AA

USA: „Fahrenheit 9/11“ weckt viele Emotionen

Noch bevor „Fahrenheit 9/11“ in Deutschland angelaufen ist, hat der Film von Michael Moore in den USA als finanziell erfolgreichster Dokumentarfilm aller Zeiten mehr als 100 Mio. Dollar eingespielt.

Ob der Streifen auch sein Ziel erreicht, als erster Film ein Massenpublikum zur Abwahl eines amtierenden Präsidenten zu motivieren, wird sich nach der US-Wahl am 4. November zeigen. Aus dem öffentlichen Bewusstsein lässt sich die Dokumentation, deren Produktionskosten bei gerade einmal sechs Millionen Dollar lagen, schon jetzt nicht mehr wegdenken.

Mehr als die Hälfte aller Amerikaner (56 Prozent) will den Film sehen, wie das Meinungsforschungsinstitut Gallup Anfang des Monats feststellte – entweder im Kino oder als DVD beziehungsweise Video. Über das Internet kann der knapp zwei Stunden lange Film schon jetzt heruntergeladen werden, legal und illegal. Moore hat mit Videopiraten kein Problem, „solange sie nicht versuchen, aus meiner Arbeit Profit zu schlagen“, wie er dem schottischen „Sunday Herald“ erklärte. „Ich habe diesen Film gemacht, weil ich die Welt verändern will. Je mehr Leute ihn sehen, desto besser.“

Am Wochenende lief der Film laut der Zeitschrift „Variety“ in den USA in mehr als 2.000 Sälen – eine Verbreitung, die sonst nur hoch bewertete Spielfilme finden. In Milwaukee im Staat Wisconsin sahen hunderte Zuschauer den Film kostenlos, nachdem mehrere Sponsoren ein örtliches Kino für die Bereitstellung bezahlt hatten. Einer der Spender, der knapp 4.500 Dollar für drei Vorstellungen aufbrachte, sagte dem „Milwaukee Journal Sentinel“, er sei ein “überzeugter Unabhängiger“, für den das Anschauen des Films eine „emotionale Erfahrung“ gewesen sei.

Emotionen löst der Politstreifen bei vielen Zuschauern und Kritikern aus. Moore’s Werk wird in Verrissen der politischen Rechten beispielsweise mit den Filmen von Leni Riefenstahl verglichen. Eine Website der Gruppe Patriotische Amerikaner gegen ein Anti-Amerikanisches Hollywood (pabaah.com, Patriotic Americans Boycotting Anti-American Hollywood) fordert eine Anklage wegen Hochverrats gegen den 50jährigen Regisseur.

„Fahrenheit 9/11“ sei „reine anti-amerikanische Propaganda“, die die Gegner des Landes ermutigen und ihnen psychologische Hilfestellung geben werde, heißt es auf der Website. „Fahrenheit 9/11“ habe ganz bestimmt nicht die Aufgabe, ein Dokumentarfilm für alle Zeiten zu werden, urteilt Kritiker David Edelstein für slate.com, einen von Microsoft betriebenen Online-Magazin. Der Streifen sei „ein Akt von Gegenpropaganda“ und letztlich „ein legitimer Missbrauch von Macht“.

Dass Moore Präsident George W. Bush nicht mag, sei bekannt, schreibt A.O. Scott in der „New York Times“. Der Film sei eine „ungebärdige Übung in demokratischer Eigendarstellung“, in der Moore „bedenkenlos auf der Grenze zwischen Dokumentation und Demagogie herumtrampelt.“ Moore selbst sehe seinen Film nicht als Reportage, meint Dev Chatillon, früher Anwalt der Zeitschrift „The New Yorker“ und jetzt Leiter des Expertenteams, das Moore angeheuert hat, um die Behauptungen des Films auf ihren Wahrheitsgehalt und wohl auch ihre juristische Angreifbarkeit hin zu überprüfen. „Die Fakten müssen stimmen, ja, aber dies ist der Blick eines Einzelnen auf die Ereignisse der Gegenwart. Und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es jedermanns Recht ist, die Handlungen seiner Regierung unter die Lupe zu nehmen“, sagt Chatillon laut „New York Times“.

„Wir sind jedem einzelnen Wort, buchstäblich jedem Wort, in diesem Film nachgegangen und haben sichergestellt, dass es stimmt“, sagt Joanne Doroshow, Anwältin und selbst Filmemacherin. Sie stellte eine Liste mit Quellen zusammen, die den Anwälten des Filmemachers im Fall eines Falles zur Beweisführung dienen soll. Bislang blieben juristisch fundierte Angriffe auf den Streifen aber aus.

Mit dem finanziellen Erfolg seines Films hat Moore den seines Films „Bowling for Columbine“ in den Schatten gestellt, der in der Kategorie „Dokumentarfilm 2002“ mit einem Oscar prämiert wurde. Doch gerade sein Erfolg könnte dem Streifen auch im Wege stehen, wie die Zeitschrift „Wired“ hervorhob: In den Richtlinien der Filmakademie, die den Oscar vergibt, heißt es nämlich, dass Filme, die in den ersten neun Monaten nach ihrer Kino-Premiere im Fernsehen oder im Internet zu sehen sind, automatisch vom Preisverleih ausgeschlossen werden.

Tausende sahen “Fahreinheit 9/11” in “Bush-Country”

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • USA: „Fahrenheit 9/11“ weckt viele Emotionen
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen