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USA: Anhörung im Fall England vertagt

Die Anhörung im Fall der wegen Gefangenenmisshandlung im Irak angeklagten US-Soldatin Lynndie England ist vorerst vertagt worden.

Die Vorsitzende Armeerichterin Denise Arn erklärte am Samstag, sie wolle zunächst einen Antrag von Englands Anwälten prüfen, rund 40 weitere Zeugen zu laden. Die Anhörung werde „so bald wie möglich fortgesetzt“. Unterdessen zog ein im US-Gefangenenlager Guantnamo auf Kuba inhaftierter Tunesier ein früheres Geständnis zurück und erklärte, es basiere auf „Folter“. Er sei nach seiner Gefangennahme in Afghanistan misshandelt worden, sagte der 35-Jährige nach Angaben eines US-Offiziers.

Bei der Anhörung im Fall Lynndie England soll entschieden werden, ob ihr der Prozess vor einem Militärgericht gemacht wird. Die 21-Jährige war durch die Veröffentlichung drastischer Misshandlungsfotos zur Symbolfigur des Skandals im US-Militärgefängnis Abu Ghraib bei Bagdad geworden. Sie ist in 19 Punkten angeklagt; ihr drohen bis zu 38 Jahre Haft. Nach Darstellung ihrer Anwälte befolgte sie lediglich Anweisungen von Vorgesetzten. England war bei der bisher fünftägigen Anhörung als Soldatin geschildert worden, die unter dem Einfluss ihres Vorgesetzten Charles Graner gestanden sei. Sie erwartet von dem Hauptgefreiten ein Kind.

Englands Anwälte wollen unter anderen die Generalin Janis Karpinski als Zeugin hören lassen, die die Oberaufsicht über die US-Gefängnisse im Irak hatte, sowie den früheren US-Oberbefehlshaber im Irak, Ricardo Sanchez. Englands Anwalt Richard Hernandez sagte, Sanchez habe zum Zeitpunkt der Vorfälle das Gefängnis Abu Ghraib besucht. Zudem wolle er den früheren US-Soldaten Kenneth Davis laden. Davis, der von Oktober bis Dezember 2003 in Abu Ghraib Dienst leistete, hatte der „Washington Post“ gesagt, die dortigen Gefangenenmisshandlungen seien von Offizieren des Militärgeheimdienstes angeordnet worden. Hernandez betonte, Davis’ Aussage könne entscheidend sein: „Das ist der erste Zeuge, der aussagt, dass die Militärpolizisten lediglich Befehle erhielten.“

Hernandez berichtete, auf einem der Computer in Abu Ghraib sei als Screensaver ein Foto verwendet worden, das eine Pyramide von nackten Häftlingen zeige. Dies lege nahe, dass „niemand dies dort als etwas Unnormales betrachtet hat; dass das eine normale Technik des Militärgeheimdienstes war“, sagte er vor Reportern vor dem Gerichtsgebäude. Staatsanwalt John Bensen wies Hernandez’ Forderung nach der Anhörung weiterer Zeugen ab. Es seien bereits mehr als 20 angehört worden, betonte er: „Man kann nicht jeden vorladen, der in dem Lager war.“

Der in Guantanamo festgehaltene Tunesier sagte, er sei zwei Monate in Dunkelhaft gehalten worden und habe kaum etwas zu Trinken bekommen. Wegen der Misshandlungen habe er gegenüber US-Vernehmungsbeamten schließlich ausgesagt, freiwillig in ein Trainingslager in Afghanistan gegangen zu sein und dort eine Ausbildung an verschiedenen Waffen erhalten zu haben. Mit Anhörungen vor eigens gebildeten Sondertribunalen prüft die US-Armee derzeit den Status der 585 Gefangenen im Lager von Guantanamo. Das Verfahren soll den Inhaftierten erlauben, ihre Einstufung als „feindliche Kämpfer“ anzufechten.

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