US-Kommentatoren entsetzt über Bidens Debatten-Leistung

Beim Sender CNN warfen mehrere Experten dem 81-Jährigen unklare Aussagen und verwirrtes Verhalten vor. "Es wird Diskussionen darüber geben, ob er weitermachen wird", sagte David Axelrod, Chefstratege von Barack Obamas Präsidentschaftskampagnen, kurz nach dem Ende von Bidens Debatte mit Herausforderer Donald Trump am Donnerstag (Ortszeit) in Atlanta.
"Aggressive Panik in der Partei"
Der Experte John King hatte die Analyse mit der Aussage eröffnet, dass das TV-Duell "eine tiefe, breite und sehr aggressive Panik in der Demokratischen Partei" ausgelöst habe. "Bidens Antworten waren in vielen Fällen ohne Zusammenhang", ergänzte Politikjournalistin Abby Phillip.
Roland Adrowitzer (ORF) über das erste TV-Duell im US-Wahlkampf:
Die Debatte dürfte die Diskussion in der Partei darüber befeuern, ob Biden der richtige Kandidat für die Wahl im November ist und nicht jemand Anderes beim Parteitag der Demokraten im August nominiert werden sollte. Auf Biden komme nun ein "Crescendo von Aufrufen zu, zur Seite zu treten", zitierte die "New York Times" einen langgedienten Strategen der Demokraten, der nicht namentlich genannt wurde.
"Endlich Medicare besiegt"
In Medien wurde zudem ein Versprecher von Biden im ersten Abschnitt hervorgehoben: Bei einem Austausch über die Pandemie erklärte der 81-Jährige, man habe "endlich Medicare besiegt" (engl. "We finally beat Medicare") unter Anspielung auf einen Teil des US-Gesundheitssystems. Gemeint war vermutlich Covid.
Trump griff die Aussage mit einem Wortspiel auf, das auf verschiedenen Bedeutungen des Verbs "to beat" beruht: "Er hat Recht. Er hat Medicare wirklich geschlagen. Er hat es zu Tode geprügelt." Auf dem Kurznachrichtendienst X verbreiteten Trumps Anhänger sofort Videoclips von Bidens Versprecher.
Alter der Kandidaten im Fokus
Schon vor der Debatte stand die Altersfrage der beiden Bewerber mehr als bei jeder anderen Wahl im Fokus. Noch nie sind zwei US-Präsidentschaftskandidaten in solch hohem Alter gegeneinander angetreten. Angesprochen auf sein Alter, sagte Trump auf CNN, er sei in sehr guter Verfassung. Biden antwortete auf die Frage nach seiner Konstitution, Trump sei drei Jahre jünger und deutlich weniger kompetent. "Sehen Sie sich an, was ich geleistet habe. Sehen Sie sich an, wie ich die schreckliche Lage, die er mir hinterlassen hat, gewendet habe."
Nach Angaben seines Wahlkampfteams litt der Präsident an einer Erkältung. Der Demokrat Biden nährte mit seinem Auftritt jedoch die Zweifel im eigenen Lager, ob er fit genug ist für eine zweite Amtszeit. Es sei ein "wirklich enttäuschender Abend" für den Präsidenten gewesen, räumte Bidens frühere Kommunikationsdirektorin Kate Bedingfield ein. Eine Kongressangestellte, die für einen Senator der Demokraten arbeitet, sagte, bei ihrem Boss und anderen Vertretern aus der ersten Reihe sei bereits Panik ausgebrochen. Ein Spendensammler der Partei sagte, er gehe davon aus, dass der Geldstrom in Richtung Bidens Wahlkampfkasse nun versiegen werde. "Geld folgt der Begeisterung. Wie kann jetzt auch nur irgendwer ernsthaft sagen: 'Spendet für Joes Wahl'."

(APA/dpa/Reuters)