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US-Sanktionen gegen Türkei, sofortige Waffenruhe gefordert

Präsident Erdogan und Verteidigungsminister Akar
Präsident Erdogan und Verteidigungsminister Akar ©APA (AFP/PRESIDENTIAL PRESS S.)
Die USA haben wegen der Militäroffensive in Nordsyrien Sanktionen gegen die Türkei verhängt und eine sofortige Waffenruhe gefordert. US-Präsident Donald Trump will seinen Vize, Mike Pence, schnellstmöglich zur Vermittlung zwischen den Kurden und den Türken nach Ankara schicken. Neben den Sanktionen kündigte Trump die Anhebung von Strafzöllen auf Stahlimporte aus der Türkei auf 50 Prozent an.
Türkische Nationalelf sendet Militärgruß

Trump habe dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in einem Telefonat gesagt, dass die USA von der Türkei verlangen, die "Invasion" zu stoppen. Der US-Präsident habe sein Angebot wiederholt, in dem Konflikt zwischen den Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) und dem türkischen Militär zu vermitteln. Erdogan habe Trump zugesichert, die Grenzstadt Kobane nicht anzugreifen, sagte Pence.

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Waffenstillstand gefordert

Die Sanktionen würden ausgeweitet und verschärft, solange die Türkei nicht in den Waffenstillstand trete, die Gewalt einstelle und sich damit einverstanden erkläre, eine langfristige Lösung der Probleme entlang der Grenze zwischen der Türkei und Syrien auszuhandeln, erklärte Pence am Montag.

Sanktionen wurden gegen Verteidigungsminister Hulusi Akar, Energieminister Fatih Dönmez sowie Innenminister Süleyman Soylu verhängt. Zudem seien das Verteidigungsministerium und das Energieministerium der Türkei mit Sanktionen belegt worden, erklärte das US-Finanzministerium. Die US-Sanktionen haben unter anderem zur Folge, dass mögliches Vermögen der sanktionierten Personen in den USA eingefroren wird.

Verhandlungen abbrechen

In einer Erklärung kündigte Trump zudem die Anhebung von Strafzöllen auf Stahlimporte aus der Türkei an. Zudem werde die US-Regierung "umgehend" Verhandlungen über ein Handelsabkommen abbrechen. Die angekündigten US-Sanktionen dürften die angeschlagene türkische Wirtschaft empfindlich treffen.

Die demokratische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, kritisierte die Sanktionen als nicht ausreichend, um die "humanitäre Katastrophe" zu stoppen, die Trump mit seiner "unberechenbaren" Politik hervorgerufen habe. Der US-Präsident wurde wegen seiner Syrien-Politik scharf kritisiert. Auch Politiker seiner republikanischen Partei werfen ihm vor, die Kurden im Stich zu lassen, die an der Seite der USA gegen die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gekämpft hatten.

Trump verteidigte seine Linie in einem sarkastischen Tweet: Jeder könne Syrien dabei helfen, die Kurden zu schützen - "Russland, China oder Napoleon Bonaparte". Er wünsche ihnen gutes Gelingen. "Wir sind 7.000 Meilen weit weg!"

Militäreinsatz in Syrien

Die Türkei hatte Mittwoch vergangener Woche einen lange geplanten Militäreinsatz gegen die kurdische YPG-Miliz begonnen, die an der Grenze zur Türkei in Nordsyrien ein großes Gebiet kontrolliert. Die Türkei hält die YPG für einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit für eine Terrororganisation. Nach schnellen Verlusten hatten die von den Kurden dominierten SDF am Sonntag eine Vereinbarung mit der Regierung in Damaskus und deren Verbündetem Russland getroffen. Das syrische Militär kam den von der Türkei bedrängten kurdischen Milizen am Montag mit einem Truppenaufmarsch zu Hilfe. Über die Zahl der Truppen machte die Regierung in Damaskus keine Angaben. Die SDF waren im Kampf gegen die Terrormiliz IS ein wichtiger Verbündeter der USA.

Am Wochenende ordnete Trump zudem den Rückzug verbleibender US-Soldaten aus dem Nordosten Syriens an. Der Zeitplan darüber ist unbekannt. Die Truppen würden in der Region bleiben, um ein Wiedererstarken der Terrormiliz Islamischer Staat zu verhindern, erklärte Trump. Ein kleiner Teil bleibe an einem Truppenstandort im Süden Syriens.

"Erdogan trägt die Verantwortung"

"Präsident Erdogan trägt die volle Verantwortung für die Konsequenzen, einschließlich eines möglichen Wiederauflebens des IS, möglicher Kriegsverbrechen und einer wachsenden humanitären Krise", erklärte US-Verteidigungsminister Mark Esper. Er wolle die NATO-Partner bei einem Treffen in Brüssel kommende Woche zu Maßnahmen gegen die Türkei bewegen. Der "inakzeptable Einmarsch" habe zur Befreiung "vieler gefährlicher IS-Gefangenen" geführt.

Trotz Anrückens der syrischen Kräfte von Präsident Bashar al-Assad und scharfer internationaler Kritik betonte Erdogan am Montag erneut, dass der "Kampf" fortgesetzt werde, bis der "endgültige Sieg" erreicht sei. Die Türkei will entlang der Grenze eine sogenannte Sicherheitszone unter ihrer alleinigen Kontrolle einrichten.

Die Außenminister der EU-Staaten hingegen hatten die türkische Offensive in Nordsyrien zwar scharf verurteilt, aber keine Einigung auf ein Waffenembargo oder Sanktionsdrohungen erzielt. In einer in Luxemburg verabschiedeten Erklärung wurde lediglich auf die Bemühungen der Mitgliedstaaten hingewiesen, Rüstungsexporte auf nationaler Ebene einzuschränken. Von möglichen Sanktionen gegen die Türkei ist gar nicht die Rede.

(APA/dpa/ag.)

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