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US-Wahl: Rennen scheint noch völlig offen

Drei Monate vor der US-Präsidentenwahl am 2. November scheint das Rennen zwischen dem George W. Bush und seinem Herausforderer John F. Kerry völlig offen.

Diese Einschätzung teilen die Parteien, obwohl Kerry Umfragen zufolge erwartungsgemäß nach dem Parteitag erst einmal in der Wählergunst zulegen konnte und vor Bush rangiert.

„Die Wahl ist völlig offen und jeder, der meint, zu wissen, wer gewinnt, ist unaufrichtig oder unseriös“, meinte Starreporter und Pulitzer-Preisträger Bob Woodword im US-Sender CNN. Auch der Vergleich zwischen Stärken und Schwächen der Kontrahenten belegt, dass sehr viel von den politischen Ereignissen der kommenden Monate und den direkten TV-Duellen zwischen Bush und Kerry abhängen wird.

Als Stärken von Bush gelten die ihm in Umfragen zugeschriebene Führungsstärke und Entschlossenheit im Kampf gegen den Terrorismus sowie die Sympathiewerte. Auf die Frage, mit wem die Bürger lieber einmal ein Bier trinken gehen würden, bekommt Bush eine Mehrheit. Bush gilt vielen als „gerader Typ“ und „ehrliche Haut“. Als Plus für ihn wird auch gewertet, dass derzeit die US-Wirtschaft boomt und in diesem Jahr schon mehr als 1,5 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen wurden. Bush ist bekennender „wiedergeborener“ Christ, was in den USA erhebliches Gewicht hat.

Bush hat auch eine Reihe von Schwächen, die Kerry nützen will. Vor allem seine Glaubwürdigkeit hat erheblich gelitten: Die fragwürdige Begründung des Irak-Kriegs, fast 1.000 tote US-Soldaten und die anhaltenden Unruhen im Irak sowie der Gefängnisskandal in Abu Ghraib werden zum Teil auch Bush angelastet. Fragwürdig ist seine Militärkarriere: Als Pilot der Nationalgarde musste er Anfang der 70er Jahre nicht in den Vietnamkrieg. Vizepräsident Dick Cheney, der seiner Ex-Firma Halliburton Aufträge zugeschanzt haben soll, gilt als Schwachstelle des republikanischen Teams.

Rund drei Millionen Arbeitsplätze gingen zunächst während der Präsidentschaft von Bush verloren. Die Mittelklasse in den USA plagen nach wie vor wirtschaftliche Zukunftsängste. Das Staatsdefizit erreicht – ebenso wie die Staatsverschuldung – Rekordhöhen. Die Gesundheitsreform ist erheblicher teurer als angekündigt. Schließlich belegen nicht nur eine ganze Reihe von Anti-Bush-Bestsellern oder der außergewöhnliche Erfolg des Michael-Moore-Films „Fahrenheit 9/11“, dass viele Amerikaner Bush von ganzem Herzen hassen.

Als Stärken von JOHN F. KERRY gelten vor allem sein Patriotismus und sein persönlicher Mut. Beides wird vor allem von Kerrys Militärzeit in Vietnam hergeleitet, wo er mehrfach ausgezeichnet wurde – und der Zeit danach, wo er leidenschaftlicher Kritiker des Vietnamkriegs und Wortführer der Kriegsgegner wurde. Der Demokrat ist ein belesener, kultivierter Intellektueller, der mehrere Sprachen spricht. Kerry hat 20 Jahre Senatserfahrung und gilt als pragmatischer, nachdenklicher Politiker. Seine „Vize“ ist ein sehr populärer, charismatischer Südstaatler.

Als Schwächen von Kerry gelten seine Wankelmütigkeit und sein hölzernes Auftreten. Er wird als „flip-floper“, als einer der häufig seine Meinung (Irak, Vietnam) ändert, kritisiert. Kerry war seinen Biografen zufolge nie sehr beliebt oder gar geliebt. Das sei sowohl an der Universität so gewesen als auch im Senat, wo er nur wenige Freunde habe. Kerry wirkt oft etwas hölzern, seine Reden sind zuweilen kompliziert und etwas langweilig. Kerry sei distanziert und wirke elitär, klagten auch Wahlkampfmanager. Bisher verbanden die US-Bürger laut Umfragen noch keine politische Botschaft mit Kerry. Er setzt sich für Steuererhöhungen ein, vorerst allerdings nur für Großverdiener.

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