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US-Rettungseinsatz auf der „Achse des Bösen"

Auch wenn das Land in der Weltsicht der USA auf der „Achse des Bösen" liegt - im Erdbebengebiet rund um die Stadt Bam sind auch Helfer aus den USA im Einsatz.

Die US-Regierung betont jedoch, dass der Einsatz keineswegs als Signal für einen Kurswechsel zu verstehen sei: Es gehe allein darum, das „menschliche Leid” zu lindern. Gleichwohl ist die US-Katastrophenhilfe durchaus ein weiteres Anzeichen dafür, dass sich die politischen Beziehungen zwischen Washington und Teheran zumindest ein wenig entspannen.

Schon kurz nach dem Beben hatte US-Präsident George W. Bush in einer Botschaft von seiner Ranch in Texas verkündet, dass er „sehr traurig” sei. Eine erste US-Transportmaschine mit Helfern und Gütern traf wenig später im Katastrophengebiet ein. Insgesamt wollen die USA mehr als 200 Ärzte, Bergungshelfer und andere Experten sowie rund 70 Tonnen medizinische Ausrüstung, Nahrungsmittel und sonstige Hilfsgüter schicken.

Ungewöhnlich ist daran, dass die USA eigene Helfer entsenden. Auch nach einem Erdbeben im Iran im Juni vergangenen Jahres hatten die USA zwar Hilfe geleistet. Diese wurde aber komplett über das UNO-Kinderhilfswerk UNICEF abgewickelt. Und bemerkenswert ist auch, dass die neue Katastrophe zu Kontakten auf hoher Regierungsebene geführt hat: Obwohl beide Staaten seit zwei Jahrzehnten keine diplomatischen Beziehungen unterhalten, rief US-Vizeaußenminister Richard Armitage den iranischen UNO-Botschafter Mohammad Sarif in New York an, um Hilfe anzubieten.

Das State Department beeilte sich jedoch zu betonen, dass es allein um die humanitäre Hilfe gehe: Es gebe „keinen politischen Blickwinkel”, sagte Sprecher Lou Fintor. An „Ton oder Intensität”, mit der Washington seine „Besorgnisse” gegenüber Teheran zum Ausdruck bringe, ändere sich durch die humanitäre Mission nichts. Diese Sorgen gelten vor allem dem iranischen Atomprogramm und der Unterstützung für radikale palästinensische und schiitische Bewegungen. Aus offizieller US-Sicht bildet Iran deshalb zusammen mit Nordkorea den verbliebenen Rest der „Achse des Bösen”, nachdem Irak mit dem Sturz Saddam Husseins von der Achse losgebrochen werden konnte.

Dennoch gab es schon vor der Erdbebenkatastrophe einige Anzeichen für eine vorsichtige politische Annäherung zwischen Washington und Teheran. Mitte Dezember trat der Iran nach langen Verhandlungen schließlich dem Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag bei und erlaubte damit unangekündigte Inspektionen seiner Atomanlagen. Die USA werteten dies zwar „nur als ersten Schritt”, aber immerhin auch als Ausdruck gestiegener iranischer Kooperationsbereitschaft.

Ferner gingen die iranischen Behörden nach offizieller Darstellung zuletzt verstärkt gegen El-Kaida-Mitglieder im eigenen Land vor. 130 Mitglieder des mutmaßlichen Terrornetzwerks seien festgenommen worden, ein Teil von ihnen solle an andere Staaten ausgeliefert werden, erklärte Präsident Mohammad Khatami vor zwei Wochen – Schritte, die als weitere Deeskalationsbemühungen gegenüber den USA verstanden werden können.

Obwohl Bush sein Diktum von der „Achse des Bösen” bereits vor fast zwei Jahren fällte, haben die USA ihrerseits seitdem eine eher abwartende Rolle gegenüber dem Iran eingenommen. Einer militärischen Aktion wie im Irak reden derzeit selbst die „Falken” in der US-Regierung nicht das Wort. Stattdessen unterstützen die USA die europäischen Bemühungen um eine diplomatische Lösung des Atomstreits. Vor allem aber richten sich die amerikanischen Hoffnungen auf die demokratische Protestbewegung im Iran. Bush hat die Demonstranten als Hoffnungsträger für einen „freien Iran” gepriesen.

Das Erdbeben von Bam wird von manchen Experten in den USA jedoch als Chance gesehen, nun in einen politischen Dialog auch mit den moderaten Kräften innerhalb der iranischen Regierung einzutreten. Ein solcher Dialog sei „lange überfällig”, sagte Zbigniew Brzezinski, der Sicherheitsberater des früheren Präsidenten Jimmy Carter, im Fernsehsender CNN. Die Zeit für eine „vorwärts gerichtete, großzügige politische Geste” an Teheran sei reif.

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