AA

US-Diplomaten in Wien an rätselhaftem "Havanna-Syndrom" erkrankt

"Havanna-Syndrom" in Wien: Etwa zwei Dutzend Fälle mysteriöser Gesundheitsprobleme im Umfeld der US-Botschaft.
"Havanna-Syndrom" in Wien: Etwa zwei Dutzend Fälle mysteriöser Gesundheitsprobleme im Umfeld der US-Botschaft. ©pixabay.com (Symbolbild)
Nach einem Bericht des US-Magazins "The New Yorker" soll Wien ein neuer Brennpunkt des "Havanna-Syndroms" sein. Rund zwei Dutzend US-Geheimdienstmitarbeiter und Diplomaten sollen unter geheimnisvollen Beschwerden leiden, wie sie zunächst Ende 2016 in Havanna aufgetreten waren.

US-Behörden verstärken nun dem Bericht zufolge die Suche nach der Ursache des Phänomens, das zunächst auf „Akustikattacken“ zurückgeführt worden war.

Die Zeitschrift "The New Yorker" hatte zuletzt berichtet, dass etwa zwei Dutzend US-Geheimdienstmitarbeiter, Diplomaten und andere Regierungsbeamte in Wien mysteriöse Beschwerden geschildert hätten. Diese würden den Beschwerden des sogenannten Havanna-Syndroms ähneln. Dutzende in der kubanischen Hauptstadt Havanna lebende Diplomaten und ihre Angehörige hatten ab 2016 über rätselhafte Kopfschmerzen, Hörverlust, Schwindel und Übelkeit geklagt. Das Botschaftspersonal wurde daraufhin auf ein Minimum reduziert. Auch an anderen Orten der Welt wurden ähnliche Beschwerden gemeldet.

Im Jahr 2019 schrieben Forscher, dass die Beschwerden möglicherweise auf Pestizide zurückgehen. Andere Theorien sprachen von Mikrowellen-Strahlung feindlicher Geheimdienste oder von Akustik-Attacken. Die genaue Ursache ist aber unklar. Man wisse nicht, ob es sich bei diesen Vorfällen um eine Art Angriff handle oder was dahinterstecke, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, am Montag.

Zwei Dutzend Fälle des "Havanna-Syndroms" in Wien aufgetreten

In Wien sei die zweitgrößte Anzahl an Fällen außerhalb Havannas gemeldet worden, schreibt das Magazin, das Wien als internationale Drehscheibe der Spionage darstellt. Der erste Fall sei einige Monate nach der Amtseinführung von US-Präsident Joe Biden aufgetreten. Man habe die Fälle zunächst geheim gehalten, um die Ermittlungen der US-Behörden nicht zu behindern, schreibt das US-Magazin.

Havanna-Syndrom mit Akustikattaken

In der kubanischen Hauptstadt hatten vornehmlich in der Zeit zwischen Ende 2016 und Sommer 2017 zahlreiche Mitarbeiter der US-Botschaft oder deren Angehörige berichtet, sie hätten ungewöhnliche Geräusche wahrgenommen. Sie klagten über Beschwerden wie Kopfschmerzen, Hörprobleme, Orientierungslosigkeit und Konzentrationsschwächen. Als Reaktion auf die mutmaßlichen "Akustikattacken" zogen die USA mehr als die Hälfte ihres Botschaftspersonals aus Havanna ab. Es gab aber auch alternative Erklärungsweisen, etwa ein psychisches Massenphänomen oder Grillengeräusche.

Genaue Verbreitung unklar

Bald tauchten auch einige Fälle unter Angehörigen von US-Behörden, Geheimdiensten oder Militärs außerhalb Havannas auf, etwa in China, Russland, Kolumbien, Usbekistan oder den USA selbst. Die genaue Verbreitung ist unklar, der "New Yorker" berichtet von etwa 130 gemeldeten Fällen. Allerdings werden demnach auch immer wieder Fälle von der Liste gestrichen, weil andere Ursachen für die Beschwerden ausgemacht werden konnten.

In vielen Fällen liegt die Ursache aber weiter im Dunkeln. Das US-Magazin berichtet über abenteuerliche Erklärungsansätze wie Angriffe mit Mikrowellenstrahlung, um Daten von Smartphones und Computern zu stehlen. Die US-Regierungsbehörden sprechen offiziell von "außergewöhnlichen" oder "unerklärten Gesundheitsvorfällen". Hinter vorgehaltener Hand bezeichne William Burns, Direktor des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, die Vorfälle aber eher als "Attacken", schreibt der "New Yorker". Er habe eine spezielle Einheit zusammengestellt, um der Sache auf den Grund zu gehen. Auch andere US-Behörden und das US-Außenministerium sollen der Sache nun wieder verstärkt nachgehen.

Spekulation über US-Versuche und Russland-Verbindung

Einige ungenannte Mitglieder der US-Regierung von Präsident Biden gehen dem US-Magazin zufolge davon aus, dass Russland hinter den Ereignissen stecken könnte. Spekuliert wird in dem Bericht über Zusammenhänge mit US-Versuchen, das traditionell Russland gegenüber freundliche Österreich stärker auf die Seite der westlichen Allianz zu ziehen. Erinnert wird auch an einen Cyberangriff auf das österreichische Außenministerium in Wien im Vorjahr, der von Russland ausgegangen sein könnte. Auswirkungen auf die US-Botschaft dürften die Ereignisse vorerst nicht haben. Ein Abzug von Personal, wie in Havanna, sei derzeit nicht zu beobachten, berichtet der "New Yorker".

Das Außenministerium in Wien schreibt in einer Reaktion gegenüber der APA, man nehme "diese Berichte sehr ernst" und arbeite "gemäß unserer Rolle als Gaststaat mit den US-Behörden an einer gemeinsamen Aufklärung. Die Sicherheit der nach Österreich entsandten Diplomaten und ihrer Familien hat für uns oberste Priorität."

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Wien
  • US-Diplomaten in Wien an rätselhaftem "Havanna-Syndrom" erkrankt
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen