“ (London):

„Niemand in Großbritannien oder Europa kann der weisen Aussage widersprechen, dass Amerika eine ’Unterhaltung’ mit dem Rest der Welt führen sollte und keinen ’Monolog’, bei dem andere nicht zu Wort kommen. Es sind also ausgezeichnete Nachrichten, dass Condoleezza Rice dies in ihrem Text bei der Bestätigung als nächste US-Außenministerin stehen hat. Es wäre ermutigend, wenn George Bush dasselbe versprechen würde, wenn er heute auf dem Kapitolshügel seinen Amtseid ablegt. Aber er wird furchtbar viele Menschen davon überzeugen müssen, dass er es auch ernst damit meint.“

„La Stampa“ (Turin):

„Es ist ganz natürlich, dass man außerhalb der USA vor allem auf die amerikanische Außenpolitik schaut, aber auf diesem Gebiet hat Bush in seiner ersten Amtszeit vielleicht eher unter dem Zwang der Verhältnisse gehandelt als aus eigener Entscheidung: Durch den Anschlag vom 11. September und die wütende Reaktion der eigenen Bevölkerung, durch die zwanghafte Furcht, die dennoch in der Realität so vergleichsweise wenig durch eine Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen gerechtfertigt war.

In Wahrheit lagen und liegen die Prioritäten seiner Politik aber in der Innenpolitik. Die Steuersenkungen in den vergangenen Jahren waren die größten seit 1981. Die innenpolitischen Ziele seiner zweiten Amtszeit scheinen derzeit vor allem darauf gerichtet, Investoren starke Anreize zu geben, und dies nicht nur durch fiskalische Maßnahmen, sondern auch durch Verringerung bürokratischer und rechtlicher Hemmnisse, die Investitionen bremsen.“

„Le Monde“ (Paris):

„Diese neue Darstellung der Außenpolitik scheint mehr Public Relations zu sein als eine substanzielle Änderung zu beinhalten. Im offiziellen Vokabular ersetzen fortan die ’Vorposten der Tyrannei’ die ’Achse des Bösen’. Die Liste selbst hat sich dabei sogar verlängert: Kuba, Simbabwe, Weißrussland und Birma sind zu Nordkorea und zum Iran hinzugekommen. Auch mit den Vereinten Nationen hat Rice bei ihrem erklärten Willen zum Dialog nicht viel Aufhebens gemacht. Stattdessen bestand sie auf der Sammlung der ’Gemeinschaft der Demokratien’, ein Ausdruck, der mehr die Verbündeten als die internationale Organisation in ihrer ganzen Vielfalt beschreibt. Wie wird diese offensive Sprache in konkrete Politik umgesetzt werden? Der erste Test wird der Iran sein.“

„Le Figaro“ (Paris):

„Da nun in Washington ’die Zeit der Diplomatie gekommen ist’, muss diese Gelegenheit auf dieser Seite des Atlantiks voll und ganz ergriffen werden. (…) Das ist es, was Frankreich seit einiger Zeit versucht: Die transatlantischen Beziehungen wiederzubeleben ist eine Priorität für den Elysee-Palast geworden. (…) Alle wetteifern mit ihren guten Absichten, aber wir dürfen uns nichts vormachen: George W. Bush wird zu Beginn seines zweiten Mandats seine Politik nicht ändern. (…) Bush II wird die Fortsetzung von Bush I sein – aber mit einer verbesserten Öffentlichkeitsarbeit.“

„Les Echos“ (Paris):

„Nein, George W. Bush hat sich nicht wirklich geändert. Aber er wird neue Kleider anziehen, um jene Ziele besser erreichen zu können, die er während seines ersten Mandats nicht geschafft hat. Und damit hat er in den USA und auf dem internationalen Parkett eine Mischung aus Sorge und Hoffnung hervorgerufen. (…) Wird Bush II sich versöhnlicher gegenüber seinen Alliierten zeigen, nachdem er (…) die Grenzen seiner unilateralen Aktion im Irak erkannt hat? Das ist alles andere als sicher.“

„France Soir“ (Paris):

„In vier Jahren soll also weltweit eine ’Pax Americana’ herrschen. Da mögen hintersinnige Geister noch so sehr daran erinnern, dass die während seiner ersten Amtszeit servierte Demokratie mit Bush-Soße einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt. (…) Washingtons Alleingang wird auch im Falle des Iran deutlich. Condoleezza Rice hat am Dienstag zugegeben, dass man den iranischen Machthabern nicht nur ihre Atompolitik vorwirft.

