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USA: Anhörung von Folter-Soldatin England

Die wegen der Misshandlung irakischer Gefangener angeklagte US-Soldatin Lynndie England erscheint am Dienstag zu einer Anhörung vor einem US-Militärgericht in Fort Bragg. Die Angeklagten

England gilt als Symbolfigur des Misshandlungsskandals im US- Militärgefängnis von Abu Ghraib. *

Um die Welt gingen die Fotos, die die lachende Soldatin mit einem nackten irakischen Gefangenen an einer Hundeleine zeigten. England wird vorgeworfen, Gefangene misshandelt und gedemütigt zu haben.

Die Anhörung war um zwei Wochen verschoben worden, um Englands Anwalt mehr Zeit zu geben, sich mit dem Fall vertraut zu machen. Bei der Anhörung vor dem Militärgericht soll darüber entschieden werden, ob England der Prozess gemacht wird. Neben der 21-Jährigen sind in dem Skandal sechs weitere US-Soldaten angeklagt. Einer von ihnen wurde bereits zu einem Jahr Haft verurteilt.

US-Soldatin England – Das Gesicht des Abu Ghraib-Missbrauchskandals

Der Skandal um die Misshandlung irakischer Gefangener hat ein Gesicht: das von Lynndie England. Die Fotos, auf denen die klein gewachsene US-Soldatin mit dem kurzen dunklen Haar lachend einen nackten irakischen Gefangenen an einer Hundeleine hält, gingen um die Welt. Englands Lachen ist inzwischen einem versteinerten Ausdruck gewichen. Die 21-Jährige wurde von der US-Militärjustiz wegen Misshandlung und Demütigung Gefangener, wegen Verletzung von Dienstvorschriften und Diskreditierung der Armee angeklagt. Ab Dienstag entscheidet sich, ob ihr der Prozess vor einem Militärgericht gemacht wird. England drohen bis zu 38 Jahre Haft.

Die erste Anhörung vor dem Militärtribunal in Fort Bragg im US-Bundesstaat North Carolina Mitte Juli war auf Antrag von Englands Anwälten vertagt worden, um ihrem neuen Militäranwalt mehr Zeit zu geben, sich mit dem Fall vertraut zu machen. Bei dem damaligen zehnminütigen Gerichtstermin beschränkten sich Englands Äußerungen auf ein knappes „Ja, Madam“ auf die Frage der ermittelnden Offizierin Denise Arm, ob sie ihre Rechte verstehe, und auf ein „Nein, Madam“ auf die Frage, ob sie ihrerseits Fragen habe. Dazu zeigte die Schwangere ein völlig ausdrucksloses Gesicht.

England gilt als Symbolfigur des Folterskandals im US-Militärgefängnis von Abu Ghraib bei Bagdad. Sie ist eine von sieben Soldaten, die wegen der Misshandlungen angeklagt sind; einer von ihnen wurde bereits zu einem Jahr Haft verurteilt. Doch keiner von ihnen ist auf so vielen Fotos zu sehen wie die Soldatin. Neben der Hundeleine-Aufnahme bekannt sind Fotos, die sie grinsend vor einem Haufen nackter Körper zeigen, oder wie sie, eine Zigarette im Mundwinkel, mit dem Finger auf die Geschlechtsorgane nackter Gefangener zielt. Auf unveröffentlichten Aufnahmen soll zu sehen sein, wie sie vor den Augen von Gefangenen mit anderen Soldaten Geschlechtsverkehr hat.

England bestand stets darauf, lediglich Anordnungen befolgt zu haben. Sie habe all dies nur getan, weil es ihr ein Vorgesetzter gesagt habe. Ziel sei es gewesen, die Gefangenen vor Verhören gefügig zu machen.

Dank der US-Medien ist Englands Lebensgeschichte inzwischen hinlänglich bekannt: wie es sie von ihrer Heimat in West-Virginia, wo sie in armen Verhältnissen aufwuchs, in das Gefängnis in der Nähe von Bagdad verschlug. Als die ersten Bilder an die Öffentlichkeit gelangten, rief die junge Soldatin nach Informationen der „Washington Post“ ihre Mutter an und sagte: „Mama, ich war zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort.“ Die Eltern verteidigen ihre Tochter ohne Wenn und Aber. Ihre Mutter, die mit ihrem Mann in einem Wohnwagen in Fort Ashby lebt, erzählt, wie ihre Tochter zunächst begeistert war, mit der 372. Kompanie der Militärpolizei nach Irak geschickt zu werden. Nach und nach aber sei sie desillusioniert worden.

Lynndie England hatte im Gefängnis von Abu Ghraib Verwaltungsaufgaben und war oft in den Gängen der Haftanstalt unterwegs, weil sie in einen anderen Soldaten namens Charles Graner verliebt war. Auch der 35-jährige Graner soll an den Misshandlungen beteiligt gewesen sein. Nachdem sie Anfang des Jahres von Graner schwanger wurde, kehrte die Soldatin in die USA zurück. Dort muss sie nun möglicherweise selbst in Haft. Darüber entscheidet der Kommandant der 18. Luftlandedivision, Generalleutnant John Vines. Er kann sowohl die Einstellung des Falles oder aber die außergerichtliche Bestrafung der Angeklagten anordnen.

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