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Urteil im Munch-Prozess

Eineinhalb Jahre nach dem Raub des Meisterwerks "Der Schrei" von Edvard Munch aus einem Osloer Museum wurden drei Männer zu Haftstrafen von vier bis acht Jahren verurteilt.

Ein Gericht in der norwegischen Hauptstadt befand sie am Dienstag für schuldig, an dem spektakulären Raub der Gemälde „Der Schrei“ und „Madonna“ beteiligt gewesen zu sein. Zwei der Verurteilten sollen „binnen zwei Wochen“ Schadenersatz in Höhe von umgerechnet 98 Millionen Euro zahlen. Drei weitere Angeklagte wurden freigesprochen.

Die beiden eigentlichen Räuber, die im August 2004 den weltweit stark beachteten Kunstraub ausführten, sind nach dem Osloer Urteil weiter nicht verurteilt. Ein von der Kripo als einer von zwei unmittelbaren Tätern verdächtigter Angeklagter wurde vom Gericht freigesprochen. Die Identität des zweiten Mannes gilt als ungeklärt. Alle anderen Angeklagten hatten als Hintermänner oder für Hilfsdienste vor Gericht gestanden. Auch sind die geraubten Kunstwerke sind nach wie vor verschollen. Bei dem im Februar eröffneten Prozess gegen die sechs Männer aus der Unterwelt blieb der von Fahndern sowie Kunstfreunden erhoffte Tipp zur Entdeckung der Werke aus. Der Ankläger hatte Haftstrafen zwischen acht und elf Jahren verlangt.

Zu acht Jahren Haft verurteilte das Gericht den mutmaßlichen Fahrer des Fluchtwagens, Petter Tharaldsen. Der Drahtzieher des Kunstraubes, Björn Hön, erhielt sieben Jahre. Ihr Komplize Petter Rosenvinge muss für vier Jahre hinter Gittern. Er hatte das Fluchtauto besorgt. Tharaldsen und Hön sollen darüber hinaus die Millionenentschädigung an die Stadt Oslo als Besitzerin der beiden Gemälde zahlen.

Im August 2004 waren zwei bewaffnete und maskierte Täter am helllichten Tag in das Munch-Museum in Oslo gestürmt, hatten die berühmten Gemälde „Der Schrei“ und „Madonna“ des norwegischen Expressionisten von der Wand gerissen und waren in einem bereitstehenden Wagen geflohen.

Munch (1863-1944) zählt zu den bedeutendsten Künstlern Norwegens; seine Werke gelten als Vorläufer der expressionistischen Malerei. Von den beiden gestohlenen Gemälden hatte er mehrere Versionen angefertigt. Auf die Wiederbeschaffung der in Oslo geraubten Bilder ist eine Belohnung von umgerechnet 250.000 Euro ausgesetzt.

Der Raub stellt die Ermittler bis heute vor ein Rätsel. Vor allem „Der Schrei“ gilt wegen seines Bekanntheitsgrads als unverkäuflich. In einer ihrer Thesen gehen die Ermittler davon aus, der Kunstraub sei in Auftrag gegeben worden, um nach einem blutigen Raubüberfall auf eine Filiale der norwegischen Zentralbank die Ermittlungen zu behindern. Tatsächlich banden die Ermittlungen nach dem spektakulären Diebstahl zahlreiche Polizeikräfte.

Bei dem Kunstraub gingen die Diebe zudem äußerst professionell vor. Sie verwischten so geschickt alle Spuren, dass die Polizei bei ihren Ermittlungen hauptsächlich auf abgehörte Telefongespräche angewiesen war. Nun muss sie sich selbst möglicherweise vor Gericht verantworten, weil sie verbotenerweise auch die Telefonate von zwei Angeklagten mit ihren Anwälten abgehört hatte.

Der Raub löste in Norwegen eine hitzige Debatte über Sicherheitsmängel aus. Das Munch-Museum schloss für mehrere Monate, um die Sicherheitsvorkehrungen zu verbessern. Erst im vergangenen Juni öffnete es wieder seine Tore – mit einer Pastellzeichnung des „Schreis“ sowie einer Lithographie der „Madonna“ als Ersatz für die gestohlenen Meisterwerke.

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