In Wirklichkeit würden George W. Bush und seine Außenministerin gerne ein Regime stürzen, das nach den irakischen Wahlen am 30. Jänner in Bagdad die Fäden ziehen könnte, wenn die Schiiten gewinnen, was angesichts ihres Bevölkerungsanteils von 60 Prozent wahrscheinlich ist. Werden die Amerikaner solch eine kriegerische Politik unterstützen, die blutige Schläge gegen ihr Land provozieren könnte? Das ist die größte Unsicherheit. Alles hängt wahrscheinlich vom Irak ab. Die Bevölkerung empfindet den dort zu zahlenden Preis langsam als zu hoch. Seit März 2003 bis gestern wurden im Irak 1.350 US-Soldaten getötet.“

„Independant du Midi“ (Narbonne):

„Der amerikanische Präsident hat am Dienstag Wert darauf gelegt, jene zu dementieren, die auf ein wenig kriegerisches zweites Mandat spekulieren. Er zweifelt nicht daran, dass die US-Armee in den kommenden vier Jahren noch ’mehr gebraucht werden wird’. Nun wissen wir also, woran wir sind. Die Schwierigkeiten, auf die er im Irak stößt, dämpfen Bushs Enthusiasmus nicht – schließlich will er der ’phantastischen Periode der Weltgeschichte’, in der wir ihm zufolge leben, seinen Stempel aufdrücken.“

„Le Soir“ (Brüssel):

„Die Sorgen der Welt sind dabei nicht nur diplomatischer Art, wobei sich große Teile des Planeten völlig ignoriert fühlen. Neben der ökonomischen Unsicherheit, die von jedem Risiko einer Destabilisierung gefährdeter Zonen ausgeht, gehören auch rein wirtschaftliche Fragen zu den Hauptanliegen „befreundeter“ Nationen. In der ersten Reihe: Der andauernde Fall des Dollars trotz der förmlichen Bekenntnisse zu einer starken Währung.“

„ABC“ (Madrid):

„Das Angebot der künftigen US-Außenministerin Condoleezza Rice zum Dialog war vor allem an einen Gesprächspartner gerichtet: an Europa. Nordamerika und Europa gehören zu ein und derselben Zivilisation. Es muss sichergestellt werden, dass beide Seiten sich dauerhaft verstehen, ohne Streit und Eifersüchteleien.

Man darf nicht vergessen, dass die westlichen Demokratien den Kalten Krieg deshalb gewonnen haben, weil sie fest zusammengestanden hatten. Jetzt braucht man dieselbe Einigkeit, damit auch der islamistische Totalitarismus besiegt werden kann.“

„Politiken“ (Kopenhagen):

„Derzeit kommen zweideutige Signale aus den USA. Bei der Anhörung im Senat unterstrich die kommende Außenministerin Condoleezza Rice die Bedeutung der Diplomatie. (…) Ein paar Tage vorher betonte ihr Chef George W. Bush dagegen, dass er die Möglichkeit eines militärischen Eingreifens gegen den Iran nicht ausschließen will, wo nach Meinung der USA vielleicht Atomwaffen produziert werden. (…) Es gibt allen nur erdenklichen Grund, die diplomatischen Bestrebungen mit Deutschland, Frankreich und Großbritannien an der Spitze fortzusetzen. Das Ziel muss ein volles und nicht nur ein begrenztes Zugangsrecht von UN-Inspekteuren zu iranischen Atomanlagen sein. Wenn die USA es ernst meinen mit mehr Diplomatie unter Condoleezza Rice als Außenministerin, sollten sie sich hinter die europäischen Bemühungen stellen und aufhören, auf die Kriegstrommel zu schlagen. Letzteres gibt den Mullahs nur eine zusätzliche Entschuldigung, sich politischen Verhandlungen mit Europa zu entziehen.“

„Dnewnik“ (Sofia):

„Mit der heutigen Zeremonie zum Amtsantritt von George Walker Bush zu seiner zweiten Amtszeit im Weißen Haus (…) stellt sich der Clan Bush als die erfolgreichste politische Familie in der amerikanischen Geschichte heraus. (…) Bush beginnt (…) seine zweite Amtszeit ohne die Unterstützung der Hälfte der Amerikaner. Zur Zeit hat dies aber keine Bedeutung, weil der Name Bush bereits neben Adams, Roosevelt und Kennedy steht und sein Einfluss noch Jahrzehnte andauern wird.“

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